Untersuchungen zu Koordinationsverbindungen mit deprotoniertem myo-, neo- und scyllo-Inosit

Untersuchungen zu Koordinationsverbindungen mit deprotoniertem myo-, neo- und scyllo-Inosit

Beschreibung

vor 20 Jahren
In dieser Arbeit wird das Komplexbildungsverhalten von myo-, neo-
und scyllo-Inosit in wässrig-alkalischer Lösung beschrieben.
Molekülstrukturen kristallin erhaltener Verbindungen werden mit
Hilfe der Einkristall-Röntgenstrukturanalyse bestimmt. Die
Reaktionslösungen und Kristalle werden, wo möglich,
NMR-spektroskopisch untersucht. Es gelingt, eine Reihe von
neuartigen homo- wie heteroleptischen Inositolatokomplexen zu
charakterisieren. Homoleptische scyllo-Inositolato-cuprate(II) und
-ferrate(III) wurden hergestellt und als Alkali-Salze strukturell
bestimmt. Kupfer(II) koordiniert quadratisch-planar an zwei
scyllo-Inosit-Einheiten unter Ausbildung von
Bis(diolato)-Komplexen. Mit Eisen(III) wurde ein vierkerniger
Alkoxo-Eisencluster mit sieben scyllo-Inosit-Einheiten isoliert.
myo-Inosit bildet bereitwillig homoleptische
Koordinationsverbindungen mit Kupfer(II), Eisen(III) und weiteren
Metallen, kristallin konnte jedoch nur ein Mangan(IV)-Komplex
erhalten werden. Darin wird ein Mangan(IV)-Ion von zwei
myo-Inosit-Liganden in der fünffach axialen Sessel-Konformation
oktaedrisch koordiniert. Mit Eisen werden Polyeisen-Oxocluster
gebildet. Die Alkalimetall-Verbindungen des scyllo-Inosits wurden
strukturell untersucht. Bei der Natriumverbindung gibt eine
signifikante Verkleinerung des Torsionswinkels an den bindenden
Sauerstoffatomen Hinweise auf eine stärkere koordinative
Wechselwirkung. Neue Salze des scyllo-Inositdiborats wurden
strukturell charakterisiert. Im Komplex-Anion wird der
scyllo-Inosit in seiner all-axialen Konformation von zwei Boratomen
je dreifach koordiniert. Die vierte Koordinationsstelle der
tetraedrischen Borumgebung wird durch eine Hydroxogruppe besetzt.
Die Probleme, die sich durch die Speziesvielfalt ergeben, konnten
durch Einschränkung der Koordinationssphäre am Zentralmetall
mittels stickstoffhaltiger, chelatisierender Hilfsliganden
gemindert werden. Es wurden zahlreiche Versuche mit Edukten, die
nur an eine Diolato- oder Triolato-Funktion des Inosits binden
können, durchgeführt. Heteroleptische Inositolato-Komplexe wurden
mit den Zentralmetallen Cadmium(II), Cobalt(III), Kupfer(II),
Nickel(II) und Palladium(II) mit verschiedenen Hilfsliganden (en,
tren, dien) kristallin erhalten und strukturell bestimmt. Mit
Cd-tren gelang die Strukturbestimmung zweier Neutralkomplexe mit
scyllo-Inosit, wobei entweder ein oder zwei Cd(tren)-Einheiten
koordinieren. Kupfer(II) bildet mit dem Hilfsliganden Ethylendiamin
(en) heteroleptische scyllo-Inositolato-Komplexe mit einer
[4+1]-Koordination. Ein Wassermolekül in etwas weiterem Abstand
vervollständigt die Koordination am Kupfer. Es wurden die
elektroneutralen Spezies mit einem und zwei gegenüberliegenden
Kupferatomen isoliert. Die umfangreiche Koordinationschemie des
Cobalts wurde um einige heteroleptische Inositolato-Komplexe
bereichert. Mit dem Zweitliganden Tris(2-aminoethyl)-amin (tren)
wurden sowohl die monometallierten trans-Diolato-Komplexkationen
mit scyllo-Inosit als auch mit myo-Inosit strukturell
charakterisiert. Die 13C-NMR-Spektren der beiden Verbindungen
zeigen anschaulich, wie sich Koordination und Symmetrieabbau auf
die Anzahl der Signale und die chemische Verschiebung auswirken.
Mit dem Co(en)2-Fragment wurden die Verbindungen von scyllo-Inosit
sowohl mit einem Cobalt-Ion als auch mit zwei gegenüberliegenden
