Beschreibung

vor 22 Jahren
Eines der dringend zu lösenden Probleme des Physikunterrichts
stellt das im Vergleich zu anderen Schulfächern geringe Interesse
der Schüler und insbesondere Schülerinnen dar. Mangelnde
Lernmotivation führt langfristig zu geringeren Lernerfolgen und zu
einem Desinteresse an naturwissenschaftlichen Fragen als
Erwachsener. Inzwischen gibt es eine Reihe von Untersuchungen über
das Interesse von Schülerinnen und Schülern die zeigen, dass
medizinische und biologische Themen auf relativ hohes Interesse
stoßen. Von diesen Befunden ausgehend wurden für eine Reihe von
medizinischen Themen Unterrichtseinheiten entwickelt und ihre
Wirksamkeit bezüglich einer Interessenserhöhung überprüft. Folgende
biologisch-medizinische Kontexte für die Einführung bzw. Anwendung
physikalische Begriffe und Gesetze wurden ausgewählt: • Anhand des
menschlichen Bewegungsapparates (Armgelenk, Kauapparat und
Belastung der Wirbelsäule) wurden Begriffe wie Hebel und Drehmoment
sowie Schwerpunkt erklärt. • Normale Atmung und Atmung beim Tauchen
wurden zur Einführung des Luftdrucks verwendet. Weiterhin wurden
physikalische Aspekte von Störungen im Blutkreislauf (Thrombose,
Stenose, Aneurysma) betrachtet, um Begriffe und Gesetze aus der
Hydrostatik und Hydrodynamik zu behandeln. • Einfache
Untersuchungen am Auge, sowie die Behandlung der wichtigsten
Fehlsichtigkeiten in Verbindung mit der Anatomie und Physiologie
des menschlichen und tierischen Auges werden thematisiert. Hierbei
standen die Akkommodationsformen in Luft und Wasser im Vordergrund.
Den am Unterrichtsversuch beteiligten Lehrkräften wurden
Materialsammlungen zur Verfügung gestellt. Die
Unterrichtsvorschläge waren nicht bis ins letzte Detail
ausgearbeitet, sodass die Lehrkräfte einen relativ großen Spielraum
bei der Unterrichtsgestaltung hatten. Dies entspricht u.E. einer
weitgehend realitätsnahen Verwendung von Vorschlägen durch die
Lehrkräfte. Zur Veranschaulichung und Unterstützung der Themen
wurden viele, auf die Grundfunktionen reduzierte Modelle gebaut und
für die Erprobung zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe einer Reihe von
Fragebögen wurden die Einstellung der Lehrkräfte zu den
unterrichteten Themen und das allgemeine Interesse der Schülerinnen
und Schülern an Physik, sowie die Interessantheit des Unterrichts
untersucht. Die Lehrerbefragung ergab, dass die neuen
Unterrichtskonzeptionen, mit dem Ziel das Interesse an den
Gegenständen der Physik durch eine explizite Berücksichtigung
biologischmedizinischer Kontexte zu erhöhen, bei den Lehrkräften
auf hohe Akzeptanz stoßen. Nach ihrer Einschätzung vergrößert der
Bezug zur medizinischen Fragestellung sowohl für sie selbst als
auch für die Schüler das Interesse am Physikunterricht. Vor- und
Nachtest-Vergleiche ergaben eine Erhöhung des allgemeinen und des
Fachinteresses in der Versuchsgruppe und eine Abnahme in der
Kontrollgruppe. Eine Überlegenheit der Versuchsgruppe gegenüber der
Kontrollgruppe bei der Interessantheit des Unterrichts konnte nicht
nachgewiesen werden. In einigen Klassen wurden Leitungstests mit
traditionellen Aufgaben geschrieben. Die Ergebnisse können so
interpretiert werden, dass die Lernleistung der Versuchsgruppe in
Physik nicht schlechter ausfiel als im traditionellen Unterricht.
Allerdings haben die Schüler auch etwas in der Biologie und Medizin
dazu gelernt. Der geschlechtsspezifische Vergleich zeigt, dass
besonders die Mädchen bezüglich des Interesses von dem Konzept
profitieren. Zusammenfassend sind die Ergebnisse so zu
interpretieren, dass mit der Einbindung physikalischer Inhalte in
biologisch-medizinische Kontexte das Interesse der Schülerinnen und
Schüler wie angenommen gesteigert werden kann, ohne dass die
Lernleistung darunter leidet.

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