Kerstin Ott über lesbische Liebe im deutschen Schlager

Kerstin Ott über lesbische Liebe im deutschen Schlager

57 Minuten
Podcast
Podcaster
Queer.de präsentiert den queeren Podcast mit Nollendorfblogger Johannes Kram

Beschreibung

vor 2 Jahren
Die Schlagersängerin Kerstin Ott spricht über ihr neues Lied „Der
Morgen nach Marie“, das gemeinsame Feiern von Schwulen, Lesben und
Heteros sowie die Last, ein Vorbild zu sein. Es ist vermutlich kein
großes Geheimnis, dass bei den Redaktionspartys von queer.de gerne
Schlager aufgelegt wird. Neben Nana Mouskouri und Rex Gildo
befindet sich seit einigen Jahren auch Kerstin Ott in der Playlist,
ihre Songs können vom Anzeigenleiter bis zum Chefredakteur wirklich
alle mitsingen. „Kommt, lasst uns die Welt bemalen in
Regenbogenfarben!“ - dieses Ziel haben wir uns als „Zentralorgan
der Homo-Lobby“ schließlich ebenfalls auf die Fahnen geschrieben.
Entsprechend groß ist die Aufregung, als ich in unserer täglichen
Videokonferenz den neuesten Podcast-Gast von Johannes Kram
ankündige. Bevor am Freitag eine Deluxe-Edition ihres Albums
"Nachts sind alle Katzen grau" mit sechs nagelneuen Songs
erscheint, hat Kerstin Ott nämlich im QUEERKRAM-Studio
vorbeigeschaut. Eine ganze Stunde lang spricht sie über ihre
sagenhafte Karriere, die teils sehr ernsten Themen ihrer Hits, ihre
Vorbildfunktion und ihr Verhältnis zur queeren Community. Auch
Johannes Kram ist etwas aufgewühlt, hat er doch beim Pre-Listening
des neuen Albums den Song „Der Morgen nach Marie“ entdeckt. Eine
„Sensation“, stellt er im Podcast fest, „die erste lesbische
Liebesnacht im deutschen Schlager“. Tatsächlich geht es in dem
Gute-Laune-Stück um eine Herzensbrecherin in einer Bar, die erst
mehreren Männern den Kopf verdreht, bis sich Ott mit einem
wunderbaren Twist in der letzten Strophe outet: Ich war selbst in
sie verliebt. Manchmal denk ich nach, was hab‘ ich falsch gemacht,
dass es bei einem Abend blieb. Das ist der Morgen nach Marie, so
viele Tränen sah ich nie. Während sich Johannes Kram sehr darüber
freut, dass künftig auch Heteros diese neue queere Hymne mitsingen
werden, spielt die 40-Jährige die Bedeutung des Songs herunter.
„Das Lied ist nicht autobiografisch“, stellt Ott klar, die sexuelle
Orientierung spiele keine Rolle. „Jeder hat schon so eine witzige
Situation erlebt, dass der eine an dem einen Abend gedacht hat,
heute bin ich der King, und am nächsten Tag war er todtraurig, dass
es nicht so war, wie er es sich vorgestellt hat.“ Während „Der
Morgen nach Marie“ Kram echte „Glücksmomente“ schenkt, meint die
Sängerin: „Jeder interpretiert den Song ja auch für sich neu und
anders und auf seine Art und Weise.“ Warum so zurückhaltend?
Kerstin Ott verweigert sich weiblichen Klischees im
Schlagerbusiness, sie hat ihren queeren Song „Regenbogenfarben“ im
Duett mit Helene Fischer gesungen und als erste Teilnehmerin bei
„Let’s Dance“ mit einer gleichgeschlechtlichen Partnerin getanzt.
Sie ist ein Vorbild für viele Queers, doch in dieser Rolle scheint
sie sich nicht besonders wohlzufühlen. Sie habe immer aus „meinem
Herzen heraus“ gehandelt, nicht um ein Statement zu setzen, sagt
sie im Podcast. Sie wolle keine Oberlehrerin sein. Ott gibt aber
auch zu: „Ich habe Angst davor, dieser Verantwortung nicht gerecht
zu werden.“ In dem Gespräch mit Johannes Kram geht es außerdem um
Gesangsunterricht in der Pandemie, die Entstehungsgeschichte ihrer
Songs, ihren Umgang mit Hasskommentaren, ein mögliches Duett mit
Patrick Lindner, ihre Regenbogenfamilie und ihr breit gefächertes
Publikum. Ob sie beim CSD auftritt oder im ZDF-Fernsehgarten, das
macht für Kerstin Ott keinen großen Unterschied: „Ich mag es
einfach gerne, wenn die Leute feiern und fröhlich sind und sich dem
Ganzen hingegeben können.“ Schubladendenken und Ausgrenzung sind
ihr zuwider. Das Gemeinsame und Verbindende, das sie in ihren
Schlagern besingt, wünscht sich Ott auch selbst. Dabei sieht sie
Toleranz-Defizite nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in
der queeren Community. „Können wir nicht alle zusammen feiern?“,
fragt die Berlinerin und erzählt, dass sie selbst gar keine
Lesbenkneipen mehr brauche. Nicht mal zum sicheren Anbaggern, will
der verwunderte Johannes Kram wissen. „Das sehe ich ja sportlicher,

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