Beschreibung

vor 20 Jahren
In dieser Arbeit werden die ersten Kohlenhydratverbindungen von
Rhenium(V) und Rhenium(VI) beschrieben, die durch ein- und
zweidimensionale NMR-Spektroskopie in Lösung und durch
Einkristall-Röntgenstrukturanalyse untersucht wurden. Es werden
zwei Synthesewege für die Darstellung von
Rhenium(VI)-Kohlenhydrat-Ver-bindungen vorgestellt (Schema 2.1).
Durch Reduktion von ReVII2O7 mit PPh3 konnte der Komplex
[{ReVIO(AnErytH−2)}2(µ-O)2(µ-MeOH)] (4) dargestellt werden. Die
beiden Komplexe [{(µ-O){ReVIO(MeO)(Me-α-D-Lyxf
2,3H−2)}}2{(µ-O){ReVIO(Me-α-D-Lyxf 2,3H−2)}2}] (5) und
[(µ-O){ReVIOCl(AnErytH−2) · MeOH}2] (6) entstanden bei der
Oxidation von [ReVOCl4]− mit Sauerstoff. Dabei zeigt sich die
starke Oxophilie des stark Lewis-sauren ReVI. Die Metallatome sind
über Oxobrücken verknüpft und kommen sich so nahe, dass wie bei 4
Metall-Metall-Wechselwirkungen entstehen können. Der Komplex ist
aus zwei [ReVIO2(AnErytH−2)]-Einheiten aufgebaut. Dieser Aufbau
ähnelt 6, bei der zwei [ReVIOCl(AnErytH−2)]+-Einheiten über einen
O2−-Liganden verbunden sind. Das gleiche Verknüpfungsmuster besitzt
die tetranukleare Verbindung 5. Hier sind vier
[ReVIO(Me-α-D-Lyxf2,3H−2)]2+-Fragmente mit O2−-Liganden verbunden,
wobei an den terminalen Ein-heiten Methanolat koordiniert. Diese
Verbindungsklasse ist in erster Linie von wissenschaftlichem
Interesse. Ihre hohe Oxidationsempfindlichkeit und hydrolytische
Instabilität erlauben keine Verwendung in der Nuklearmedizin. Die
Komplexe konnten alle ohne einen Hilfsliganden stabilisiert
wer-den. Dies gelang auch bei dem ReV-oxalat-Komplex
[(ReVOCl3)2(Ox)]2− (1) und der ReV-kojinat-Verbindung
[ReVOCl3(KojiH−1)]− (2). Dabei koordinieren Oxalat und Kojisäure
trans zum apicalen Sauerstoff und substituieren ein Chloratom des
Eduktes [ReVOCl4]−. Eine formale Re-Re-Doppelbindung besitzt der
binukleare Komplex [{ReV(MeO)2Cl2}2 (µ-O)(µ-MeO)]− (3), wobei sich
die Metallatome bis auf 2.46 Å nahe kommen. Eingehender wurden die
ReV-Komplexe untersucht, bei denen ein Hilfsligand das
Kohlen-hydrat-[ReVO]3+-Fragment stabilisiert. Die drei
Strukturmuster sind in Abbildung 4.1 aufgeführt. Zusammenfassung 69
OReOONNNNNNBReOOONNN+_IReOOOClNN Abbildung 4.1: Die drei
Strukturmuster der heteroleptischen ReV-Komplexe 8–20 (außer 18)
mit den Hilfsliganden phen, tpb und dien. Mit phen als Hilfsligand
konnten die Komplexe [ReVOCl(phen)(cis-1,2-CptdH−2)] (8),
[ReVOCl(phen)(AnErytH−2)] (9), [ReVOCl(phen)(trans-1,2-ChxdH−2)]
(10) und [ReVOCl(phen)(Xylt2,3H−2)] (11) röntgenkristallographisch
untersucht werden. Die orangen Verbindungen sind gut zugänglich;
[ReVOCl4]− wurde in Methanol unter Zugabe von phen und dem
Kohlenhydrat umgesetzt. Die entstandenen Komplexe waren bei zu
langer Sauerstoffexposition instabil, was auf die
Substitutionsstelle des Chlorids zurück-zuführen ist. Durch eine
formale Substitution von Chlorid und phen mit dem dreizähnigen
tpb-Liganden verbesserte sich die Stabilität der tpb-Komplexe
[ReVO(tpb)(AnErytH−2)] (13), [ReVO(tpb)(Me-β-D-Galp3,4H−2)] (14),
[ReVO(tpb)(D-Thre2,3H−2)] (15) und [ReVO(tpb)(Eryt1,2H−2)] (16) im
Vergleich zu den phen-Komplexen. Ein weiterer Grund für die
Oxidationsstabilität der neutralen Verbindungen ist der
Chelateffekt. Nachteilig ist ihre schlechte Wasserlöslichkeit. Zur
Synthese dieser blauen Substanzen wurde eine me-thanolische
Suspension aus [ReVO(tpb)Cl2], dem Kohlenhydrat und der Base
Triethylamin zwei Stunden lang unter Rückfluß bei 80 °C gerührt.
