Veränderungen des Lipoproteinprofils unter kurzzeitiger Mirtazapineinnahme bei gesunden Probanden

Veränderungen des Lipoproteinprofils unter kurzzeitiger Mirtazapineinnahme bei gesunden Probanden

Beschreibung

vor 11 Jahren
Mirtazapin ist ein noradrenerges und spezifisch serotonerges
Antidepressivum, das seit seiner Erstzulassung im Jahre 1996
routinemäßig zur Therapie von schweren depressiven Störungen
eingesetzt wird. Eine medikamentöse Behandlung mit Mirtazapin wird
in vielen Studien mit Störungen der Appetitregulation, einer
erheblichen Zunahme von Körpergewicht sowie
Lipidstoffwechselstörungen in Verbindung gebracht. Da es durch die
Einnahme von Mirtazapin meist zu einer erheblichen Gewichtszunahme
kommt, bleibt unklar, ob Lipidstoffwechselstörungen erst sekundär
durch die Gewichtszunahme entstehen oder primär als
Medikamentennebenwirkung auftreten. Bis dato wurde noch kein
gewichtsunabhängiger Effekt von Mirtazapin auf den
Lipidstoffwechsel beschrieben. Dies hat uns dazu veranlasst zu
prüfen, ob sich in einem hoch standardisierten Studiensetting in
Bezug auf Ernährung, Bewegung und Schlaf-Wach-Rhythmus bei
psychisch und körperlich gesunden Probanden durch eine 7-tägige
Gabe von 30 mg/d Mirtazapin systematische Veränderungen des
Lipoproteinprofils, des Körpergewichts, der Waist to Hip Ratio und
des Appetits ergeben. In einer Längsschnitterhebung mit mehreren
Messzeitpunkten wurde der Einfluss einer 7-tägigen oralen Einnahme
von 30 mg/d Mirtazapin auf den Fettstoffwechsel, das Körpergewicht,
die Waist to Hip Ratio sowie das Appetitempfinden von 12 gesunden,
kaukasischen, männlichen Probanden im Alter zwischen 20 und 25
Jahren überprüft. Um die Einflussgrößen der Ernährung und Bewegung
auf Fettstoffwechsel und Körpergewicht konstant zu halten, wurde
diese Studie in einem hochstandardisierten Studiensetting
durchgeführt. Die Datenerhebung erfolgte von Dezember 2008 bis
April 2010. Die 7-tägige Einnahme von Mirtazapin verursachte in
unserer Studienpopulation sowohl eine quantitative Veränderung des
Gesamtcholesterins als auch erhebliche qualitative Veränderungen
der einzelnen Lipidfraktionen. Das Gesamtcholesterin zeigte nach 7
Tagen eine statistisch signifikante Verminderung von 8%, das
LDL-Cholesterin verminderte sich um statistisch signifikante 9% und
das HDL-Cholesterin sank ebenfalls statistisch signifikant um 9%.
Die Triglyzeride zeigten einen statistisch signifikanten Anstieg
von 9%. Die Einzelverläufe der Lipidwerte zeigten in unserer
Studienpopulation einen insgesamt sehr homogenen Verlauf. Unter
Beibehaltung der standardisierten Diät der 3-wöchigen
Vorbereitungsphase kam es durch die 7-tägige Einnahme von 30mg/d
Mirtazapin zu einer statistisch signifikanten Abnahme des
Körpergewichts. Die Waist to Hip Ratio nahm zu, jedoch ohne
statistische Signifikanz. Hinsichtlich des subjektiven
Hungergefühls zeigte sich ein statistisch höchst signifikanter
Anstieg von 44% als akute Reaktion auf die Einnahme des
Studienpräparats innerhalb von 12 Stunden. Am 3. Tag erreichte das
Appetitempfinden ein Maximum, ebenso waren der Appetit auf süße
sowie auf fettige Speisen an Tag 3 gegenüber dem Baselinewert
statistisch signifikant erhöht. Insgesamt gesehen deuten die
Ergebnisse der vorliegenden Studie darauf hin, dass Mirtazapin zu
einer Konstellation der Blutfettwerte führt, wie sie häufig im
Rahmen des Typ 2 Diabetes mellitus beobachtet wird. Diese
Konstellation eines erniedrigten HDL-Cholesterins sowie erhöhten
Triglyzeridwerten scheint eine besonders aggressive
endothelschädigende Potenz an den Blutgefäßen zu haben.
Veränderungen des Lipoproteinprofils durch die Einnahme von
Mirtazapin ergeben sich in der vorliegenden Studie unabhängig von
Veränderungen des Körpergewichts. Dies steht im Gegensatz zu der
bisher gängigen Theorie, dass Störungen im Lipidstoffwechsel nicht
primär durch das Medikament, sondern eher durch die
pharmakainduzierte Gewichtszunahme verursacht werden. Ein
Erklärungsansatz hierfür könnte die, bisher nur in Zellkulturen
beobachtete, mirtazapininduzierte Aktivierung von SREBP
Transkriptionsfaktoren, die die Cholesterin- und
Fettsäurebiosynthese kontrollieren, sein. Durch ein besseres
Verständnis der Wirkmechanismen von Mirtazapin könnten die
Ergebnisse dieser Studie klinische Auswirkungen auf dessen
Anwendungsbereich haben. Bei bereits vorliegendem metabolischen
Syndrom sowie dessen Einzelkomponenten sollte bei der Behandlung
depressiver Sörungen von Medikamenten wie Mirtazapin, die sich
nachteilig auf das kardiovaskuläre Risikoprofil auswirken könnten,
möglicherweise besser abgesehen werden

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