Beschreibung

vor 1 Jahr
2022 war ein politisch ereignisreiches Jahr. Anlass genug für einen
etwas anderen Rückblick mit dem Protest- und Bewegungsforscher
Simon Teune von der Freien Universität Berlin. Gab es sichtbare
Proteste gegen den Krieg Russlands in der Ukraine? Wie sind die
Proteste der „Letzten Generation“ einzuordnen? Haben sich am
rechten Rand neue Protestgruppen formiert? Auf den
Protestveranstaltungen der Verschwörungsideologen und
Rechtsextremisten gab es eher „unheimliche Entwicklungen“ so Teune.
Immer häufiger werden die Veranstaltungen zu einer Art
„Straßentribunal. Das heißt, auf der Bühne wird gehetzt gegen
Politiker*innen und man imaginiert sich in Bestrafungsfantasien und
sammelt Feindeslisten; dass das irgendwann in tatsächliche Gewalt
umkippen würde, war relativ früh absehbar.“ Um die Klimaproteste
der „Letzten Generation“ besser einzuordnen, weist Teune auf einen
größeren Zyklus von Klimaprotesten hin, der beachtet werden sollte.
„Wir hatten ja dieses Jahr einen Klimastreik, auf dem 280.000
Menschen auf der Straße waren. Nur wurde die frustrierende
Erfahrung gemacht, dass kaum jemand in den Medien oder der Politik
darauf reagiert hat.“ Insofern ist diese Frustration auch ein Teil
der Erklärung dafür, warum die Proteste jetzt so aussehen, wie sie
die letzte Generation organisiert. „Die klebt sich ja auf die
Straße, weil sie glaubt, es braucht einen Strategiewechsel, nachdem
andere Aktionsformen irgendwann umarmt wurden“, betont Teune. Mit
der Friedensbewegung ist es kompliziert geworden, so Teune.
„Spätestens seit Russland 2014 das erste Mal die Ukraine überfallen
und die Krim besetzt hat, gab es Proteste der neuen
Friedensbewegung; die haben sich Montagsmahnwachen genannt damals
und sind von vornherein offen gewesen für Verschwörungserzählungen,
für Antisemitismus, für russlandfreundliche Strömungen. Damit hat
die alte Friedensbewegung durchaus ihre Probleme gehabt sich dazu
zu verhalten.“ Im Zuge des Angriffskrieges in diesem Jahr gab es
Protestmobilisierung gegen die Entscheidung der Bundesregierung,
100 Milliarden Euro für das Militär zu investieren. Diese gab es
ebenso „durch klassische Organisationen der Friedensbewegung, als
es darum ging, die militärische Unterstützung der Ukraine zu
fördern und zu fordern. Das hat sich dann später aufgespalten. Aber
die Friedensbewegung hatte da einen großen Moment“, so Teune.
Generell zeigt sich aber eben auch, „dass es die Friedensbewegung
in der bisherigen Form nicht gibt.“ Darüber und an welchen Stellen
sich noch Protest formuliert hat – oder auch nicht - und wie es in
2023 mit möglichen Protestmobilisierungsthemen aussieht, spricht
Simon Teune mit Holger Klein in der aktuellen Folge des Podcasts
„Deutschland, Du kannst das“.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: