#128 - Was kannst Du bei MS-bedingten Sprech- und Schluckstörungen tun?

#128 - Was kannst Du bei MS-bedingten Sprech- und Schluckstörungen tun?

Schluck- und Sprechstörungen spielen meist eine untergeordnete Rolle in der Wahrnehmung von Patienten. Dabei treten Probleme mit dem Schlucken bei bis zu 40% und mit dem Sprechen bei circa 75% aller MS-Patienten im Laufe der Krankheit auf. In Folge...
30 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren













Schluck- und Sprechstörungen spielen
meist eine untergeordnete Rolle in der
Wahrnehmung von Patienten. Dabei treten
Probleme mit dem Schlucken bei bis zu 40%
und mit dem Sprechen bei circa 75% aller
MS-Patienten im Laufe der Krankheit auf.
In Folge #128 geht es darum, wie Du
erkennst, dass ein Problem besteht und
vor allem was Du dagegen unternehmen
kannst. Schließlich gehören Essen und
Trinken sowie die Unterhaltung mit
anderen Menschen zu den absoluten
Grundbedürfnissen. Ein Logopäde kann Dir
dabei helfen, das Schlucken oder auch
Sprechen wieder zu erlernen. Genaueres
erfährst Du im Beitrag.















Hier geht es zum Blogbeitrag:
https://ms-perspektive.de/was-kannst-du-bei-ms-bedingten-sprech-und-schluckstoerungen-tun/















Inhaltsverzeichnis





Wann treten Schluck- und
Sprechstörungen auf?




Wie äußern sich Schluck- und
Sprechstörungen bei Multipler
Sklerose?




Welche Auslöser führen zu Schluck-
und Sprechstörungen?




Welche Tests werden durchgeführt,
um die Diagnose zu stellen?




Auswirkungen von MS-bedingten
Schluck- und Sprechstörungen?




Was kannst Du selber bei Schluck-
und Sprechstörungen tun?




Wie kann Dir die Logopädie bei
MS-bedingten Schluck- und
Sprechstörungen helfen?




Gibt es Medikamente gegen Schluck-
und Sprechstörungen bei Multipler
Sklerose?




Welche Optionen stehen noch zur
Verfügung?




Was ist die beste Prävention gegen
Schluck- und Sprechstörungen bei
MS?




Denkanstoß




Linktipp




Frage an Dich


















Wann treten Schluck- und Sprechstörungen
auf?






Tendenziell spielen Sprech- und
Schluckstörungen oft erst im späteren
Verlauf eine Rolle. Ein leicht
verändertes Sprechen ist zunächst wenig
auffällig. Erst wenn die Kommunikation
stark in Mitleidenschaft gezogen wird,
leidet das Sozialleben und der
Handlungsdruck steigt. Generell treten
leichte bis schwere Sprechprobleme bei
bis zu 75% aller MS-Patienten auf.


Schluckstörungen führen vielleicht
schon eher zu einem Leidensdruck, da
häufiges Verschlucken mindestens
unangenehm und teilweise sogar
gefährlich ist. Mit einer Häufigkeit
von 30 bis 40% ist es jedoch weniger
weit verbreitet. Auch hier bezieht sich
die Zahl auf alle Schweregrade von
leicht bis stark.


Beide Symptome können, müssen aber
nicht, gemeinsam vorliegen. Es besteht
außerdem ein Zusammenhang mit
Bewegungsstörungen.






Wie äußern sich Schluck- und
Sprechstörungen bei Multipler Sklerose?




Sprechstörungen






Bei Sprechstörungen funktionieren die
zum Sprechen benötigten Muskeln und
Organe nicht mehr richtig. Die
Bandbreite reicht von minimal bis zur
absoluten Unverständlichkeit. Man
spricht von einer Dysarthrie, wenn
Lähmungen oder eine gestörte
Koordination der Sprechmuskulatur die
Lautbildung erschweren.


Falls zusätzlich noch Atmung, Resonanz
und Stimmerzeugung betroffen sind,
lautet der Fachbegriff Dysarthrophonie.
In jedem Fall wird die Kommunikation
erschwert, was meist zu weniger
Kontakten führt.
Konkrete Symptome:


zu leise oder laute Stimme bzw. zu
hohe oder zu tiefe Stimmlage

eine raue, heisere oder gepresste
Stimme

undeutliche, verwaschene Aussprache

zu langsames oder schnelles
Sprechen

eine monotone Sprechmelodie,
abgehacktes Sprechen, unangemessene
Sprechpausen

Tonhöhenschwankungen und -sprünge

Atemstörungen (Kurzatmigkeit,
Sprechen bei der Einatmung oder am Ende
der Ausatmung, ungleichmäßige Atmung,
etc.)



Gut zu wissen:
Wortschatz und Sprachverständnis sind
bei einer Sprechstörung nicht
beeinflusst.






