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Beschreibung
vor 2 Jahren
Gudrun hatte 2018 mit Carla Cederbaum über mathematische Konzepte
gesprochen, mit denen man z.B. den Schwerpunkt von Sternen
bestimmen kann. Im April 2022 trafen sich beide erneut zum
Gespräch - diesmal per Videokonferenz.
Carla ist inzwischen Professorin an der Uni Tübingen in der AG
Geometrische Analysis, Differentialgeometrie und
Relativitätstheorie und erhielt den Tübinger Preis für
Wissenschaftskommunikation des Jahres 2022. Seit 2021 arbeiten
Gudrun und Carla zusammen bei der Gestaltung der Zeitschrift
Mitteilungen der Deutschen Mathematiker Vereinigung (MDMV).
Gudrun ist 2021-24 als Herausgeberin verantwortlich für die
Inhalte und hat neben drei anderen Kolleginnen und Kollegen auch
Carla als Mitherausgeberin gewonnen.
Im Gespräch geht es um das Praxishandbuch zum Mentoring von
Frauen in der mathematischen Forschung, das unter der
Creative Commons Lizenz CC-BY-SA 4.0 allen Interessierten zur
Verfügung steht und an dessen Weiterentwicklung (auch aufgrund
der offenen Lizenz) alle mitarbeiten können.
Das Handbuch wurde von Carla Cederbaum, Sophia Jahns und Anna
Wienhard im Rahmen des Schwerpunktprogramms SPP2026 Geometrie im
Unendlichen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) verfasst
und basiert auf den Erfahrungen mit dem Math Mentring Programm an
der Universität Tübingen unter der Leitung von Carla einerseits
und dem UPSTREAM Mentoring Netzwerk an der Universität Heidelberg
unter der Leitung von Anna (und Michael Winckler) andererseits.
(*)
Mentoring gibt es heutzutage in vielen Zusammenhängen und kann
konkret sehr viel Unterschiedliches bedeuten.
Die Idee, ein spezielles Mentoring für Frauen an ihrem
Fachbereich in Tübingen anzubieten, erwuchs aus Carlas eigenen
Erfahrungen. Seit ihrem Studium in Freiburg erlebte sie, wie die
Tatsache, einer Minderheit im Fach anzugehören, Frauen auf
vielfältige Weise dabei behindert, sich in der Mathematik
kompetent und in der Fachkultur heimisch zu fühlen. Inzwischen
ist gut mit konkreten Zahlen belegt, dass beim Übergang von jeder
Entwicklungsstufe auf die nächste in der akademischen Laufbahn
mehr Frauen als Männer das Fach verlassen. D.h. bei jedem
Karriereschritt sinkt der Anteil von Frauen. So gehen Talente
verloren und das Fach Mathematik verliert als Ganzes. In vielen
Universitäten hat man das inzwischen als Problem erkannt, dem man
strukturell begegnen möchte, aber es gibt oft eine gewisse
Ratlosigkeit, wie das geschehen kann.
Carla und ihre Mitstreiterinnen sehen als einen Baustein in der
Lösung dieses Problems die Wichtigkeit des Austauschs unter
Frauen in einem geschützten Rahmen. Dies ist ein effektiver und
vergleichsweise kostengünsitger Ansatz. Es geht nicht darum,
Frauen zu einer Karriere in der Mathematik zu überreden, sondern
diejenigen zu finden und zu unterstützen, die Lust und Talent
dazu haben. Unterschiedliche Ausgangssituationen und fehlende
Privilegien können so abgemildert werden.
An der Duke University baute Carla erstmals Mentoring von und für
Frauen in der Mathematik auf, u.a. mit Ingrid Daubechies. Für
Tübingen hat sie daraus das Format übernommen, dass die Mentorin
der Mentee in der Regel eine Stufe in der Karriereleiter voraus
ist. So kann man sich noch recht einfach hineindenken, wie man
selbst noch vor kurzem gedacht und gearbeitet hat - außerdem ist
es ideal, wenn man selbst als Mentee in einem weiteren "Gespann"
die "andere Seite" des Mentorings erlebt. In jedem Fall ist es
hilfreich, wenn Mentorinnen eine Schulung oder zumindest eine
Handreichung bekommen, bevor sie diese Rolle übernehmen.
Im Handbuch ist erprobtes Material für die Schulung der
Mentorinnen zusammengetragen (inkl. aller möglicher Vorlagen für
Anschreiben, Aushänge etc.). Eine ausführliche und weiter
wachsende Literatursammlung zu Mentoring und Gender Studies
rundet das Material ab.
