Ist Long Covid ein Fall für die IV?

Ist Long Covid ein Fall für die IV?

Leben 73'000 oder 230'000 Menschen mit Long Covid in der Schweiz? Man weiss es nicht genau. Der Bund erhebt keine Zahlen. Zu vielfältig seien die Krankheitsbilder. Entsprechend unterschiedlich gehen Versicherer und Behörden mit Betroffenen um. Diese f ...
55 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
Leben 73'000 oder 230'000 Menschen mit Long Covid in der Schweiz?
Man weiss es nicht genau. Der Bund erhebt keine Zahlen. Zu
vielfältig seien die Krankheitsbilder. Entsprechend unterschiedlich
gehen Versicherer und Behörden mit Betroffenen um. Diese fühlen
sich im Stich gelassen. Zu Recht? Frau M wird entlassen Frau M* hat
in diesen Tagen ihre Arbeitsstelle verloren, weil sie schon zu
lange an Long Covid erkrankt ist. Sie arbeitete in der Pflege und
hatte sich im Spital mit Covid angesteckt. Nach durchgemachter
Krankheit begann sie wieder zu arbeiten, mit einem 50 Prozent
Pensum. Das war zu viel. Sie wurde wieder krank. An Arbeit war
nicht mehr zu denken. Die Krankentaggeldversicherung kam zum
Tragen, später stieg die IV mit Arbeitsversuchen ein. Vergebens.
Denn die chronische Erschöpfung, das Chronic Fatigue Syndrom, und
Schmerzen, beides typisch für Long Covid Patienten, verhinderten
die Bemühungen von Frau M, wieder in den Arbeitsprozess
einzufädeln. Die IV brach den Arbeitsversuch ab. Das Spital
kündetet ihr am Tag darauf. Nun geht es in den nächsten Monaten
darum, ob Frau M eine IV Rente erhält. Ausgang offen. Frau M ist
kein Einzelfall Die IV-Stellen in der Schweiz haben in den Jahren
2021 und 2022 je knapp 2000 Personen erfasst, die unter
Langzeitschäden nach einer Covid-19 Infektion leiden. Ein Teil
davon sind Long Covid Patientinnen, der andere Teil sind Personen,
die zu einer bereits bestehenden Krankheit, zum Beispiel Krebs,
noch zusätzlich an Covid erkrankten. Wie viele Personen «nur» wegen
Long Covid bei der IV angemeldet sind, weiss man noch nicht. Das
Bundesam für Sozialversicherunge will sich in der nächsten Zeit
Klarheit darüber verschaffen. Long Covid Patientinnen ernst nehmen
«Tausenden läuft jetzt nach zwei Jahren Erkrankung (2. Welle) die
Taggeldversicherung aus und sie verlieren reihenweise Jobs, Geld,
ihre Beziehungen, ihre Pension», sagt Florence Isler vom Verein
Long Covid Schweiz. Für sie ist auch klar: «Eigentlich sollte jeder
Fall von Long Covid ein Fall für die IV sein, wenn die Betroffenen
dadurch nachhaltig eingeschränkt sind in ihrer
Leistungsfähigkeit».  «Schwer objektivierbare
Krankheitsbilder» Thomas Pfiffner ist Leiter der IV Stelle Kanton
Graubünden und im Vorstand der IV-Stellen Konferenz Schweiz. Das
Gefühl der Long Covid Patienten, man lasse sie alleine, kann er
nachvollziehen. Aber: «Die IV-Stellen sind verpflichtet, die
Erwerbsfähigkeit und in diesem Zusammenhang den Gesundheitszustand
der Betroffenen genau abzuklären». Sogenannte «schwer
objektivierbare Krankheitsbilder», würden im IV-Verfahren oft
aufwändige und langwierige versicherungsmedizinische Abklärungen
auslösen. Bei Long Covid komme erschwerend hinzu, dass die Diagnose
für die Medizin relativ neu sei und wenig Erfahrungswerte vorlägen.
Gäste im Forum sind * Florence Isler-Gächter, Verein Long Covid
Schweiz * Thomas Pfiffner, Leiter der IV Stelle Kanton Graubünden
und im Vorstand der IV-Stellen Konferenz Schweiz * Gregory Fretz,
Leiter der Long-Covid-Sprechstunde am Kantonsspital Graubünden in
Chur (zugeschaltet im ersten Teil des Forums)
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