Blutungskomplikationen bei Adenotomien und Tonsillektomien im Kindes- und Jugendalter

Blutungskomplikationen bei Adenotomien und Tonsillektomien im Kindes- und Jugendalter

Beschreibung

vor 11 Jahren
Im Jahr 2006 gaben die deutschen Fachgesellschaften eine Empfehlung
zur präoperativen Gerinnungsdiagnostik bei Kindern vor
Tonsillektomie und Adenotomie heraus, in welcher die Wichtigkeit
einer gezielten Anamneseerhebung hervorgehoben und die Bestimmung
von INR und PTT nur noch in Ausnahmefällen empfohlen wird, da die
gezielte Anamnese als Screening-Methode dem laborchemischen
Screening überlegen ist. Die vorliegende retrospektive
Umfragestudie befasst sich insbesondere mit dieser Empfehlung und
deren Umsetzung durch die niedergelassenen, bayerischen sowie
saarländischen HNO-Ärzte. Neben der Erhebung epidemiologischer
Daten wurden auch die jeweiligen Operationszahlen einschließlich
etwaiger Nachblutungen erfragt und ob – wenn ja mit welcher
Konsequenz – die Empfehlung umgesetzt wurde. Die erhobenen Daten
konnten somit auch dazu genutzt werden, die Nachblutungsraten nach
Mandeloperationen zu eruieren und etwaige Risikofaktoren
herauszuarbeiten. Insbesondere wurden auch die Daten zwischen den
Empfehlungsumsetzenden und Empfehlungsnichtumsetzenden
statistischen Analysen unterzogen und auf etwaige signifikante
Unterschiede hin untersucht. Zudem wurden die Daten aus Bayern mit
denen des Saarlandes verglichen. Von 82,4% der kontaktierten
HNO-Ärzte Bayerns (n=495/601) – respektive von 85,2% im Saarland
(n=46/54) – konnten verwertbare Antworten erlangt werden. Das
errechnete Durchschnittsalter liegt in Bayern bei etwas über 50
Jahren, im Saarland bei knapp 50 Jahren. Die Dichte an HNO-Ärzten
beträgt etwa fünf pro 100.000 Einwohner – in Bayern ist diese etwas
geringer als im Saarland. Die Anzahl operativ tätiger HNO-Ärzte pro
100.000 Einwohner hingegen ist im Saarland etwas geringer als in
Bayern und liegt bei 2,3 bzw. 2,6. Die Praxisstruktur wird geprägt
durch Einzelpraxen an erster Stelle, gefolgt von
Gemeinschaftspraxen. Insgesamt machen diese zwei Praxisarten etwa
95% aus. Operativ tätig sind etwas mehr als 50% der HNO-Ärzte im
Saarland und etwa zwei Drittel in Bayern. Meist sind diese als
Belegarzt tätig. Die Adenotomien werden mit Abstand am Häufigsten
durchgeführt, gefolgt von Tonsillektomien und Adenotonsillektomien.
Es fällt auf, dass die HNO-Ärzte in Unterfranken im Mittel am
meisten Mandeloperationen durchführen, was möglicherweise durch die
dort ebenfalls auffallende geringste Dichte an HNO-Ärzten bedingt
ist. Ein operativ tätiger HNO-Arzt in Bayern führt im Mittel etwa
116 Mandeloperationen pro Jahr durch, im Saarland etwa 143. Etwa
40% der operativ tätigen HNO-Ärzte in Bayern und dem Saarland gaben
keine Bedenken hinsichtlich der Umsetzung der Empfehlung zur
präoperativen Gerinnungsdiagnostik an. Konsequent umgesetzt wird
diese jedoch nur von 33% der operativ tätigen HNO-Ärzte in Bayern,
etwas häufiger als im Saarland. Beim Vergleich der
Nachblutungsraten nach Tonsillektomie sowie Adenotomie der die
Empfehlung Umsetzenden und Nichtumsetzenden zeigt sich in der
vorliegenden Untersuchung kein signifikanter Unterschied. Auch
innerhalb der verschiedenen Altersgruppen oder der verschiedenen
Gruppen der Anzahl pro Jahr durchgeführter Mandeloperationen
ergeben sich bei Tonsillektomie keine signifikanten Unterschiede
hinsichtlich der Nachblutungsrate zwischen den die Empfehlung
Umsetzenden und Nichtumsetzenden. Jedoch konnte in der vorliegenden
Arbeit beim Vergleich der Nachblutungsraten nach Tonsillektomie
bzw. Adenotomie mit der Anzahl der pro Jahr durchgeführten
Tonsillektomien bzw. Adenotomien ein hochsignifikanter Unterschied
zugunsten der mehr Operierenden nachgewiesen werden. Auch konnten
signifikante Unterschiede beim Vergleich der Nachblutungsraten
sowohl mit gewissen Altersbereichen als auch mit der operativen
Erfahrenheit nachgewiesen werden. Etwa zwei Drittel der die
Empfehlung umsetzenden HNO-Ärzte führen die Blutungsanamnese selbst
durch – das restliche Drittel lässt diese nur oder zusätzlich von
Ärzten anderer Fachrichtung durchführen. Die körperliche
Untersuchung wird in weniger als 10% der operativ tätigen HNO-Ärzte
vom HNO-Arzt selbst durchgeführt. Bei Auffälligkeiten in der
Blutungsanamnese bzw. der körperlichen Untersuchung führen in
Bayern 24% der operativ tätigen, die Empfehlung umsetzenden
HNO-Ärzte nur die bisher übliche Gerinnungsdiagnostik durch. Die
restlichen HNO-Ärzte führen eine erweiterte Gerinnungsdiagnostik
durch und/oder überweisen das Kind zwecks Abklärung zu einem Arzt
anderer Fachrichtung. Die sechs operativ tätigen, die Empfehlung
umsetzenden HNO-Ärzte im Saarland gaben an, bei Auffälligkeiten
stets eine erweiterte Gerinnungsdiagnostik und/oder Überweisung
durchzuführen. Etwa 90% der Nichtumsetzenden in Bayern gaben an,
bei jedem Kind die bisher übliche Gerinnungsdiagnostik mittels
Bestimmung der PTT und des INR durchzuführen. Nur knapp 5% der
Empfehlungsumsetzenden in Bayern respektive 17% (1 HNO-Arzt) im
Saarland gaben an, dass deren Erfahrung zufolge Kinder mit
relevanten Gerinnungsstörungen übersehen würden. Etwa 8% der die
Empfehlung nicht Umsetzenden in Bayern gaben an, dass deren
Erfahrung zufolge Kinder mit relevanten Gerinnungsstörungen
übersehen würden. Die Rate an Nachblutungen konnte in der
vorliegenden Arbeit in Bayern auf 1,8% nach Tonsillektomie, 0,30%
nach Adenotomie und 0,034% nach Tonsillotomie berechnet werden.

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