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Episoden
23.11.2025
1 Stunde 4 Minuten
Seit Jahren geschieht das früher Unvorstellbare: Zunehmend gewinnen
klassische katholische Formen der Spiritualität wie die Exerzitien
der Jesuiten Zulauf auch bei Reformierten. Längst ist es auch für
Protestanten selbstverständlich, Meditationsübungen zu machen,
Kontemplation für sich zu entdecken und nach geistlicher Begleitung
zu fragen. Andi und Thorsten reden mit Noa Zenger, reformierte
Pfarrerin, geistliche Begleiterin und Anleiterin von Kontemplation.
Sie lassen sich von ihr erzählen, wie sie selbst die Faszination
klassischer Formen der Spiritualität entdeckt hat. Tatsächlich sind
die Ursprünge solcher Übungswege oft sehr viel älter als die
reformierte und die römisch-katholische Kirche. Stille und
Selbsterfahrung, Begleitung auf geistlichen Wegen der Reifung und
die Erfahrung der Gottesliebe sind in der Christentumsgeschichte
immer wieder entdeckt worden. Wenn reformierte Gläubige heute
danach fragen und zunehmend Angebote in anderen und auch in ihrer
eigenen Kirche finden, dann entdecken sie ein reiches Erbe
christlicher Frömmigkeit. Passt kontemplative Spiritualität denn
zur reformierten Konzentration auf die Bibel? Ja, so Noa Zenger, im
Schweigen frei und offen für neues Hören zu werden, das passt
ausgezeichnet zur reformierten Betonung der Bibel und der Freiheit
des Einzelnen. Das gilt auch für die neue Faszination, die das
Fasten für viele hat. Es war eine urreformierte Handlung in
Zwinglis Zürich, sich im Froschauer Wurstessen 1522 gegen den
religiösen Zwang zum Fasten aufzulehnen. Zugleich ist das
freiwillige Fasten schon immer Teil vieler religiöser Wege gewesen,
auch im Judentum und Christentum. Fasten ist nicht nur aus
gesundheitlichen Gründen eine Option. Auch die geistliche
Entdeckung innerer Freiheit kann für viele Menschen eine grosse
Bereicherung sein, auch in den reformierten Landeskirchen.
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09.11.2025
1 Stunde 13 Minuten
Thorsten und Andi lassen die neue Jahreslosung 2026 sprechen.
Wochenlang haben sie an den Worten aus der Johannesoffenbarung
gearbeitet und eine Fülle an Impulsen, Ideen und Arbeitshilfen
online gestellt. Ihre Begeisterung über die Botschaft von Gottes
hoffnungsfroher Kreativität behalten sie nicht für sich. Die beiden
Theologen nähern sich der Jahreslosung auf dem Weg eigener
Erfahrungen. «Siehe, ich mache alles neu», das sind Kraftworte, die
zunächst jenseits theologischer Reflexionen in ausweglosen Momenten
tragen können. Von der Gegenwart geht es zurück in die Zeit gegen
Ende des ersten Jahrhunderts, als der Seher Johannes die Worte der
Jahreslosung kommunizierte. Sein Buch war Untergrundliteratur zum
Widerstand gegen das mächtige Römische Reich und prophezeite dessen
Untergang. Was will die Johannesapokalypse, was will sie nicht? Was
ist die Faszination, die sie kulturgeschichtlich zum
einflussreichsten Buch der Bibel machte? Leider wurde sie in der
Geschichte des Christentums oft missverstanden als Endzeitfahrplan
und missbraucht, um die Zeiger auf der Weltuntergangsuhr zu
bestimmen. Andi und Thorsten versuchen, die Jahreslosung als
Kriterium zu verstehen für das, was heute Hoffnung sein könnte.
Denn das Neue ist genauso wie das Alte ein schillernder Begriff.
Wie geht gutes Hoffen auf eine neue Welt jenseits von
Erneuerungsfuror und Verklärung des Alten? Hoffnung stiften kann
die Jahreslosung, weil Gottes Kreativität durch seine Liebe
bestimmt ist. Sie erschafft weder willkürlich noch durch blinde
Zerstörung, sondern zielt auf Kooperation mit allen Geschöpfen.
Daraus ergeben sich neue Perspektiven auf die Art und Weise, wie
Gott die Erde neu macht.
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26.10.2025
1 Stunde 10 Minuten
Noch immer gehen manche davon aus, das Christentum befinde sich in
einem Niedergang schrumpfender Mitgliedzahlen und sich leerender
Kirchen. Weltweit gesehen stimmt das keineswegs. Das Christentum
wächst. Vor allem eine Strömung wird immer grösser: Charismatische
Bewegungen und Pfingstkirchen sind längst ein globales
Massenphänomen, mit je nach Schätzung mit bis zu 600 Millionen
Mitgliedern. Auch in Europa gibt es Zulauf, wenn auch in viel
geringerem Masse als überall sonst. Die Gründe sind vielfältig.
Nicht zuletzt dürfte es an der emotionalen und begeisterten
Frömmigkeit liegen. Was ist das Geheimnis dieser Spiritualität der
Ekstase? Darüber haben Andi und Thorsten mit der reformierten
Theologin Lea Hümbeli gesprochen. Gemeinsam tragen sie Gründe
zusammen, warum diese Art zu glauben für manche Menschen so
anziehend ist. Charismatische Gottesdienste sind anders. Menschen,
vor allem auch viele Jüngere, geniessen sie. Die Spiritualität
bleibt nicht im Kopf. Sie durchdringt den ganzen Körper, entfacht
tiefe Emotionen und wirkt wie ein Wärmestrom in der Kälte. Es
werden aber auch Risiken und Gefährdungen diskutiert. Viele waren
erstaunt, als sie sahen, wie stark die Stürmung des Kapitols am
06.01.2021 von solchen charismatischen Gruppen getragen war. In
kaum einer religiösen Gruppe haben sich so viele als anfällig für
christlichen Nationalismus erwiesen, z.B. auch in Brasilien. Woran
kann das liegen? Was hilft gegen solche Versuchungen? Zuletzt führt
das Gespräch zur Frage: Was könnten die Landeskirchen lernen? Was
ist kulturelle Prägung, was Zeitstimmung, und was könnten
geistliche Entdeckungen sein, die zumindest für manche eine
Bereicherung wären?
