Entwicklung, Validierung und klinische Anwendung einer diagnostischen Methode zum Nachweis von Mycobacterium ulcerans unter tropischen Bedingungen

Entwicklung, Validierung und klinische Anwendung einer diagnostischen Methode zum Nachweis von Mycobacterium ulcerans unter tropischen Bedingungen

Beschreibung

vor 17 Jahren
Die Buruli-Ulkus-Erkrankung stellt ein gravierendes Problem der
öffentlichen Gesundheitsfürsorge in tropischen Ländern dar.
Unbehandelt kann die Erkrankung zu Kontrakturen und durch
Sekundärinfektionen sogar zum Tode führen. Kontrollstrategien
betroffener Länder beschränken sich auf die Früherkennung und die
chirurgische Behandlung klinisch diagnostizierter Fälle. Die
Diagnostik des Buruli-Ulkus kann anhand des mikroskopischen
Nachweises von AFB, der Kultivierung von Mycobacterium ulcerans und
der PCR durch die Untersuchung von Abstrichen und Biopsien sowie
der histopathologischen Untersuchung von Biopsien durchgeführt
werden. Ein diagnostischer Gold-Standard zur Laborbestätigung
klinischer Verdachtsfälle existiert nicht. Sensitive
Diagnostikmethoden wie Histopathologie oder PCR sind in
Endemiegebieten aufgrund technischer Schwierigkeiten oder dem
Fehlen ausgebildeten Personals meist nicht verfügbar. Hervorgerufen
durch die verzögerte Diagnosestellung, können ausgedehnte
Behandlungskosten durch lange Krankenhausaufenthalte entstehen, die
ein großes sozioökonomisches Problem der betroffenen Länder
darstellen. Es werden daher dringend sensitive Labormethoden, wie
die PCR, zur Bestätigung von Verdachtsfällen im frühen
Krankheitsstadium benötigt, die zusätzlich noch verlässlich und
einfach durchzuführen sind. Allerdings wird die Durchführung
konventioneller PCR-Techniken unter tropischen Bedingungen vor
allem aufgrund des Klimas, der fehlenden Laborausstattung,
unzuverlässiger Stromversorgung und den begrenzten finanziellen
Möglichkeiten der Gesundheitssektoren der Endemiegebiete erschwert.
Die im Rahmen dieser Arbeit anhand der derzeit zur Diagnose der
Buruli-Ulkus-Erkrankung verwendeten Standard-PCR-Methode
entwickelte, auf Trockenreagenzien basierende, DRB-PCR ist aufgrund
ihrer vereinfachten Handhabung perfekt an tropische Bedingungen und
die dort vorherrschenden schwierigen klimatischen und technischen
Begebenheiten angepasst: Zur Durchführung der DRB-PCR werden keine
Kühl- und Gefriergeräte oder Generatoren zur Stabilisierung der
Stromversorgung benötigt, da alle Reagenzien bei Raumtemperatur
gelagert werden können. Die Qualität der Reagenzien ist stets
vergleichbar, da sie nicht, wie gefroren gelagerte PCR-Reagenzien,
durch die in tropischen Ländern üblicherweise vorherrschende
unzuverlässige Stromversorgung häufigen Auf- und Abtauprozessen
unterliegen. Weiterhin ist das Kontaminationsrisiko gegenüber der
Standard-PCR bedeutend vermindert, da außer den lyophyllisierten
Primern nur die „PuReTaq Ready-To-Go-PCR-Beads“ und die DNA
zugegeben werden muss. Die Materialkosten der DRB-PCR betragen nur
ca. 2 – 3 € mehr als die herkömmlicher PCR-Methoden. Es konnte
gezeigt werden, dass die DRB-PCR hinsichtlich Sensitivität und
Spezifität der Standard-PCR zum Nachweis von M. ulcerans
gleichzusetzen ist. Die DRB-PCR bietet sich daher zukünftig zur
Routineanwendung in Laboren tropischer Endemiegebiete an. Zur
Gewährleistung verlässlicher Ergebnisse ist allerdings optimale
Qualität und Beschaffenheit des Untersuchungsmaterials essentiell.
Allgemein scheint das Alter der Läsion einen nicht zu
vernachlässigenden Einfluss auf die diagnostische Sensitivität der
DRB-PCR zu besitzen: Die Untersuchung früher Läsionstypen ist
offensichtlich zur Laborbestätigung klinischer Verdachtsfälle
geeigneter als ältere Erkrankungsstadien, bei denen teilweise nur
