Desaster-Management für jüdische Kleingemeinden der Schweiz

Desaster-Management für jüdische Kleingemeinden der Schweiz

Liestal, Uster, Davos: Viele jüdische Kleingemeinden sind längst eingegangen. In St. Gallen scheint das Ende absehbar. Trotzdem bleibt der Organisationspsychologe Harry Wiener hier engagiert. Gegen Mitgliederschwund setzt die Jüdische Gemeinde Wintert ...
31 Minuten

Beschreibung

vor 7 Monaten
Liestal, Uster, Davos: Viele jüdische Kleingemeinden sind längst
eingegangen. In St. Gallen scheint das Ende absehbar. Trotzdem
bleibt der Organisationspsychologe Harry Wiener hier engagiert.
Gegen Mitgliederschwund setzt die Jüdische Gemeinde Winterthur neu
auf Krisenmanagement und Teilhabe. Seit April ist der Jurist Olaf
Ossmann Präsident der Israelitischen Gemeinde Winterthur mit rund
100 Seelen. Zuvor durchlief er einen Kurs in Krisen- und
Desaster-Management an der Universität Tel-Aviv. Das brauche es für
solch einen Posten, erklärt Ossmann. Die Gemeinde in Winterthur ist
137jährig. Sie hat keinen Synagogenbau, nur einen Betsaal. Genug
Platz, um gemeinsam zu beten. Das nötige Quorum von 10 Männern für
einen Gottesdienst kriegen sie jeweils zusammen, ganz anders die
Jüdische Gemeinde St. Gallen. Die vielleicht hübscheste Synagoge
der Schweiz im Zentrum St. Gallens füllt sich noch nicht einmal
mehr an hohen Feiertagen. Harry Wiener, 73, ist hier seit
Jahrzehnten engagiert. Wiener sieht mit Sorge die Überalterung
seiner Gemeinde. Ihr Aussterben scheint nur noch eine Frage der
Zeit. Die Gründe für das Schwinden der Kleingemeinden sind
vielfältig: Da ist einmal die Assimilation, also das Aufgehen in
der nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft, zweitens die Abwanderung
in die Ballungszentren Zürich und Genf. Aber auch «Emanzipation»
von der Orthodoxie sei ein Grund, weshalb sich Menschen von der
«orthodox geführten Einheitsgemeinde» entfernen, meint Harry
Wiener. In Perspektiven sprechen: * Olaf Ossmann (58), Experte für
internationales und jüdisches Recht. Seit 2008 mit eigener Kanzlei
in Winterthur. Experte für Naziraubgut und Restitutionsverfahren.
Dozent am Rabbinerseminar Berlin, an der Humboldt-Universität
Berlin und der Universität Amsterdam, Gemeindepräsident der IGW. *
Dr. Harry Wiener (73), Organisationspsychologe und
Unternehmensberater mit eigener Firma. Autor des Buchs
«Führungswelten», Verlag NZZ. Sein ganzheitlicher Ansatz:
«Management ist ein Beziehungsphänomen». Vertreter der Jüdischen
Gemeinde St. Gallen im Gemeindebund SIG. * * Michaella Guez-Barasch
aus Herisau, geboren in Tunesien, aufgewachsen in Israel. Seit 10
Jahren im Vorstand der Jüdischen Gemeinde St. Gallen JGSG. Zusammen
mit ihrem Mann gründete sie eine internationale Handelsfirma für
Fruchtsaftkonzentrate in der Ostschweiz. Sie hat drei erwachsene
Kinder. Autorin: Judith Wipfler Wir freuen uns über Ihre Post und
Anregungen auf redaktion.religion@srf.ch

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