Beschreibung

vor 19 Jahren
Gegenstand der Dissertation ist eine textgenetisch orientierte
Interpretation von 13 ausgewählten Dramen Samuel Becketts. Sie
stellt die literarischen Texte in einen Deutungsbezug zur
Gesamtheit des jeweiligen plurimedialen Dramentextes sowie zur
Entwicklung von Becketts dramatischen Œuvres unter Berücksichtigung
seiner französischen Nachkriegsprosa (Romantrilogie Molloy, Malone
meurt, L’Innommable und die Erzählung L’Expulsé). Entwickelt wird
dieser Bezug ausgehend vom Motivzusammenhang des Gedächtnisses, der
in Becketts epischen Werken ebenso wie in seinen Dramen in einer
spezifischen Raumsemantik des Erzählens "im Zeichen defizienter
Modi der Erinnerung" (Rainer Warning) zum Ausdruck kommt. Die
Kernthese ist, dass sich diese Raumsemantik in den Dramen über die
topographische Oppositionsstruktur "off(stage) / on(stage)"
konstituiert, die der räumlichen Konkretion verschiedener
Gedächtnisfunktionen, d.h. im Wesentlichen Erinnern / Vergessen,
dient. In den mittleren und späten Dramen verläuft diese Konkretion
in erster Linie narrativ, genauer gesagt in Form von narrativen
Erinnerungselaborationen einer Figur, die ein vergangenes Geschehen
räumlich differenziert beschreibt. Im textgenetischen Teil der
Arbeit wird die Genese der narrativen Erinnerungselaborationen
innerhalb der frühen Textstufen der jeweiligen Dramen analysiert
und nachgewiesen, dass diese Genese nicht den in der Forschung
etablierten Vorstellungen von Becketts Schreib- bzw.
Revisionspraxis entspricht. So gehen die grundlegenden
Manuskriptstudien von S.E. Gontarski und Rosemary Pountney davon
aus, dass sich die Entwicklung von Becketts Dramen insgesamt in den
Autorrevisionen der einzelnen Dramen widerspiegele. Ebenso wie die
Entwicklung des Gesamtwerks kennzeichne diese Revisionen eine
"diminuation of reference to any other place and time and event".
Aufbauend auf einer raumsemantischen Analyse der Dramenhandlung
lässt sich jedoch zeigen, dass in einer Vielzahl der Beckett'schen
Dramen die Handlung vom Bühnengeschehen örtlich und zeitlich
losgelöst ("offstage"), narrativ-mimetisch realisiert wird. Diese
Realisierung basiert auf den oben genannten
Erinnerungsverbalisationen, deren Genese sich durch den
Revisionsprozess einer deskriptiven Erweiterung auszeichnet, der in
den Studien der genannten Interpreten unbeachtet geblieben ist.

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