noch wenige Bakterien nachweisbar sind. Im Vergleich mit anderen
Diagnostikmethoden erscheint die DRB-PCR als sensitivste vor Ort
durchführbare Methode geeignet zur Laborbestätigung von
Buruli-Ulkus-Verdachtsfällen: Die in dieser Studie ermittelte
diagnostische Sensitivität der Mikroskopie betrug bis zu 40 %, die
diagnostische Sensitivität der Kultur ist aufgrund der
Vorbehandlung der meisten Patienten mit antimykobakteriellen
Medikamenten im Studiengebiet nicht repräsentativ. Außerdem
erscheint die Kultur aufgrund der langen Generationszeit von M.
ulcerans als diagnostische Methode ungeeignet. Durch die DRB-PCR
konnte eine diagnostische Sensitivität von bis zu 75 % erreicht
werden, die diagnostische Sensitivität der Standard-PCR lag mit ca.
80,0 % nur geringfügig höher. Die Inter-Assay-Übereinstimmungsrate
zwischen DRB-PCR und Standard-PCR betrug, abhängig vom
Untersuchungsmaterial, > 96 %. Die Ergebnisse der
Histopathologie stehen in Endemiegebieten nicht zeitnah zur
Verfügung, so dass sich diese Methode lediglich als Referenzmethode
bzw. zur Differentialdiagnosestellung eignet. Gemäß bestehenden
WHO-Empfehlungen werden derzeit zwei positive Laborergebnisse zur
gesicherten Diagnose des Buruli-Ulkus benötigt. Würde nur ein
positiver Test als ausreichend angesehen, könnten anhand der im
Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Daten 20 % mehr Verdachtsfälle
bestätigt werden. Da strukturelle, technische und finanzielle
Beschränkungen eine umfassende Labordiagnose in Endemiegebieten
erschweren, erscheint es daher sinnvoll, die bestehenden
Empfehlungen zu überdenken. Vor dem Hintergrund der Kosten- und
Zeitersparnis wäre eine nacheinander erfolgende Stufendiagnostik,
beginnend mit weniger sensitiven Nachweismethoden, wie z. B. der
Mikroskopie, gefolgt von der Untersuchung der mikroskopisch
negativen Proben durch hochsensitive Diagnostikmethoden wie DRB-PCR
denkbar. Bei prä-ulzerativen Läsionen würden so > 35 % aller
Verdachtsfälle schon allein durch die Mikroskopie bestätigt, durch
die DRB-PCR würden noch weitere fast 30 % der Verdachtsfälle
bestätigt. Im Falle ulzerativer Läsionen würden präoperativ und
nicht-invasiv durch Untersuchung der Abstriche durch Mikroskopie
bis zu 35 % der klinischen Verdachtsfälle laborbestätigt, durch
anschließende DRB-PCR würden zusätzlich > 30 % gefunden.
Postoperativ könnten durch Mikroskopie und PCR der Biopsien weitere
6 % bzw. 5 % der Verdachtsfälle bestätigt werden. Dieser relativ
niedrige zusätzliche diagnostische Gewinn ist jedoch in Verbindung
mit dem hohen Laboraufwand und den entstehenden Kosten kritisch
abzuwägen. Die Daten dieser Arbeit legen nahe, dass Supervision und
unterstützendes, regelmäßiges Training des Laborpersonals zur
Aufklärung von Faktoren wichtig ist, die die Durchführung und
Auswertung diagnostischer Verfahren negativ beeinflussen könnten.
Begleitend zur Labordiagnostik durchgeführte EQA-Maßnahmen
erscheinen daher essentiell, um die Qualität der Ergebnisse
sicherzustellen. Die Qualität der Ergebnisse ist beispielsweise bei
der zukünftig denkbaren, vor der Operation durchzuführenden,
laborbestätigten Bestimmung der Exzisionsausdehnung von
entscheidender Bedeutung. Es war im Rahmen der Studie nicht
möglich, visuell eine bakterienfreie Exzisionsweite zu bestimmen.
Obwohl die Bakterienkonzentration vom Läsionszentrum zur Peripherie
abnimmt, kann makroskopisch gesund erscheinendes, an eine
Buruli-Ulkus-Läsion angrenzendes Gewebe M. ulcerans enthalten.
Rezidive ließen sich möglicherweise durch die Gabe von
antimykobakteriellen Medikamenten, kombiniert mit einer vor der
Operation durchgeführten laborunterstützten Bestimmung von
bakterienfreien Schnitträndern, vermindern.

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