Studie zur Eisen- und Jodversorgung bei Erlanger Schulanfängern im Rahmen des Family-Intervention-Trial(FIT)-Erlangen

Studie zur Eisen- und Jodversorgung bei Erlanger Schulanfängern im Rahmen des Family-Intervention-Trial(FIT)-Erlangen

Beschreibung

vor 17 Jahren
Eine ausreichende Versorgung mit wichtigen Nährstoffen, besonders
im Kindesalter, ist von großer Bedeutung für die Gesundheit und die
Leistungsfähigkeit. Bei Kindern und anderen Bevölkerungsgruppen
bestehen immer noch Nährstoffdefizite, vor allem bei den
essentiellen Spurenelementen Eisen und Jod. Eine ungenügende Zufuhr
kann zu körperlichen und intellektuellen Schädigungen und
Einschränkungen der betroffenen Personen führen. Somit kommt einer
adäquaten Eisen- und Jodaufnahme über die Nahrung eine wichtige
Bedeutung zu. Die folgende Untersuchung hat zum Ziel in einer
Querschnittsuntersuchung die Versorgungslage mit den
Mikronährstoffen Eisen und Jod bei 6-7jährigen Schulanfängern in
Raum Erlangen zu dokumentieren. Neben der Erfassung der alimentären
Jodzufuhr, wird anhand von laborchemischen Parametern überprüft, ob
die verbesserte Gesetzgebung für die Verwendung von Jodsalz bei der
Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln sowie jodierten
Futter-Mineralstoffmischungen und dadurch stetig zunehmenden Gehalt
an Jod in der Nahrung sowie nationale Aufklärungsmaßnahmen zur
Schließung der Bedarfslücke und Deckung des Jodbedarfes auch in
dieser Region führen. Ein weiterer Schwerpunkt stellt auch die
Qualität der Eisenversorgung sowie die Auswirkungen familiärer
Gewohnheiten im Hinblick auf den Verzehr von Jodsalz und mit
Jodsalz hergestellten Brot und Backwaren dar. Bislang liegen nicht
genügend Daten für die Beurteilung der Bedeutung der sTfR als
Indikator für einen Eisenmangel bei Kindern vor. Deshalb wird
diagnostische Bedeutung der Rezeptoren zur Ermittlung der Prävalenz
möglicher Eisendefizite in einer gesunden Population von
Schulanfängern im Vergleich zu konventionellen Eisenparametern
untersucht. Altersspezifische Referenzwerte werden sowohl für sTfR
als auch für den Quotienten sTfR:Ferritin erstellt. Im Schuljahr
1997/98 wurden an 16 Erlanger Grundschulen 427 Schulanfänger im
Alter von 6 und 7 Jahren sowie ein Teil deren Familienangehörige
rekrutiert. Anthropometrische Daten zu Körpergröße und
Körpergewicht sowie zur Körperzusammen-setzung wurden im nüchternen
Zustand von 408 Schülern ermittelt. Zur Erfassung der täglichen
Energie- und Nährstoffzufuhr wurde von 168 Schulanfängern bzw.
durch deren Eltern ein auswertbares 3-Tage-Wiegeprotokoll (Sonntag
bis Dienstag) angefertigt sowie der Fragebogen zu den
Ernährungsgewohnheiten von 278 Familien beantwortet. Zur
Validierung des Ernährungserhebunginstruments wurde von 28 Kindern
eine Duplikatsammlung durchgeführt. Für die Analyse der
Konzentrationen verschiedener biochemischer Serum-parameter der
Eisen- und Jodversorgung wurde auf freiwilliger Basis bei 181
Kindern venöses Blut im nüchternen Zustand entnommen. 207 Kinder
gaben eine Spontanurinprobe im nüchternen Zustand zur Bestimmung
der Jodidausscheidung ab. Die Bestimmung der Eisen- und
Jodstoffwechselparameter erfolgte nach standardisierten
Analysenmethoden. Die löslichen Transferrinrezeptoren (sTfR) wurden
mittles partikel-verstärktem Immuno-nephelometrischem Assay „N
Latex sTfR“ automatisch analysiert. Nach dem Body Mass Index sind 7
% der Erlanger Schulanfänger als übergewichtig und ca. 4,2 % als
stark übergewichtig einzustufen. Die mittlere Energiezufuhr der
Erlanger 6-7jährigen liegt im Mittel bei den Jungen um – 6,3 %, bei
den Mädchen um – 3,9 % unterhalb der Richtwerte für die
Nährstoffzufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DACH
2000). Während die Versorgung mit Vitamin C und B12
durchschnittlich die Empfehlungen der DACH überschreitet, liegen
Jod, Folat-Äquivalent und Calcium (vor allem bei den Mädchen)
deutlich unterhalb der Empfehlungen. Dies resultiert aus einer
durchschnittlich zu niedrigen Zufuhr an Milch und Milchprodukten
sowie durch eine zu geringe Zufuhr an Gemüse und Obst. Die
Serumkonzentrationen für Folat und Vitamin B12 liegen noch im
Bereich der Norm. Die Zufuhr von Eisen trifft im Mittel mit 9,4 mg
den täglichen Bedarf. Die kalkulierte mittlere Resorption von Eisen
aus tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln beträgt im
Durchschnitt 0,84 mg. Davon sind ca. 21 % Hämeisen und 79 %