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12.10.2025
1 Stunde 10 Minuten
Zum Spektrum der Spiritualitäten gehört auch die Farbe Grün, finden
Andi und Thorsten. Darum haben sie Uwe Habenicht als Gast zum
Gespräch geladen. Der St. Galler Pfarrer schreibt nicht nur über
Naturspiritualität, er praktiziert sie im «WaldGwunder» mit anderen
und macht sie in Weiterbildungskursen erfahrbar. Und dabei geht es
wahrlich um mehr, als einfach nur Bäume zu umarmen. «Schöne
Erlebnisse in der freien Natur» sind die Hoffnungsquelle Nr. 1 für
die Schweizer:innen. Das Podcast-Trio versucht zu verstehen, welche
Bedeutung die Natur, die sich immer ambivalent zeigt, für Religion
und Spiritualität haben kann. Denn anscheinend haben viel Menschen
den Eindruck, dass die Kirchenräume zu eng sind, zu wenig
durchlüftet, um in ihnen Erfahrungen der Gegenwart Gottes machen zu
können. Was kann die Natur, was andere Räume so nicht können? Wie
hilft uns die Begegnung mit der Natur, über uns hinauszukommen, um
jenseits der Selbstfixierung neue Gotteserfahrungen zu machen? Uwe
Habenicht gibt eine Reihe an konkreten Impulsen und Beispielen, die
dabei helfen können, ein inneres und äusseres Hören und Achtsamsein
in der Natur zu kultivieren. Denn das ist nötig, um die
Verbundenheit mit Gott, der Welt und sich selbst auf andere Weise
zurückzugewinnen. Schliesslich nimmt das Gespräch den Vorwurf der
Blühwiesen- und Naturromantik auf, der auch von theologischer Seite
gegenüber einer grünen Spiritualität geäussert wird.
Lebenstaugliche Naturspiritualität, so Uwe Habenicht, muss weder
kitschig noch naiv werden. Denn sie hält sich offen für
Erfahrungen, in denen uns die Natur die bedrohte, leidvolle und
sterbliche Dimension unseres Lebens erfahren lässt. Die Folge
könnte Lust machen, grüne Spiritualität auszuprobieren. Am Ende
kommen ein paar praktische Vorschläge, die Uwe Habenicht in einem
eigenen Blogbeitrag noch ausführlicher entfaltet. Also … ab nach
draussen!
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28.09.2025
1 Stunde 13 Minuten
Ist uns die Mystik verloren gegangen? So fragen in dieser Folge
Andi und Thorsten nicht nur für sich selbst – sondern für die
reformierte Kirche. Unter Mystik versteht man heute eine
Intensivform des christlichen Glaubens, in der es um die
unmittelbare Nähe bzw. Gegenwart Gottes geht. Diese Strömung ist
sehr alt. Es gibt sie seit den ersten Jahrhunderten der
Christenheit; länger als Kirchengebäude und Gesangbücher,
theologische Fakultäten und Lehrbücher, Orgel und Kanzel.
Entsprechend vielfältig ist sie. Und doch ist es immer wieder
umstritten, was alles zur Mystik zählt und ob sie eine Vertiefung
oder Verfälschung des Glaubens darstellt. Ist sie in der
Reformierten Kirche heimisch, darf sie es sein? Thorsten und
Andreas erinnern an den Schweizer Theologen und Schriftsteller
Walter Nigg (1903-1988), der viele Bücher zu Themen wie Mystik und
Spiritualität, Mönchtum und Heilige verfasst hat. Vielfach hat er
beklagt: Die Kirchen haben diese intensive Form des Glaubens
verloren. Im Versuch, der heutigen Zeit nahe zu sein, haben sie die
Pflege der intensiven Nähe zu Gott und der Gottesfreundschaft
zurückgestellt. Stimmt das? Andi und Thorsten gehen wesentliche
Merkmale der Mystik durch und verbinden sie mit geschichtlichen
Beispielen und eigenen Erfahrungen. Sie diskutieren auch das Recht
der kritischen Anfragen an die Mystik und Fehlentwicklungen in
ihrer Tradition. Und zuletzt finden sie: Die Mystik sollte der
Kirche nicht einfach fehlen. Diese Spur sollte neu aufgenommen
werden, wo sie gänzlich verlorengegangen ist.
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Über diesen Podcast
«Geist.Zeit»: Der Titel bringt auf den Punkt, was Theologie
spannend macht. Geist zeichnet den Menschen und seine Zeit aus.
Gott ist Geist, heisst es zugleich in der Bibel. Theologie ist Rede
von Gott. Wenn es um Gott geht, geht es auch um uns. Nach Gott
fragen, bedeutet immer auch, nach Selbst- und Welterkenntnis
streben. Die Wahrheit des christlichen Glaubens kann jeweils nur in
einer bestimmten Zeit ausgesprochen und verstanden werden.
«Geist.Zeit» ist ein neuer Theologiepodcast von Fokus Theologie,
der Fachstelle für Erwachsenenbildung der Deutschschweizer
Reformierten Kirchen.
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