35. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 165 K04

35. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 165 K04

Start des 4. Kapitels über Codierung und Programm…
1 Stunde 16 Minuten
Podcast
Podcaster
Ulrike Sumfleth und Joachim Feltkamp sind Luhmani…

Beschreibung

vor 3 Jahren
Start des 4. Kapitels über Codierung und Programmierung. Das 3.
Kapitel hatte die soziale Funktion des Rechts herausgearbeitet.
Diese besteht in einer kontrafaktischen Stabilisierung von
normativen Verhaltenserwartungen. Nun geht es nun um die Frage:
Woran orientiert sich das Rechtssystem bei seiner
Entscheidungsfindung, ob etwas Recht oder Unrecht ist? Anstatt von
vorhandenen Kommunikationsstrukturen auszugehen, stellt die Theorie
sozialer Systeme die Frage: Wie entwickeln Systeme Strukturen? Bzw.
wie haben sie diese entwickelt? Die Unterscheidung zwischen Recht
und Unrecht war nicht immer schon da. Sie hat eine
Evolutionsgeschichte. Wo ist der logische Ausgangspunkt? Die
Strukturbetrachtung ersetzt Luhmann im Folgenden durch die
Unterscheidung von Codes und Programmen, mit denen Systeme ihre
Kommunikationsstrukturen begründen und aufbauen. Der Fokus liegt
auf der Entwicklung, dem Prozess, durch den Strukturen entstehen.
Ausgangspunkt ist die Erwartung von Recht – im Gegensatz zu
Unrecht, das nicht erwartet wird. Die Erwartung von Recht erzeugt
ein zweiwertiges Schema: Entweder erfüllen sich die Erwartungen,
oder sie werden enttäuscht. Zugleich droht immer eine Kollision
gegensätzlicher Erwartungen, die sich beide im Recht wähnen. Woran
orientiert sich das Rechtssystem nun bei seiner
Entscheidungsfindung? Luhmann hatte bereits herausgearbeitet, dass
das Rechtssystem operativ geschlossen ist, sich selbst beobachtet
und an internen Normen orientiert. Nun konstatiert er einen
weiteren Abstraktionsschritt, mit dem das Recht seine
Entscheidungsfindung gleichsam „überformt“: Bei der
Entscheidungsfindung wendet das Rechtssystem seinen eigenen Code –
die Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht – auch auf beide
Seiten des Erwartungsschemas an: Handelt es sich um rechtmäßige
Erwartungen oder um unrechtmäßige? Ein solcher Abstraktionsschritt
ist, wie Luhmann betont, evolutionär nicht selbstverständlich, er
war sogar unwahrscheinlich. Die Voraussetzung dafür waren
exzeptionelle evolutionäre Bedingungen. Diese Bedingungen finden
sich in Europa im Römischen Zivilrecht. Es unterschied bereits früh
zwischen Recht und Unrecht. Die Anwendung dieser Unterscheidung auf
Delikte und Verträge führte dazu, dass sich die harte Festlegung
von Recht oder Unrecht im Alltag ausbreiten und eine Tradition
begründen konnte. In anderen Hochkulturen wie in Japan entwickelte
sich eher eine Abneigung dazu, Konflikte in Rechtskonflikte zu
verwandeln. Anstatt den Gegensatz von Recht/Unrecht zu betonen,
stand die Harmonie der Gesellschaft im Vordergrund. Das Recht
differenzierte sich darum oft nur für Strafrecht, Organisations-
und Verwaltungsrecht aus, also für Konflikte, die nicht durch
Schlichtung zu lösen sind. Streitschlichtung relativiert ja gerade
den Gegensatz von Recht/Unrecht, um zu einer sozialverträglichen
Einigung für beide Seiten zu kommen. (Man beachte, dass der
Rechtsbegriff des Vertrages auch in dieser soften Formulierung
durchblitzt.) Die evolutionäre Unwahrscheinlichkeit, dass es zur
Ausdifferenzierung eines Funktionssystems auf der Grundlage der
harten Unterscheidung von Recht/Unrecht kommen konnte, wird von
Luhmann mehrfach betont. Die Entstehung dieser Unterscheidung und
ihre Evolution analysiert Luhmann nun mithilfe einer Tabelle. Diese
abstrahiert in fünf Schritten, wie es zu einer solchen
Unterscheidung kommt und wie ein System auf diesem Code aufbauend
auf der Ebene der Beobachtung zweiter Ordnung (Beobachtung von
Beobachtungen) Programme entwickelt, an denen es sich orientiert –
was ja die Ausgangsfrage war. Weiterlesen:
https://www.luhmaniac.de/podcast/codierung-programmierung-entparadoxierung

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