Die grundlegende Struktur des Mentorings ruht außerdem auf
folgenden Prinzipien:
Vertraulichkeit zwischen Mentor*in und Mentee geht in beide
Richtungen. Die Individualität der Mentee zu respektieren ist
oberstes Gebot. Regelmäßige Treffen von Mentor*in und Mentee
helfen, Vertrauen aufzubauen - möglichst bevor ernsthaftere
Probleme auftreten.
In Tübingen dauert die Mentorinnenschulung 1/2 Tag und
konzentriert sich auf die Frage: Was ist Mentoring und was nicht
und wie kann ich das konkret gestalten.
In einem ersten Teil der Schulung werden typische Argumente und
belegte Fakten erörtert, die für und gegen die Notwendigkeit der
Unterstützung von Frauen in der Mathematik sprechen. Dafür hat
sich das Format der Fishbowl-Diskussion zwischen zwei ausgelosten
Gruppen bewährt. Danach werden offenes und proaktives Zuhören
geübt und Antworten auf typische Mentoringfragen in
unterschiedlichen Karrierestufen gesammelt. Das geschieht in
3er-Gruppen mit den Rollen Mentee/Mentorin/Beobachterin. Jede
Gruppe zieht zufällig eine Vignette und spielt ein Gespräch zur
dort geschilderten Situation durch. Anschließend erfolgt jeweils
eine Besprechung dazu, wie die Personen die Gespräche in den
unterschiedlichen Rollen wahrgenommen haben, was gut funktioniert
hat und was vielleicht nicht so gut gelaufen ist. Danach werden
die Rollen getauscht.
Schließlich wird im dritten Teil der Schulung das erste Treffen
mit einer Mentee vorbereitet, um eventuelle Nervosität oder
Anspannung abzubauen. Man arbeitet in Paaren, um sich das erste
Treffen möglichst genau vorzustellen. Hierbei werden die Paare
von Schlüsselfragen geleitet. Auch werden Anlaufstellen für über
das Mentoring hinausgehende Fragestellungen vorgestellt.
Im Handbuch sind zu allen Teilen der Schulung viele Fallbeispiele
und Schlüsselfragen gesammelt. Daneben finden sich Vorlagen für
Werbung, Organisatorisches zu Treffen und zur
Kontaktaufnahme.
Es sind aber auch Verweise auf Ressourcen gesammelt, falls es
ernsthafte Probleme gibt, die im Mentoringgespräch nicht gelöst
werden können (wie z.B. Prüfungsangst, finanzielle Sorgen oder
eine psychische Krise). Es wird dafür sensibilisiert, wie man
erkennen kann, für welche Fragen man selbst eine kompetente
Ansprechperson ist und dass es im Mentoring nicht darum geht ein
"Mini-me" zu erziehen - nicht alles was für mich funktioniert
hat, ist auch für das Gegenüber gut. Deshalb ist es wichtig, die
Werte des Gegenübers herausfinden und dann die Zielsetzung der
gemeinsamen Zeit möglichst danach auszurichten.
Das Mentoring in Tübingen hat 2014/15 begonnen - der Übergang zur
Postdoc-Phase scheint vor Ort das größte Leck zu sein. Als Gründe
nennen die Mentees, dass eine akademische Laufbahn sich schwer
mit Familiengründung und Partnerschaft vertrage, wenn in der
Postdoc-Phase 2-3 längere Auslansdaufenthalte oder wenigstens
Wechsel zwischen deutschen Universitäten erwartet werden.
Gudrun hat für den Podcast mit drei Frauen gesprochen, die in
Tübingen am Mentoringprogramm teilgenommen haben und inzwischen
auf der nächsten Karrierestufe arbeiten. Das Gespräch mit
Polyxeni Spiloti ist schon veröffentlicht. Die Gespräche mit
Cornelia Vogel und Alix Richter folgen bald. Cornelia und Alix
waren als Studentinnen Mentees und haben sich jeweils für eine
Promotion entschieden, an der sie zur Zeit des Gespräches in
Tübingen bzw. Paderborn arbeiteten.
(*) Zusätzliche Förderung erhielt das Projekt durch die Duke
University, das Zukunftskonzept der Universität Tübingen (DFG,
ZUK 63) und durch das Athene-Mentoring Programm, Universität
Tübingen, die HGS MathComp am IWR Heidelberg, den
Exzellenzcluster STRUCTURES und die Research Station Geometry
& Dynamics der Universität Heidelberg.
Referenzen und weitere Informationen
C. Cederbaum: Wo liegt der Schwerpunkt eines Sternes?
Vortrag Faszination Astronomie Online vom 4. Februar 2021.
Mentoring Material
Podcasts
C. Cederbaum, G. Thäter: Sternenschwerpunkt, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 172, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2018.
P. Spilioti, G. Thaeter: Spectral Geometry, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 247, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2022.
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