#120 – Sensibilitätsstörungen bei MS - von Watte bis Stromschlag

#120 – Sensibilitätsstörungen bei MS - von Watte bis Stromschlag

In Folge #120 geht es um die Vielfalt an Sensibilitätsstörungen, die Menschen mit Multipler Sklerose bekommen können. Hast Du bereits Missempfindungen erlebt? Wenn ja, kein Wunder. Sie gehören zu den häufigsten Symptomen bei MS und treten...
23 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

In Folge #120 geht es um die Vielfalt an Sensibilitätsstörungen,
die Menschen mit Multipler Sklerose bekommen können. Hast Du
bereits Missempfindungen erlebt? Wenn ja, kein Wunder. Sie
gehören zu den häufigsten Symptomen bei MS und treten oft schon
am Beginn der Erkrankung auf. Bei manchen waren sie
rückblickend bereits einige Zeit vor der Diagnose da. Aber oft
reicht eine veränderte Reizwahrnehmung nicht aus, um der Sache
genauer auf den Grund zu gehen.


Im folgenden Beitrag erfährst Du mehr über die unterschiedlichen
Arten von Sensibilitätsstörungen und wie Du damit umgehen kannst.








Wann treten Sensibilitätsstörungen auf?






Häufig bereits zu Beginn. Bei einer schubförmigen
verlaufenden MS verschwinden sie nach einiger
Zeit wieder.


Wenn Dein zentrales Nervensystem bereits viel
reparieren und kompensieren musste, kann es sein,
dass die Missempfindungen dauerhaft bleiben.
Deshalb empfehlen MS-Spezialisten schnell mit
einer verlaufsmodifizierenden Therapie zu
beginnen. Dadurch kann die Multiple Sklerose
verlangsamt oder sogar gestoppt werden.






Welche Arten von Sensibilitätsstörungen gibt es?






Zunächst unterscheidet man zwischen zwei Arten.
Es gibt Missempfindungen, die ohne einen äußeren
Auslöser auftreten, sogenannte Parästhesien.


Außerdem können normale Reize von außen falsch
weitergegeben werden und von unangenehm bis
schmerzhaft reichen.


Alle Körperregionen können betroffen sein, vor
allem Arme und Beine und damit auch Füße und
Hände.


Die Palette an Empfindungsstörungen reicht von
Taubheit über Prickeln, wie bei Kohlensäure hin
zum Gefühl von Ameisen, die über die Haut laufen.


Am Rumpf ist häufig der breite Gürtel zu spüren,
den man um die Taille oder den Oberkörper zu
tragen meint, obwohl dort nichts ist.


Es gibt auch das Gefühl, als ob der eigene Körper
unter einer Schaumstoffschicht oder Watte liegt,
weil Druck nur noch gedämpft ankommt.


Beim Lhermitte-Zeichen fühlt es sich so an, als
ob elektrische Impulse durch den Körper laufen
vom Kopf beginnend die Arme und Beine hinab jedes
Mal, wenn Du den Kopf neigst. Das kann unangenehm
oder eklig sein, aber auch schmerzhaft.


Vielleicht meinst Du auch, dass ein Objekt, das
Du anfasst, heiß oder kalt ist, obwohl es eine
völlig normale Temperatur aufweist.


Oder bei Dir schießen Schmerzen ein, wenn Dich
jemand an bestimmten Stellen berührt. Das können
größere oder kleinere Hautareale sein.


Darüber hinaus gibt es sensorische
Missempfindungen, die Bewegungen, Vibrationen und
Lagerung Deines Körpers falsch wiedergeben. Diese
Störungen können sich negativ auf Deine
Bewegungen auswirken.


Ich selber habe Missempfindungen für einen Arm
und den dazugehörigen Quadranten vom Rumpf
erlebt. Es fühlte sich an, als ob ich eine dicke
Schaumstoffschicht hätte.


Das Gürtelgefühl um die Taille und eine generell
verminderte Empfindung am ganzen Körper habe ich
ebenfalls erlebt.