Nicht-Hämeisen. Die wichtigsten Quellen für resorbierbares Eisen
stellen mit ca. 20 % Brot und Backwaren dar, gefolgt Teigwaren und
Eier (13 %), Fleisch und Wurstwaren (11 %) sowie Gerichten, die
überwiegend aus tierischen Menükomponenten (11 %) bestehen. Auch
Gemüse (8 %) und Gerichte mit überwiegend pflanzlichen
Menükomponenten (8 %) tragen zur Eisenversorgung bei. Ein Anteil
von 51 % der Jungen und Mädchen liegt dennoch unterhalb der
Eisen-Richtwerte der DACH. Zwischen Jungen und Mädchen bestehen
keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der mittleren
Eisenzufuhr sowie hinsichtlich der Höhe der Zufuhr von
Lebensmittelgruppen, die für die Eisenversorgung relevant sind. Die
alimentäre Versorgung mit Jod stellt sich bei den Schulanfängern im
Gegensatz zur Eisenaufnahme im Mittel als mangelhaft dar, denn die
mittlere Zufuhr liegt in etwa 50 % unterhalb der Sollzufuhr. 96 %
der Familien verwenden zwar jodiertes Speisesalz, dagegen kaufen
nur knapp 32 % der Familien regelmäßig Brot und Backwaren, die mit
jodiertem Speisesalz hergestellt wurden. Die wichtigste Quelle für
die Jodzufuhr stellen mit 31 % Milch und Milchprodukte dar, gefolgt
von Teigwaren und Eiern sowie Getränke mit 12 %. Brot und Backwaren
tragen dagegen nur zu mit 6 % und Fisch nur mit 3 % zur täglichen
Jodversorgung bei. Geschlechtsspezifische Differenzen bestehen
hinsichtlich der mittleren Serum-Ferritin-Konzentrationen sowie der
anderen biochemischen Marker des Eisenstoffwechsels nicht. Die
mittleren Konzentrationen aller Parameter liegen innerhalb
physiologischer Grenzwerte. Von 174 Schulanfänger haben 23,6 % (25
Mädchen, 16 Jungen) der eine Serum-Ferritinkonzentration  20 ng/ml
und somit eine marginale Eisenversorgung. Ein Anteil von 2,9 % (4
Mädchen, 1 Junge) der Kinder hat einen latenten Eisenmangel mit
Serum-Ferritinkonzentrationen  12 ng/ml. 1,7 % der Schulanfänger
(1 Mädchen, 2 Jungen) haben einen Hb-Wert < 11,5 g/dl. Ein
Anhaltspunkt für das Vorliegen einer manifesten Eisenmangelanämie
liegt nicht vor. Neben dem Serum-Ferritin wurden zur Beurteilung
hinsichtlich eines prävalenten Eisenmangels sowie zur eindeutigeren
Differenzierung zwischen einem möglichen Eisenmangel und sich
entwickelnder Eisenmangel-Erythropoese zusätzlich die löslichen
Transferrinrezeptoren (TfR) sowie der
Transferrinrezeptor:Ferritin-Quotient (sTfR:Ferritin) bestimmt. Die
ermittelten Referenzbereiche liegen für das Kollektiv von
Schulanfängern bei den löslichen TfR zwischen 0,93 bis 1,98 mg/l
(MW ± SD: 1,46 ± 0,27) und für log sTfR:Ferritin zwischen 1,25 –
2,15 (MW ± SD: 1,70 ± 0,23). Nach den löslichen TfR befinden sich
5,9 % (n=10) der Schulanfänger oberhalb des oberen Referenzwertes,
wobei hier von einem Eisenmangel auszugehen wäre. Es kann aber nur
ein Kind mit einer Serum-Ferritin-Konzentration von 12 ng/ml mit
einem latenten Eisenmangel identifiziert werden. Vier weitere
Kinder mit einer Serum-Ferritin-Konzentration von  12 ng/ml werden
dagegen falsch negativ klassifiziert. Im Gegensatz dazu werden
durch sTfR:Ferritin 3,4 % (n = 6) der Schulanfänger mit latentem
Eisenmangel identifiziert. Ein Kind liegt hier mit einer
Serum-Ferritin-Konzentration von 13 ng/ml zwar im Grenzbereich,
wird aber auch unter Berücksichtigung der
Eisen-Transferrin-Sättigung (< 10 %) richtig positiv
klassifiziert. Ein signifikant positiven Zusammenhang zeigt sich
mit r = 0,21 (p < 0,05) für das untersuchte Gesamtkollektiv (n =
115) nur zwischen der Zufuhr aller getreidehaltigen Lebensmittel
(wie Brot und Backwaren, Nährmittel) und dem Serum-Ferritin. Eine
Korrelation zwischen der Eisenzufuhr aus tierischen Nahrungsmitteln
zu den untersuchten biochemischen Markern besteht nicht. Ebenfalls
kein Zusammenhang wird zwischen der Eisenzufuhr und dem SE, dem SF,
der TS, den sTfR sowie dem Hb beobachtet. Eine Beziehung zum
ermittelten resorbierbaren Anteil von Hämeisen aus tierischen
Lebensmitteln zu den hämatologischen Parametern ist nicht zu
erkennen. Die mittleren Konzentrationen aller analysierten
Parameter für den Jodstoffwechsel liegen Normbereich. Die
durchschnittlich ermittelte Jodidausscheidung liegt in Grad 0 der
WHO-Einteilung. Hinsichtlich der Jodausscheidung pro g Kreatinin
sind nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
(Jodausscheidung < 100 µg/g Kreatinin/d) knapp 43 % der
6-7jährigen in die Jodmangelschweregrade I bis III einzustufen.
