Die "Physiologische Inkongruenz" des oberen Sprunggelenkes - Ein optimiertes biologisches Bauprinzip auch in nicht-sphärischen Gelenken?

Die "Physiologische Inkongruenz" des oberen Sprunggelenkes - Ein optimiertes biologisches Bauprinzip auch in nicht-sphärischen Gelenken?

Beschreibung

vor 17 Jahren
Im menschlichen Körper gibt es sphärische und nicht-sphärische
Gelenke. Das Hüftgelenk, ein sphärisches Gelenk, weist bei jungen
Menschen eine Inkongruenz der Gelenkflächen auf. Das bedeutet, dass
die Kontaktzonen der beiden Gelenkkörper im vorderen und hinteren
Pfannenbereich liegen. Ab einer bestimmten Größe der einwirkenden
Gelenkkraft kommt es zu einem vollständigen Kontaktschluss mit
nachfolgend größerer Kontaktfläche und kleinerer Druckspannung. Mit
zunehmendem Alter geht diese Inkongruenz verloren und es
verschlechtert sich damit die Gelenksituation. Es gibt Hinweise,
dass auch in nicht-sphärischen Gelenken dieses Prinzip der
„Physiologischen Inkongruenz“ besteht. Daher wurden in dieser
Arbeit obere Sprunggelenke hinsichtlich subchondraler
Mineralisierungsmuster, Gelenkgeometrie und Lokalisation von
degenerativen Veränderungen untersucht. Aus der Anatomischen
Anstalt München standen uns insgesamt 34 in Formalin fixierte
Präparate, 33 rechte und 1 linker Fuß, zur Verfügung. Diese
Sprunggelenke waren von 24 Frauen und 10 Männern im Alter von 59
bis 95 Jahren, mit einem Durchschnittsalter von 80,6 Jahren. Eine
CT-Osteoabsorptiometrische Auswertung lag von 34 Präparaten vor, 18
rechte und 16 linke obere Sprunggelenke. Die Verteilungsmuster der
subchondralen Mineralisierung der jeweiligen Präparate lassen sich
in zwei unterschiedliche Typen einteilen. Zum einen ein
bizentrisches Verteilungsmuster (Typ I) mit Maxima im Bereich der
ventromedialen und ventrolateralen Trochlea tali. Die größte Dichte
befand sich entlang der medialen Talusrolle, wobei die Facies
articularis medialis häufig mit eingeschlossen war. Die zentrale
Region war wenig mineralisiert. Ein weiteres Maximum befand sich in
der Mitte der lateralen Facies malleolaris lateralis. Die
korrespondierenden Gelenkflächen der Malleolengabel zeigten
spiegelbildliche Verteilungsmuster. Die höchste
Mineralisierungsdichte befand sich in der Übergangszone zwischen
der Facies articularis inferior tibiae und der Facies articularis
malleoli medialis. Üblicherweise bestand noch ein weiteres Maximum
ventrolateral, welches weniger mineralisiert war. Zum anderen
präsentierte sich Typ II mit nur einem Maximum, welches im
ventromedialen und medialen Bereich lokalisiert war. Die
Gelenkfläche der Malleolengabel zeigte dazu ausgeprägte Maxima im
ventromedialen Bereich, die sich oft nach medial und dorsal
ausbreiteten. Die subchondralen Dichteverteilungsmuster korrelieren
mit der Geometrie der Talusrolle. Eine flache Talusrolle zeigte
vorwiegend monozentrische Muster (Typ II), während bei tiefen
Talusrollen bizentrische Verteilungsmuster (Typ I) vorlagen.
Möglicherweise werden initial sowohl bei flachen als auch bei
tiefen Talusrollen zuerst die medialen und lateralen Rollhügel
belastet und anschließend folgt die Druckverteilung auf die gesamte
Fläche. Dies würde bedeuten, dass auch im oberen Sprunggelenk das
Prinzip der „Physiologischen Inkongruenz“ zu finden ist. Bei einer
physiologischen Bewegungsabfolge des oberen Sprunggelenkes führt
dies zu einer intermittierenden Beanspruchung der Gelenkflächen und
gewährleistet somit einen effizienten Mechanismus der
Lastübertragung, verbunden mit einer optimalen Schmier- und
Ernährungsfunktion des Knorpels. Die Arthroseverteilungskarten
waren sowohl bei monozentrischen, als auch bei bizentrischen
Verteilungsmustern der subchondralen Mineralisierung sehr ähnlich.
Arthrotische Veränderungen zeigten sich vor allem auf der medialen
und lateralen Rollkante, sowie im ventralen und dorsalen Bereich
der Gelenkfläche des Talus bzw. der Malleolengabel. Der zentrale
Bereich wies nur selten Veränderungen auf. Demzufolge besteht kein
Zusammenhang zwischen der Lokalisation von degenerativen
Veränderungen und der Lokalisation der Maxima der subchondralen
Mineralisierung. Da die höchsten Arthrosegrade auf den Rollhügeln
zu finden waren, lässt sich vermuten, dass der Knorpel anfälliger
für Spitzenbelastungen ist und darauf mit Knorpelveränderungen
reagiert. Die Belastungen, die jedoch über einen längeren Zeitraum
auf den unter den Knorpel liegenden subchondralen Knochen in immer
gleicher Form einwirken, spiegeln sich in der Dichte der
subchondralen Mineralisierung wider (Langzeitbelastung).

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