Und das Lhermitte-Zeichen war bei mir mehr
faszinierend eklig, als schmerzhaft. Alle
Symptome gingen nach mehreren Wochen bis Monaten
zurück.






Was kannst Du bei Sensibilitätsstörungen tun?






Zunächst solltest Du Deinen Neurologen
informieren, wenn die Missempfindung neu ist, da
sie Teil eines Schubes sein kann und weitere
Tests nötig sind, um das abzuklären.


Wenn Du die Symptome bereits aus der
Vergangenheit kennst, kommen temporäre Auslöser
in Frage. Leidest Du aktuell unter Stress? Ist
Dein Körper überhitzt (Fieber, hohe
Außentemperaturen, sportliche Aktivität)? In
diesem Fall können die Symptome abklingen, wenn
Du Dich entspannst und Deinen Körper auf
Normaltemperatur abkühlst.


Falls Du nach 24 Stunden immer noch das Gefühl
hast, dass es sich neu oder anders anfühlt, zum
Beispiel intensiver, kontaktiere Deinen
Neurologen oder wenn Du hast Deine MS-Schwester.
















Wie können Ergotherapie und Physiotherapie helfen?






Es gibt wirklich viele Möglichkeiten. Sprich
Deinen Neurologen an, wenn Ergo- oder
Physiotherapie für Dich in Frage kommen.






Ergotherapie






Falls Du weniger Reize aufnimmst, gibt es eine
Menge Möglichkeiten, Deine Nerven zu stimulieren
und zu trainieren.


Meist bist Du bei der Ergotherapie an der
richtigen Stelle. Bäder mit warmen oder kalten
Körnern oder Steinen können sehr angenehm sein
zum Greifen.


Bei einem Paraffinbad wird um Deine Hände oder
Füße ein mehrschichtiger Aufbau durch
wiederholtes Eintauchen gelegt und dadurch eine
angenehme Wärme bis in die Tiefe transportiert.


Das sind aber nur einige Beispiele aus einer
Vielzahl von Angeboten der Ergotherapie.






Physiotherapie






Die Physiotherapie konzentriert sich mehr auf
Deine Muskeln, das dazugehörige Bindegewebe und
die Dehnung.


Gezielte Übungen, Massagen und Bewegungsabläufe
können Dir helfen, Symptome schneller
loszuwerden. Oft sind die Übungen ohne Probleme
auch zuhause durchführbar oder benötigen nur
wenig Hilfsmittel.


Trainiere eigenständig weiter, dann erzielst Du
die besten Erfolge, sofern keine
Verletzungsgefahr besteht.


Vielleicht helfen Dir auch Wechselbäder oder eine
Eisbehandlung






Was kannst Du selber gegen Missempfindungen
unternehmen?






Bei Missempfindungen der Haut kannst Du selbst zu
einer Desensibilisierung beitragen. Probiere ein
bisschen herum. Lauf barfuß über verschiedene
Untergründe oder greife berühre mehrere Texturen,
je nachdem, welche Körperpartie betroffen ist.


In der warmen Jahreszeit eignet sich ein Ausflug
in die Natur. Sei es der Park um die Ecke, der
eigene Garten oder weiter weg. Steine, Erde,
Baumrinde, Metall, Wasser, Blätter, Nadeln von
Bäumen, kleine Zweige, Moos. Es gibt so viel bei
einem Spaziergang zum Fühlen und Berühren.


Oder Du nutzt die Gegenstände Deiner Wohnung:
Teppich, Holz, der Schuhabstreicher, Fliesen, ein
Handtuch, die Zacken der Gabel, verschiedene
Vasen, warmes Kerzenwachs, Wolle, Jeansstoff.


Sei kreativ, aber bitte verletz Dich nicht dabei.


Ein weiterer Aspekt ist die Entspannung.
Versuche, Deinen Körper und Deine Gefühle besser
wahrzunehmen. Meditation, Yoga, Pilates oder Tai
Chi können Dir dabei helfen.