Metall-Fragmenten strukturell bestimmt. Als erste heteroleptische
Verbindung des scyllo-Inosits in all-axialer Konformation mit
stickstoffhaltigem Zweitligand wurde das neutrale Komplexmolekül
[{(dien)Co}2(scyllo-InsH−6)] kristallin erhalten. Das
13C-NMR-Spektrum der Mutterlösung zeigt eine Hochfeldverschiebung
der Inosit-Signale, ein starker Hinweis auf eine
Sessel-Sessel-Inversion. Mit Ni-tren wurden fast identisch
kristallisierende Neutralkomplexe mit zwei gegenüberliegend
koordinierenden Ni(tren)-Fragmenten an scyllo- und myo-Inosit
erhalten. Pd-en erweist sich auch mit Inositen als guter
Komplexbildner. Dipalladium-Komplexe mit scyllo- und myo-Inosit
wurden aus Komplexgemischen in Lösung kristallisiert. Das
Komplexgleichgewicht im System Pd-en/scyllo-Inosit wurde
13C-NMR-spektroskopisch untersucht, die Signale der einzelnen
Spezies konnten zugeordnet und die Komplexverteilung in Lösung bei
verschiedenen Pd-en:scyllo-Inosit-Verhältnissen beobachtet werden.
Es liegt immer ein Gemisch unterschiedlich palladierter Inosite
vor. Die Optimierung einer neo-Inosit-Synthesevorschrift war
Voraussetzung für die Untersuchungen von neo-Inositolato-Komplexen.
Es gelang erstmals, eine Koordinationsverbindung mit neo-Inosit
strukturell zu untersuchen. Zwei Pd(en)-Fragmente koordinieren
dabei an cis-Diolato-Funktionen des neo-Inosits. Homoleptische
Komplexe mit neo-Inosit wurden bisher nicht kristallin erhalten.
Dihydroxo-μ-oxo-1,3-bis{2’-(dimethylamino)ethyl}-hexahydropyrimidin-dipalladium(II)
bindet an drei benachbarte Hydroxylgruppen unter Bildung
mehrkerniger Komplexe. Das mittlere Sauerstoffatom verbrückt dabei
zwei Palladiumatome. Die Verbindungen von scyllo- und myo-Inosit
mit jeweils zwei Dipalladium-Fragmenten wurden strukturell
charakterisiert. Der CIS („coordination induced shift“) des am
verbrückenden Sauerstoff bindenden Kohlenstoffs ist in der
scyllo-Inosit-Verbindung mit 27,8 ppm außerordentlich groß.
scyllo-Inosit erweist sich als vielseitiger Ligand, der sowohl
trans-1,2-Diolato- als auch syn-axiale 1,3,5-Triolato-Komplexe
bildet. Auf Grund seines recht starren Ringgerüsts und der hohen
Inversions-Energie zur all-axialen Form wird bei Metallen, die
einen kleinen Ionenradius haben und somit einen möglichst kleinen
Diolato-Torsionswinkel bevorzugen oder deren Komplexbildungsenergie
die für die Ringinversion nötige Energie nicht kompensiert, keine
Koordination beobachtet. Die auf Grund der axialen Hydroxyl-Gruppe
an C2 geringere Symmetrie des myo-Inosits führt zu vielfältigen,
nur geringfügig unterschiedlichen Koordinationsmöglichkeiten.
myo-Inositolato-Komplexe zeigen daher geringe
Kristallisationsbereitschaft. In kristallin erhaltenen Komplexen
mit Diolato-Koordination binden die Zentralmetallatome stets an
trans-Diolato-Funktionen. In Lösung werden weitere
Koordinationsmuster gefunden. Für neo-Inosit reichen die
Untersuchungen noch nicht für ein umfassenderes Bild aus. Die
untersuchten Inosite zeigen vielfältige Koordinationsmöglichkeiten,
die mit abnehmender Inosit-Symmetrie deutlich zunehmen. Auch in den
Mutterlösungen, aus denen Kristalle erhalten wurden, liegt meist
eine Vielzahl an Komplexspezies ohne signifikante Bevorzugung eines
bestimmten Bindungsmusters vor, was NMR-spektroskopisch gezeigt
werden kann. Eine Ursache liegt in den geringen chemischen und
geometrischen Unterschieden der einzelnen Hydroxylgruppen. Lösungen
mit wenigen Komplexspezies wurden dort gefunden, wo die
Speziesvielfalt auf Grund geometrischer Faktoren auf wenige
Komplexe beschränkt ist.

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