Schluckstörungen






Bei einer neurogenen Schluckstörung,
auch Dysphagie genannt, funktioniert
das sonst recht automatisch ablaufende
Programm nicht mehr und Essen und
Trinken können zur Qual werden.
Typische Anzeichen sind:


häufiges Verschlucken

erhöhter Speichelfluss

Hustenreiz

eine belegte Stimme

wässrige, tränende Augen

eine verstärkte Verschleimung

Fieber

Mangelernährung und
Flüssigkeitsverlust

mögliche soziale Isolation, da beim
Verschlucken auch Nahrung aus Mund oder
Nase wieder austreten kann



Bei vielen Betroffenen gelangen
Nahrungsbestandteile in die Atemwege.
Die Hälfte aller Patienten hustet, die
andere Hälfte nicht. Denn auch dieser
Schutzreflex kann gestört sein.






Welche Auslöser führen zu Schluck- und
Sprechstörungen?






Am Schluckvorgang sind ca. 50
Muskelpaare und 5 Hirnnerven beteiligt.
Die fünf wichtigen beteiligten Nerven
sind der Trigeminus, der Facialis, der
Glossopharyngeus, der Vagus und der
Hypoglossus. Je nachdem, wo die
MS-Läsionen auftreten, funktionieren
sie nicht mehr richtig oder ihre sonst
völlig unbewusst ablaufende
Koordination. Da wir ungefähr einmal
pro Minute schlucken, macht das rund
1.000 Mal Schlucken pro Tag. Echt blöd,
wenn es nicht mehr richtig
funktioniert.


Auch bei Sprechstörungen können
einzelne Muskeln oder deren
Zusammenspiel gestört sein.


Wichtig:


Medikamente gegen Spastiken können
Sprechstörungen verschlechtern.
Vielleicht macht es Sinn, eine
geringere Dosis auszuprobieren und zu
testen, ob die Sprache dadurch wieder
deutlicher wird.






Welche Tests werden durchgeführt, um die
Diagnose zu stellen?






Bei Schluckbeschwerden werden neben
allgemeinen Beobachtungen, die am
Schluckvorgang beteiligten Organe
überprüft. Es wird geschaut, ob die
Sensibilität ausreichend vorhanden ist
und wie der Schluckversuch abläuft.
Nach Bedarf werden spezielle Endoskope
eingesetzt, um zu überprüfen, ob
Speichel, Essen oder Nahrung
versehentlich in die Luftwege gelangen.


Zur genauen Diagnostik bei
Sprechstörungen gehört ein Überprüfen
der Reflexe, der Lippenbewegungen, der
Atmung, des Kiefers, des Gaumensegels,
der Stimme, der Zunge und der
generellen Verständlichkeit. Außerdem
ist der Verlauf entscheidend, tritt
eine Besserung auf, bleibt alles gleich
oder wird es sogar schlechter?






Auswirkungen von MS-bedingten Schluck- und
Sprechstörungen?






Sprechstörungen erschweren die
Kommunikation mit anderen Menschen und
können zur Isolation führen.


Bei Schluckstörungen besteht die Gefahr
einer Mangelernährung, Dehydrierung und
Lungenentzündung.


Die Lebensqualität sinkt in beiden
Fällen deutlich. Daher lautet mein
Tipp. Sobald Du oder Dein Umfeld
Veränderungen wahrnehmen, solltest Du
Dir professionelle Hilfe holen.


Ganz konkret können Schluckbeschwerden
zu häufigen Husten- und
Erstickungsanfällen während dem Essen
und Trinken führen. Eventuell fließt
auch Nahrung in die Nase. Der
Speichelfluss kann erhöht sein. Auch
eine öfter auftretende „gurgelnde“
Stimme nach dem Essen oder ein
Fremdkörpergefühl beim Schlucken können
durch eine neurogene Schluckstörung
ausgelöst werden.


Eine große Gefahr ist die sogenannte
stille Aspiration. Nahrung oder
Getränke gelangen in die Luftwege und
bei 50% der Betroffenen passiert das
still, sprich ohne Hustenanfälle. Eine
Lungenentzündung kann die Folge sein,
ebenso Fieber.






Was kannst Du selber bei Schluck- und
Sprechstörungen tun?






Such Dir frühzeitig professionelle
Hilfe beim Logopäden und vermeide
dadurch negative Auswirkungen auf Deine
Gesundheit und Dein Sozialleben. Das
klare Ziel ist, dass Deine Sprache
besser verständlich wird und Du somit
wieder leichter mit anderen
kommunizieren kannst. Falls Deine
Atmung betroffen ist, wird sie
ebenfalls trainiert.


Bei Schluckproblemen geht es darum, das
eigentliche Schlucken zu verbessern,
damit Du regelmäßig und ausreichend
Nahrung und Flüssigkeit aufnehmen
kannst. Dem Verschlucken soll
vorgebeugt werden.


