Elastizitätsmessungen an lebenden Zellen mit dem Rasterkraftmikroskop

Elastizitätsmessungen an lebenden Zellen mit dem Rasterkraftmikroskop

Beschreibung

vor 24 Jahren
7 Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurden mit dem Rasterkraftmikroskop
(AFM) Untersuchungen an lebenden Zellen durchgeführt. Zu diesem
Zweck wurde eine Versuchsanordnung aufgebaut, die ein kommerziell
erhältliches AFM mit einem invertierten optischen Mikroskop
kombiniert. Die Anordnung erlaubt es, während der Messung
Umgebungsbedingungen aufrechtzuerhalten, bei denen Zellen über
lange Zeiträume hinweg überleben. Zunächst wurde eine
festkörpergestützte Lipidschicht als Modellsystem verwendet, um die
komplexe Wechselwirkung zwischen AFM-Spitze und Zellmembran zu
charakterisieren. Daraus ergab sich eine Methode zur
ortsaufgelösten Messung elektrostatischer Oberflächeneigenschaften.
Die ersten Experimente an lebenden Zellen dienten der Beantwortung
einiger grundlegender Fragen zur Bildentstehung an weichen Proben.
Dazu zählen die Diskussion des verringerten Auflösungsvermögens und
die Interpretation des Abbildungsvorgangs. Durch Korrelation der
AFM-Messungen mit strukturellen Daten in Form von
Fluoreszenzbildern konnten faserige Strukturen, die häufig in
AFM-Bildern lebender Zellen auftreten, als Spannungsfasern (Bündel
von Aktinfilamenten) identifiziert werden. Den Hauptteil der Arbeit
bilden Elastizitätsmessungen an Zellen, die ebenfalls mit Hilfe des
AFM durchgeführt wurden. Die lokalen Elastizitätsmoduli einer Probe
werden dabei aus dem Verlauf von Kraftkurven berechnet. Dieser
Berechnung liegt das Hertz-Modell für die elastische Eindrückung
zweier Körper zugrunde. Einschränkungen, die sich ergeben, wenn
Voraussetzungen des Modells hinsichtlich Probenbeschaffenheit und
geometrischer Verhältnisse des Systems nicht erfüllt sind, wurden
experimentell untersucht und theoretisch diskutiert. Um eine
Interpretation der Elastizitätsbilder zu ermöglichen, mußte geklärt
werden, welche Bestandteile den Zellen mechanische Stabilität
verleihen. Morphologischen Überlegungen zufolge spielt das
Zytoskelett die Rolle einer Stützstruktur, die die Zellen nicht nur
stabilisiert, sondern auch verschiedene Bewegungsvorgänge
ermöglicht. Durch gezielte Manipulationen konnte gezeigt werden,
daß das Aktinnetzwerk, eine Komponente des Zytoskeletts, von
entscheidender Bedeutung für die Zellelastizität ist. In analogen
Experimenten wurde festgestellt, daß Mikrotubuli, die ebenfalls zum
Zytoskelett gehören, keinen Einfluß auf die Stabilität von Zellen
haben. Die Manipulationen wurden mit Hilfe verschiedener chemischer
Wirkstoffe durchgeführt, die spezifisch bestimmte Bestandteile des
Zytoskeletts angreifen. Dabei konnten sogar Unterschiede in den
Mechanismen der Wirkstoffeffekte beobachtet werden. Eine erste
Anwendung fanden diese Resultate bei der Untersuchung kriechender
Zellen. Dieser Bewegungsvorgang beruht auf koordinierten
Umstrukturierungen im Aktinnetzwerk und spielt eine entscheidende
Rolle z. B. bei der Ausbreitung von Krebs, bei der
Embryonalentwicklung oder bei Reaktionen des Immunsystems. Mit
Hilfe von Elastizitätsmessungen an aktiven Lamellipodien
kriechender Bindegewebszellen wurden Erkenntnisse über den
molekularen Mechanismus gewonnen, der der Bewegung dieser Zellen
zugrunde liegt. Von vier Modellvorstellungen über den Ursprung der
Kraft, die das Lamellipodium vorwärts schiebt, sind nur zwei mit
den AFM-Daten konsistent. Die Fortsetzung dieser Messungen bilden
ähnliche Experimente mit schnell kriechenden Keratocyten sowie mit
chemotaktisch stimulierten MTLn3-Zellen. In einem weiteren Projekt
wurde das Quellverhalten der Cuticula untersucht. Die Cuticula ist
die wachsartige extrazelluläre Schicht an der Oberfläche von
Blättern hochentwickelter Pflanzen. Sie reguliert den
Wasserhaushalt der Pflanzen. Aus dem gemessenen Quellverhalten
ergaben sich Rückschlüsse auf die Diffusionsrate von Wasser durch
die Cuticula.

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