Auffällig bei 14 ist der niedrige Tor-sionswinkel der
chelatisierenden Diol-Einheit mit 32.5 °. Daraus ergibt sich eine
Abwei-chung von 23.7 ° im Vergleich zum C3–O3–O4–C4-Torsionswinkel
des freien Galactopy-ranosids. Dies ist bisher die größte
beobachtete Erniedrigung eines Torsionswinkels einer
komplexierenden Diol-Einheit in Pyranosiden. Die Synthese der
Rhenium(V)-dien-Kohlenhydrat-Verbindungen ähnelt der Darstellung
der phen-Komplexe. Eine methanolische Suspension aus
[ReVO2I(PPh3)2], dem Kohlenhydrat-Liganden und dien musste eine
Stunde bei Raumtemperatur gerührt werden. Es entstanden rosa
Kristalle mit der Summenformel [ReVO(dien)(AnErytH−2)]I (17),
[ReVO(dien)(Me-α-D-Manp2,3H−2)]I (19) und
[ReVO(dien)(Me-β-D-Galp3,4H−2)]I (20). Weiterhin wurde ein
Adenosin-Komplex mit der postulierten Zusammensetzung
[ReVO(dien)(AdoH−2)]I (21) synthetisiert. Die Verbindungen zeichnen
sich durch ihre 70 Zusammenfassung Wasserlöslichkeit, ihre
Oxidations- und Hydrolysestabilität (bei Raumtemperatur bis zu
einer Woche) und durch ihre schnelle Präparation aus. Es gelang,
die Mannopyranosid-Verbindung 19 und den Adenosin-Komplex 21 mit
Hilfe der HPLC zu charakterisieren. Damit wurde die analytische
Basis für die Synthese von radioaktiven
Rhenium(V)-Kohlen-hydrat-Verbindungen gelegt. Auf der Grundlage der
Darstellungsvorschriften der dien-Verbindungen wurden, ausgehend
von 188ReVIIO4−, die radioaktiven Ionen
[188ReVO(dien)(Me-α-D-Manp2,3H−2)]+ von (22) und
[188ReVO(dien)(AdoH−2)]+ von (23) synthetisiert. Ihre Existenz
konnte mit der HPLC-Chromatographie nachgewiesen werden.
Nuklearmedizinische Anwendungen dieser radioaktiven Verbindungen
werden zurzeit untersucht. Bei den Reaktionen von polyfunktionellen
Kohlenhydraten mit Rhenium(V)-Verbindungen sind viele isomere
Formen von Oxorhenium(V)-Komplexen möglich. Bei den in dieser
Arbeit vorgestellten Verbindungen werden die anti/syn-Isomere
beschrieben, in denen der Ligand um 180° um die äquatoriale Ebene
gedreht ist. Während die phen-Komplexe empfindlich gegenüber
Sauerstoff reagierten, zeichneten sich die Rhenium-Komplexe mit tpb
und dien durch ihre kinetische Inertheit aus. Unter dem Aspekt der
Synthese stabiler Rhenium(V)-Kohlenhydrat-Verbindungen hat sich das
„3 + 2“- dem „2 + 2“-Konzept als überlegen erwiesen. Aufgrund ihrer
Stabilität in Lösung können aussagekräftige NMR-Spektren der
Oxo-rhenium(V)-Komplexen erhalten werden. Die Resonanzen der
Kohlenstoffatome, die an die koordinierenden Sauerstoffe gebunden
sind, verschieben sich durch die Komplexierung um bis zu 31.4 ins
Tieffeld. Die dem Rhenium(V) nahen Wasserstoffe (H–C–O–Re) erfahren
eine Tieffeldverschiebung von bis zu 1.9. Die Zuordnung der
Resonanzen zu ein-zelnen Atomen erfolgte mit Hilfe der
2D-NMR-Spektroskopie. Der Erkenntnisgewinn aus der Verzahnung von
struktureller Aufklärung und den Reso-nanzverschiebungen in den 1H-
und 13C-Spektren führt dazu, dass schon auf Basis von
NMR-Verschiebungen zuverlässige Aussagen über die Koordination des
Kohlenhydrates an Rhenium(V) getroffen werden können.

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