Licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen der Tunika von Cystodytes dellechiajei DELLA VALLE (Urochordata, Ascidiacea)

Licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen der Tunika von Cystodytes dellechiajei DELLA VALLE (Urochordata, Ascidiacea)

Beschreibung

vor 22 Jahren
In der vorliegenden Dissertation wurde mit licht- und
elektronenmikroskopischen Methoden die Tunika von Cystodytes
dellechiajei (Ascidiacea, Aplousobranchia) histologisch und
cytologisch untersucht. Diese koloniebildende Ascidie kommt in zwei
Farbvarianten (violette und graugrüne Kolonien) im Mittelmeer vor.
Beide Farbvarianten enthalten pharmakologisch interessante,
intensiv farbige Pyridoacridinalkaloide. Bisher lagen allerdings
noch keine Informationen darüber vor, in welchen Organen der Tiere
diese Sekundärstoffe lokalisiert sind bzw. welche Zellen sie
produzieren. Daher wurden zunächst die Gewebeelemente der Ascidie
charakterisiert. Eine mittelgroße Kolonie enthält ca. 100 Zooide,
die vollständig in eine gemeinsame Tunika eingebettet sind. Die
Tunika bildet mit über 98 % das Hauptvolumen der Kolonien, während
Zooidgewebe nur einen Volumenanteil von 1,25 % ausmachen. Die
Kolonien werden nach außen von einer 70 - 100 nm dicken Cuticula
abgeschlossen, darunter befindet sich eine subcuticuläre Schicht
aus sehr dicht angeordneten Matrixfasern (Faserabstände < 0,5
µm). Die Tunikamatrix besteht aus drehrunden Fasern (Ø 15-25 nm)
die in Streutextur ein dichtes Geflecht bilden. Eine histochemische
Analyse der Matrix zeigte, daß sie zu einem großen Teil aus
Mukopolysacchariden aufgebaut ist. Die Zooide liegen in
individuellen, nach oben offenen Hohlräumen, die von einer dichten
Schicht aus Matrixfasern ausgekleidet sind. Jedes Zooid besitzt
zudem eine Kapsel aus überlappend angeordneten, scheibenförmigen
Kalkschuppen. Die Zooide sind durch individuelle Kanäle mit der
Meerwasserumgebung verbunden. Jeder Kanal besitzt an seinem
distalen Ende eine sechslappige Öffnung aus Tunikagewebe, die
geöffnet und verschlossen werden kann. Die Tunika enthält sechs
verschiedene Zelltypen: Blasenzellen, Pigmentzellen, granuläre und
vakuolisierte filopodiale Zellen, kompartimentierte Zellen und
Morulazellen. Blasenzellen besitzen eine große Vakuole (Ø ca. 60
µm), die mit Schwefelsäure (pH 1) gefüllt ist. Blasenzellen bilden
den Hauptanteil des Tunikavolumens. In violetten Pigmentzellen
konnten pharmakologisch aktive Pyridoacridinalkaloide (= violette
Pigmente) nachgewiesen werden. Das Pigment der grünen Kolonien
wurde chemisch bisher nicht identifiziert. Die cytotoxischen Stoffe
werden über ein komplexes System aus Fibrillen und Pigmentkörnern
in der Vakuole angereichert. Violette und grüne Pigmentzellen
unterscheiden sich in Anzahl und Größe der Pigmentkörner, besitzen
aber denselben Grundaufbau aus fibrillären und granulären Elementen
innerhalb der Vakuole. Je nach physiologischem Zustand der
Pigmentzellen kommen verschiedene Bautypen von Pigmentzellen vor:
Oligojunktionale, polyjunktionale und agranuläre Pigmentzellen.
Beim polyjunktionalen und agranulären Typ liegt eine Überproduktion
an Netzwerkfibrillen vor, während der oligojunktionale Typ ein
ausgewogenes Verhältnis an Netzwerkfibrillen und Pigmentkörnern
enthält. Die Mehrzahl der Pigmentzellen ist oligojunktional, daher
wird dieser Typ auch als „Grundtyp” bezeichnet. Filopodiale Zellen
haben mehrere lange cytoplasmatische Ausläufer, die netzwerkartig
die Tunika durchziehen. Granuläre filopodiale Zellen enthalten
zahlreiche eosinophile Granula mit verschieden elektronendichtem
Inhalt. Vakuolisierte filopodiale Zellen besitzen keine oder nur
sehr wenige Granula. Beide Typen der filopodialen Zellen
phagocytieren in der Tunikamatrix vorkommende Bakterienzellen. In
filopodialen Zellen wurden häufig große lysosomale Kompartimente
nachgewiesen. Filopodiale Zellen könnten einen universalen Zelltyp
darstellen, der aus den Zooiden in die Tunika einwandert und sich
dort in die übrigen Tunkazelltypen umwandelt. Kompartimentierte
Zellen enthalten große lysosomale Kompartimente, die mit
myelinartigen Membrankörpern und granulärem Material gefüllt sind.
Die kompartimentierten Zellen enthalten häufig große Mengen an
Bakterien des Typs A. In der Tunika wurden darüber hinaus große
Mengen an stäbchenförmigen Bakterienzellen drei verschiedener
Strukturtypen (Typ A, B, C) nachgewiesen. Bakterienzellen des Typs
A sind Gram-positive Stäbchen, Zellen der Typen B und C sind
Gram-negativ. Filopodiale Zellen phagocytieren vor allem Bakterien
des Typs B und C, während in kompartimentierten Zellen große Mengen
an Bakterien des Typs A nachgewiesen werden konnten (intrazelluläre
Bakteriendichten bis 1011 Zellen/ml). Aus Tunikagewebe wurden drei
verschiedene Bakterienstämme isoliert, kultiviert und mikroskopisch
untersucht. Alle drei Stämme sind Gram-negativ und unbegeißelt,
sind also wahrscheinlich dem in der Tunika nachgewiesenen Typ B
zuzuordnen. Die Isolate bilden häufig pleomorphe Zellen aus, die
meisten Zellen sind jedoch stäbchenförmig. Die Tunika der Larven
von C. dellechiajei ist vierschichtig. Nur die innerste Schicht,
das ”inner compartment” enthält granuläre filopodiale Zellen,
Pigmentzellen und Blasenzellen. Kompartimentierte Zellen und
Morulazellen fehlen. Darüber hinaus enthält das inner compartment
Mischformen zwischen granulären filopodialen Zellen und Blasen-
bzw. Pigmentzellen und Ansammlungen stäbchenförmiger,
Gram-negativer Bakterienzellen.

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