#147 Niklas Schörnig: Frieden ist kompliziert

#147 Niklas Schörnig: Frieden ist kompliziert

56 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Schon wieder über Krieg und Waffen reden? Muss
ja. Vielleicht diesmal auch nach Frieden fragen? Guter
Plan, wird gemacht. Niklas Schörnig ist zu Gast, Friedensforscher
beim Peace Research Institute Frankfurt. Er leitet dort die
Forschungsgruppe zu neuen Technologien, Ordnung und Stabilität.
Aber Achtung: Frieden ist kompliziert. Wir haben letztlich keine
Frage gefunden, die sich mit einem einfachen „Ja“ oder „Nein“
beantworten ließe. Als ob wir das nicht geahnt hätten.


Inzwischen dürften die Teletubbies die einzigen C-Promis sein,
die noch kein Manifest für den Frieden unterschrieben haben und
dafür mit Sendezeit in einer der großen Talkshows belohnt wurden.
Versuchen wir also, nicht in Schlagzeilen zu vereinfachen,
sondern Komplexität im Detail zu verstehen.


Was sind gute Waffen? Der Friedensforscher
antwortet: Eine Waffe, die freiwillig außer Betrieb genommen
wird. Der Militärexperte hingegen: Eine Waffe, die funktioniert.
Der Laie hatte diesen Aspekt - „Oh Wunder, sie funktioniert!“ -
irgendwie vorausgesetzt und wundert sich.


Der Trend zu autonomen Waffen, die selbst Entscheidungen treffen
können, ist massiv. Er reicht von klassischen Waffensystemen an
Land über Schiffe und Unterwasserfahrzeuge, um nur die
offensichtlichsten zu nennen. Offen ist die Frage, wie diese
Systeme ihre Entscheidungskompetenz nutzen dürfen. Wo die
Bundeswehr der Maxime folgt, dass stets ein Mensch die letzte
Entscheidung treffen muss, überlässt die US Navy den
Abwehrraketen ihrer Schiffe die Entscheidung, ein anfliegendes
Objekt abzuschießen.


Wer nur auf neue Waffensysteme schaut, übersieht möglicherweise,
dass Autonomie auch neue Einsatzformen bisheriger Waffen
ermöglicht. Kampfflugzeuge zum Beispiel vertragen sehr viel
extremere Manöver als ihre Piloten, so Niklas. Schon heutige
Kampfflugzeuge sind in der Lage, Raketen schlicht abzuschütteln.
Allerdings würde kein menschlicher Pilot die dafür nötigen
Bewegungen überleben.


Auch KI muss sich an das Völkerrecht halten. Ein
Soldat darf einen anderen Soldaten angreifen, nicht den
Zivilisten daneben. Gilt auch für die KI. Die Schwierigkeit: Wie
beurteilen wir eine KI, die das nicht perfekt löst, aber
zuverlässig besser als der menschliche Soldat daneben? Es ist
kompliziert.


Die eigentliche Dynamik, betont Niklas, entfalten intelligente
Systeme jenseits klassischer Waffensteuerung. Indem größte Mengen
von Daten und Informationen in Echtzeit und an Ort und Stelle
ausgewertet werden können, führt ein Einsatz erheblich schneller
zum nächsten. Wo früher lange Analysephasen nötig waren, sehen
wir eine extreme Beschleunigung des Kriegs.


Ist Frieden angesichts dieser Dynamik möglich?
Niklas bricht eine Lanze für eine pragmatische Haltung: Lieber
ein paar Schritte gehen und die Entwicklung in die friedliche
Richtung treiben, als die konsequente, umfassende Gesamtlösung
einfordern und an dieser Absolutheit scheitern.


Zu Gast: Niklas Schörnig, Friedensforscher,
Peace Research Institute Frankfurt.

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