Die Endothelaktivierung nach Hypoxie und Reoxygenierung - Hemmstrategien in vitro

Die Endothelaktivierung nach Hypoxie und Reoxygenierung - Hemmstrategien in vitro

Beschreibung

vor 17 Jahren
Das Endothel dient im ruhenden Zustand dem Gefäß als Barriere, die
jedoch durch lokale Schädigung wie Trauma, Entzündung oder Ischämie
aufgelöst werden kann (Klinke, 1996; Ley, 1996). Dieses Phänomen
wird auch im Zusammenhang mit der Reperfusion zuvor ischämischer
Myokardareale als so genannter Reperfusionsschaden beobachtet
(Jennings, 1985; Schurmann, 1997). Erst das aktivierte Endothel
ermöglicht Prozesse wie das Rolling, Sticking und die Migration
zuvor frei fließender PMN und Thrombozyten, die über eine Reihe von
Adhäsionsmolekülen wie u.a. E-Selektin und ICAM-1 vermittelt werden
(Adhäsionskaskade, Sluiter, 1993; Froese, 1994; Fuster, 1996).
Vorausgehende Untersuchungen konnten zeigen, dass die
Endothelaktivierung in zwei Phasen verläuft, einer akuten nach
Sekunden bis Minuten (Typ I) und einer subakuten nach Stunden bis
Tagen (Typ II, Pober, 1990; Ichikawa, 1997). Akute Mechanismen
verwenden die Freisetzung bereits bestehender Mediatoren wie PAF,
Leukotriene, H2O2 und posttranslationale Modifikationen, für die
subakuten Effekte ist jedoch eine Neusynthese von Zytokinen und
Adhäsionsmolekülen erforderlich (Nawroth, 1993; Kukielka, 1994).
Dabei spielen Transkriptionsfaktoren wie NFκB eine bedeutende Rolle
(Chen, 1998; Karin, 1999). In der vorliegenden Arbeit wurde
zunächst ein Zellkulturmodell mit neonatalen Rattenendothelzellen
und humanen Umbilkalvenenzellen bzw. einer humanen
Endothelzelllinie etabliert, womit auch Mechanismen der Hypoxie und
Reoxygenierung (Reperfusionssituation) simuliert werden konnten
(vgl. Material und Methoden 3.1 und 3.2). Eigens hergestellte
HVJ-Liposomen (Dzau, 1996; Morishita, 1997) zeigten im Vergleich zu
kommerziellen Reagenzien (Effectene, Qiagen) keine befriedigende
Transfektionseffizienz, weshalb das Modell mit letzteren umgesetzt
wurde (vgl. Ergebnisse 4.1 und 4.2). Nach Transfektion von
Reportergenkonstrukten für ICAM-1 wurde die Expression dieser
Adhäsionsmoleküle nach unterschiedlicher Zellstimulation beobachtet
und mittels einer Renilla- bzw. Firefly-Luciferasemarkierung
luminometrisch gemessen (vgl. Material und Methoden 3.3 und 3.7).
Auf die Stimulation mit TNFα, PMN, Thrombozyten und/oder Hypoxie
bzw. Reoxygenierung reagierten diejenigen
ICAM-1-Reportergenkonstrukte in signifikantem Ausmaß, die eine
entsprechende Bindungsdomäne für den Transkriptionsfaktor NFκB
enthielten. Dort kam es regelmäßig zu einer Hochregulation der
ICAM-1-Expression als Parameter einer Mehrsynthese dieser
Adhäsionsmoleküle (vgl. Ergebnisse 4.3). Mittels
Myeloperoxidase-Messungen (leukozytenspezifisches Enzym) konnten
insbesondere adhärente PMN für diese Prozesse verantwortlich
gemacht werden (vgl. Ergebnisse Abb. 4.10). Zur Beeinflussung
dieser subakuten Endothelaktivierung wurden so genannte
NFκB-Decoy-Oligodinukleotide eingesetzt (vgl. Material und Methoden
3.6), die teilweise die DNA-Bindungssequenz des intrazellulären
NFκB-Komplex besetzten. Dadurch kam es zwar noch zu einer
Translokation des NFκB-Komplex in den Zellkern, die konsekutive
ICAM-1-Transkription und Proteinsynthese wurde jedoch verhindert
(Tomita, 2003; Morishita, 2004). Diese NFκB-Decoy-ODN bewirkten
nach Transfektion in zuvor mit TNFα, PMN, Thrombozyten und/oder
Hypoxie bzw. Reoxygenierung aktivierte Endothelzellen eine
signifikante Reduktion der ICAM-1 Reportergenexpression. Noch
deutlichere Effekte wurden durch eine Veresterung der
NFκB-Decoy-ODN (Phosphothioat als Proteinaseinhibitor) oder eine
entsprechend frühere Transfektion (bis 48h vor Zellstimulation)
gemessen (vgl. Ergebnisse 4.4). Der akuten Interaktion zwischen
Endothel und PMN bzw. Thrombozyten wird im klinischen Alltag u.a.
mit GpIIb/IIIa-Rezeptorantagonisten (Tirofiban und Abciximab)
begegnet (Nigam, 2002; Schwarz, 2002). In unserem in
vitro-Zellkulturmodell bewirkten diese Substanzen nach
Endothelstimulation eine (in unterschiedlichem Ausmaß) verringerte
Adhäsion von PMN und Thrombozyten am Endothel (vgl. Ergebnisse
4.5). Zudem zeigten sie überraschender Weise auch einen
inhibitorischen Effekt auf die ICAM-1-Reportergenexpression und
damit auf die subakute Endothelaktivierung (vgl. Ergebnisse 4.6).
Abciximab war dabei Tirofiban und einem CD18-Antikörper (IB4)
signifikant überlegen (vgl. Ergebnisse Abb. 4.19). Diese Daten
legten die Überlegung nahe, beiden Strategien (Adhäsionshemmer vs.
NFκB-Decoy-ODN) bezüglich ihres ICAM-1-inhibitorischen Potentials
am Endothel zu vergleichen: in unseren Untersuchungen war die
Transfektion von NFκB-Decoy-ODN der Gabe von Adhäsionshemmern
(Abciximab, Tirofiban oder CD18-Antikörper) überlegen (vgl.
Ergebnisse Abb. 4.20). Die Kombination beider Strategien
(Adhäsionshemmer und NFκB-Decoy-ODN) zeigte geringe, zusätzliche,
ICAM-1-inhibitorische Effekte (vgl. Ergebnisse Abb. 4.21). Die
Applikation von Oligodinukleotiden wird inzwischen als eine viel
versprechende Therapie insbesondere ischämiebedingter,
kardiovaskulärer Erkrankungen gesehen: nach Transfektion von
NFκB-Decoy-ODN wurden bislang bereits positive Effekte auf die
Myokardfunktion (Sakaguchi, 2001), koronare Restenoserate (Rutanen,
2002) und den Myokardinfarkt selbst (Morishita, 1997) gezeigt. Eine
aktuelle Patientenanwendung nach koronarer Stentimplantation
(Jun-Ichi, 2004) ergab bei zusätzlicher Transfektion von
NFκB-Decoy-ODN gegenüber dem konventionell versorgten Myokardareal
geringere Restenoseraten.

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