Ich habe mir in Phasen mit Sensibilitätsstörungen
eher ruhige Sportarten und Bewegungen ausgesucht.
So vermied ich Verletzungen und setze meinen
Körper dennoch neuen Reizen aus. Ich spazierte
barfuß am Strand der Nordsee und versuchte, das
kalte Wasser und den Sand genau zu spüren. Auf
Joggen verzichtete ich. Ruhiges Yoga zog ich dem
Badminton vor.


Probiere auch Du herum und finde heraus, was Dir
hilft. Auf jeden Fall solltest Du nicht Deinen
ganzen Fokus auf die Missempfindungen richten,
das intensiviert sie nur. Versuche Dich, mit
schönen Erlebnissen abzulenken, sei es eine gute
Geschichte, Musik, Zeit mit Deinen Liebsten oder
ein Hobby.


Bei Einschlafproblemen kann Dir progressive
Muskelentspannung helfen. Ein Kurs erleichtert
Dir den Einstieg. Du kannst aber auch einfach ein
kostenloses Angebot nutzen.






Welche Medikamente gibt es gegen
Sensibilitätsstörungen?






Dein Neurologe weiß am besten, wann Medikamente
nötig und sinnvoll sind und wann nicht. Er ist
der Experte.


Häufig wird bei einem Schub, der nur
Missempfindungen auslöst, auf eine
Kortisonbehandlung verzichtet, wenn Du den Alltag
trotzdem bewältigen kannst.


Falls Du dauerhaft unter Schmerzen leidest,
werden oft Antidepressiva und Antiepileptika
genutzt.






Und was wenn Missempfindungen dauerhaft bleiben?






Dann sag den Menschen in Deiner Nähe, wenn Dir
Berührungen weh tun oder unangenehm sind. So
können sie darauf Rücksicht nehmen.


Und denk immer dran, du bestimmst, wo Deine
Aufmerksamkeit hingeht. Mehr Fokus bedeutet mehr
Schmerz oder Missempfindung. Versuche, den
Zustand zu akzeptieren, und dennoch weiterhin an
einer Desensibilisierung zu arbeiten. Richte
Deinen Blick auf das Gute und Schöne im Leben.
Ich weiß, dass es nicht immer leicht ist, aber je
mehr Du mit Meditation, Gedankenreisen und
Entspannungstechniken daran arbeitest, desto mehr
wird das Symptom in den Hintergrund treten.


Lachen hilft, aber auch das Versinken in etwas,
was Dich begeistert und Dir Freude bringt. Im
sogenannten Flow, wird alles andere nebensächlich
und verliert an Intensität und Bedeutung.


Falls möglich, vermeide die Auslöser für
Missempfindungen. Aber nimm keine ungesunden
Schonhaltungen ein. Und führe Bewegungsabläufe
weiterhin richtig aus.






Was ist die beste Prävention gegen
Empfindungsstörungen?






Das Du die zu Dir passende verlaufsmodifizierende
Therapie findest, die die MS zum Stillstand
bringt oder mindestens stark verlangsamt.


Außerdem kannst Du mit einer gesunden Lebensweise
viel zu einem sanften Verlauf beitragen. Ernähre
Dich ausgewogen. Beweg Dich regelmäßig. Trinke
wenig Alkohol. Achte auf eine stabile Psyche und
gehe Probleme an, die dort bestehen. Verzichte
möglichst auf Nikotin und andere Suchtstoffe. Und
suche Dir immer wieder neue geistige Anregungen.






Denkanstoß






Probier doch mal Eisbaden aus oder die milde
Variante in Form von kalten Duschen. Falls Kälte
ein Problem ist, dann nutze die sanfte Wärme von
Schlammpackungen, Biosaunen oder Thermalbädern.
Sei kreativ und finde Deinen Weg.






Frage an Dich






Hattest Du schon mal Empfindungsstörungen? Und
wenn ja, was hat Dir geholfen?







 







Bestmögliche Gesundheit wünscht Dir,


Nele


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