Knapp 25 % der Kinder scheinen eine ausreichende Versorgung >
150 µg Jod pro g Kreatinin zu haben. Nach der Jodkonzentration
weisen 2,9 % der FIT-Schulanfänger einen schweren Jodmangel ( 20
µg/l), 9,2 % einen mäßigen ( 50 µg/l) und 31,9 % der Kinder einen
milden Jodmangel ( 100 µg/l) auf. 56 % der Schulanfänger scheinen
ausreichend versorgt zu sein. Anhand der Hormone fT4 und TSH lässt
sich nur bei einem Jungen eine Hypothyreose nachweisen, eine
latente Unterfunktion besteht bei 3,3 % (2 Mädchen, 4 Jungen) der
6-7jährigen Kinder. Geschlechts-pezifische Unterschiede
hinsichtlich der mittleren Jodzufuhr und Jodausscheidung sowie der
Hormonkonzentrationen bestehen, außer beim TSH (p < 0,05),
nicht. Im Gesamtkollektiv besteht mit r = 0,31 (p < 0,001) nur
ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Milch und
Milchprodukten und der Jod-Kreatinin-Quotienten sowie mit r = 0,19
(p < 0,05) zur Jodidkonzentration. In keiner der nach der WHO
definierten Jodmangelgruppen besteht ein Zusammenhang zwischen der
Jodurinkonzentration und dem TSH oder dem fT4 oder auch der
Jodausscheidung pro g Kreatinin und den Serum-Parametern. Die
Ergebnisse der FIT-Studie lassen bei Schulanfängern eine
suboptimale Nährstoff-versorgung für Eisen erkennen, während die
Versorgung mit Jod weiterhin als unzureichend angesehen werden
kann. Eine Verbesserung der alimentären Eisenzufuhr durch die
Aufnahme eisenreicher Lebensmittel sowie durch geeignete
Lebensmittelkombinationen zur Steigerung der Eisenresorption sollte
erzielt werden. Weiterhin sollten verstärkte Bemühungen seitens der
verbraucheraufklärenden Institutionen auch dahingehend erfolgen,
den täglichen Konsum von mit Jodsalz hergestellten Lebensmitteln
oder anderen jodhaltigen Grundnahrungsmitteln noch weiter zu
erhöhen. Die Analyse der löslichen TfR scheint bei gesunden Kindern
nur wenig zusätzliche Informationen zu den konventionellen
biochemischen Parametern des Eisenstoffwechsels, vor allem dem
Serum-Ferritin, zu liefern. STfR:Ferritin ist dagegen ein
sensitiverer Indikator für Probanden mit bestehendem Eisenmangel
und teilweiser beginnender Eisenmangel-Erythropoese. Die
Identifikation von Grenzfällen zwischem prä- und latentem
Eisenmangel scheint durch TfR:Ferritin eher gewährleistet als durch
die Bestimmung von Serum-Ferritin allein. Mögliche Vorteile der
Bestimmung von löslichen TfR und der Ermittlung des TfR:Ferritin
zur Beurteilung der breiten Spanne des Eisenstatus für eine gesunde
Schülerpopulation, aber auch für Kinder dieser Altersgruppe
generell, bleibt anhand verschiedener Studienkonzepte zu
überprüfen. Weiterhin sollten unbedingt altersspezifische
international gültige Referenzwerte für sTfR zur besseren
Beurteilung der Prävalenz von Eisenmangel und Eisenmangelanämie
erstellt werden. Es wird als unbedingt erforderlich angesehen,
primärpräventive Maßnahmen vom Kindesalter an zu fördern, um das
Risiko einer Mangelversorgung sowie der möglichen Folgen für
Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit zu reduzieren. Eine
intensivierte Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie ggf.
gezielte Untersuchungen im Einzelfall oder auch
Vorsorgeuntersuchungen könnten zur Verbesserung der
Nährstoffsituation in der Bevölkerung beitragen.

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