Paul Feigelfeld: Quellcode als Quelle. Aus der Editions-Arbeit an Friedrich Kittlers Programmierwerk

Paul Feigelfeld: Quellcode als Quelle. Aus der Editions-Arbeit an Friedrich Kittlers Programmierwerk

Götter und Schriften rund ums Mittelmeer. Symposion in memoriam Friedrich Kittler | Symposium
19 Minuten

Beschreibung

vor 11 Jahren

Götter und Schriften rund ums Mittelmeer. Symposion in memoriam
Friedrich Kittler | Symposium


Fr, 19.10.2012 – Sa, 20.10.2012, ZKM_Medientheater


Friedrich Kittlers Nachlass besteht neben Texten,
Tonaufzeichnungen, Notizen und Fragmenten zu einem substanziellen
Teil aus Quellcode und Hardware. Da das Schreiben von
Computerprogrammen im Werk Kittlers eine mindestens ebenso
zentrale Rolle spielt wie das Schreiben von Texten, hat das
Herausgeberteam der Gesamtausgabe es sich zur Aufgabe gemacht,
eine kultur- und medienwissenschaftlich adäquate Form zu
entwickeln, Kittlers Programmierwerk als dritte Säule in den
Corpus zu integrieren.
Diese vollkommen neue philologische Situation stellt
grundsätzliche Fragen nach der epistemologischen Funktion von
Programmierung, nach der Funktion von Quellcode als historische
Quelle und der Operativität des Archivs. Es gibt bisher keine
Präzedenzfälle für Unterfangen dieser Art. Vor jeder
Medientheorie steht eine Praxis mit Medien, in der Archäologie,
Architektur und Archiv-Textur, die Geschichte und das Geschichte
der Medien operativ werden.
Paul Feigelfeld stellt erste theoretische und praktische Ansätze
des Projekts vor, das nicht nur Kittlers Programme für die
Nachwelt erschließen soll, sondern auch als Ansatz für
zukünftige Herangehensweisen an diese operative Form von Text
dienen kann.


Paul Feigelfeld, MA, wurde 1979 in Wien geboren. Studium der
Kulturwissenschaft und Informatik an der Humboldt-Universität zu
Berlin. Von 2004 bis 2009 studentischer Mitarbeiter von Prof. Dr.
Friedrich Kittler am Lehrstuhl für Ästhetik und Geschichte der
Medien. Seit 2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr.
Wolfgang Ernst am Lehrstuhl für Medientheorien. Seit 2011
Redaktionsmitglied von 032c. Als freier Autor und Übersetzer
tätig, u.a. für PIN-UP und frieze. Zu seinen
Veröffentlichungen zählen u.a. Paul Feigelfeld, Jan Wenzel
(Hg.), Welt in der Hand/The World In Your Hand, Leipzig, Spector
Books, 2010; „Kryptologozentrismus“, in: Gradinari, Höltgen
(Hg.) Heiße Drähte. Medien im Kalten Krieg,0im Erscheinen;
„Symbols on the Move. Moveable type, cryptanalysis, symbolic
algebra and moving machine parts between China and Europe
1450-1650“, in: Kurtz/Steavu (Hg.) Knowledge on the Move, im
Erscheinen.


In seinem Lebenswerk hat Medientheoretiker Friedrich Kittler
(1943−2011), die Geschichte der Dichtung, der Philosophie, ja der
Kultur als solche vom Kopf auf die Füße ihrer technischen und
vortechnischen Medien gestellt. Was Aufschreibesysteme für die
Literatur, was Befehlssätze für programmierbare Maschinen, das
ist den Göttern das elementarste Medium im lateinischen Wortsinn
von elementa: Buchstaben. Das Symposion »Götter und Schriften
rund ums Mittelmeer«, noch zu Lebzeiten von dem deutschen
Medientheoretiker Friedrich Kittler selbst vorbereitet, widmet
sich dieser Hypothese. Wie bestimmen die Kontakte, Konkurrenzen,
Innovationen der verschiedenen Schriften und Alphabete seit der
frühesten Antike rund ums Mittelmeer die zukünftigen Geschicke
des Abendlands? Seit dem Neolithikum gibt es im Mittelmeerraum
Kulturen, deren Alphabete eng an Verwaltung und Handel,
Befehlsflüsse und Gesetze gebunden sind, aber auch eine Kultur,
die ihr Alphabet aus dem Schreiben von Musik und Gesangsvortrag,
Vers und Götteranrufung schöpft. Einige Schriften des Mittelmeers
− in Keilen, Bildschriftzeichen, Silbenschriften dargestellt −
sind graphisch orientiert. Sie schreiben von den Worten der
Sprache meist Konsonanten oder Konsonantengruppen. Andere, wie
das griechische Alphabet, das als erstes der Welt auch Vokale
schreibt, sind phonetisch orientiert und damit prinzipiell auf
jede Sprache übertragbar. Mächtige Gesetzesgötter einerseits
strafen und befehlen. Der Verkehr mit ihnen wird gesetzlich
geregelt. Andererseits gibt es Götter, die an- und abwesend sind.
Der Verkehr mit ihnen wird nicht verwaltet, sondern begangen. Wie
sind diese verschiedenen Ausgestaltungen der Götterwelten in den
Schriftsystemen widergespiegelt?

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