Nutze die erlernten Techniken und
Übungen auch privat. Und Lasse auch all
Deine anderen MS-Symptome wie Fatigue,
Tremor oder Spastiken behandeln.
Multiple Sklerose ist eine komplexe
Erkrankung, die einer ebenso
umfassenden Behandlung bedarf.






Konkrete Tipps bei Schluckbeschwerden






Sitze aufrecht und mit erhobenem Kopf.


Iss wenig Süßspeisen und Milchprodukte,
sie regen den Speichelfluss an.


Lass Dir Zeit beim Essen, Trinken und
Sprechen. Kurze Pausen, gutes Kauen und
kleine Bissen sind gesünder und führen
zu weniger Problemen.


Nutze Verdickungsmittel. Sie können Dir
helfen, Flüssigkeiten ohne Verschlucken
zu trinken.


Beachte die Konsistenz, sie ist ein
entscheidender Faktor. Vermeide
Nahrungsmittel, die trocken, klein,
körnig, zäh, reizend oder scharf sind.
Sie erhöhen die Gefahr von
Schluckbeschwerden.


Verzichte auf Kräuter, Fasern und
Garnituren und auf Mischkost.


Ein feiner, homogener, nicht klebriger
Brei ist ideal, ebenso weiche Speisen.


Lass beim Trinken den Kopf nahe der
Brust, statt ihn nach hinten zu beugen.


Bleib nach dem Essen noch mindesten 20
Minuten sitzen und führe anschließend
eine gründliche Mundpflege durch. Damit
keine kleinen Speisereste zum späteren
Verschlucken führen.






Wie kann Dir die Logopädie bei MS-bedingten
Schluck- und Sprechstörungen helfen?




Sprechstörungen






Bei Sprechstörungen steht die
Verhaltensänderung an oberster Stelle.
Du trainierst Deine
Sprechgeschwindigkeit, Deine Stimmlage
und Deine Körperhaltung, aber auch die
Lautbildung. Außerdem wird Dir
beigebracht, kurze Sätze zu verwenden.


Anfangs geht es darum, dass Du Deine
Defizite bewusst wahrnimmst, um
anschließend gezielt an ihnen zu
arbeiten. Dabei wird die Beweglichkeit
Deiner Sprechorgane trainiert, also von
Zunge, Lippen und Unterkiefer und deren
Bewegungen.


Wusstest Du, dass beim Sprechen ca. 100
Muskeln aktiv sind? All diese Muskeln
können gekräftigt und mobilisiert
werden. Dabei kommt der Atmung eine
besondere Rolle zu, denn ohne genug
Puste, klappt Sprache einfach nicht.


Vielleicht spricht Dich eine
Gruppentherapie an. Dort kannst Du Dich
mit Gleichgesinnten austauschen und vor
allem lernen zu argumentieren und zu
diskutieren. Egal ob Du eine bestimmte
Rolle einnimmst, die Kommunikation
zeitweise leitest oder Deine Krankheit
verarbeitest, am Ende trainierst Du den
Austausch mit anderen und das ist sehr
gut.


Falls die Problematik bei Dir besonders
fortgeschritten ist, übt der Logopäde
die nonverbale Kommunikation mit Dir,
sprich Mimik und Gestik. Darüber hinaus
kommen technische
Unterstützungsmöglichkeiten hinzu, wie
schriftbasierte Kommunikationsmittel,
Sprachverstärker oder Sprachcomputer
bzw. verschiedene Apps. Natürlich
können Dir Hilfsmittel nur nutzen, wenn
Du sie akzeptiert und als Unterstützung
verstehst.






Schluckstörungen






Die konkrete Schlucktherapie hängt von
der genauen Ursache ab. So kannst Du
Übungen für Zunge und Lippen nutzen
oder Dein Schluckreflex bewusst
stimuliert werden. Eine aufrechte
Sitzposition und Kopfhaltung sowie ganz
bewusstes, teils erneutes Schlucken und
Nachräuspern können ebenfalls hilfreich
sein.


Hinzukommen Stimm-, Sprech- und
Atemübungen, die nicht nur beim
Sprechen helfen, sondern auch das
bessere Schlucken fördern.






Anmerkung






Heutzutage gibt es eine Vielzahl an
Therapieoptionen, um die MS zu bremsen
oder zu stoppen, dass so starke
Symptome immer unwahrscheinlicher
werden. Aber natürlich gibt es auch
MS-Patienten, die schon sehr lange mit
der Diagnose leben und keine oder erst
sehr verspätet Therapiezugang erhalten
oder sich bewusst dagegen entschieden
haben. Für diese Menschen ist es gut,
dass es eine Vielzahl an
Unterstützungen gibt.






Gibt es Medikamente gegen Schluck- und
Sprechstörungen bei Multipler Sklerose?






Wenn eine sehr starke Sprechstörung
vorliegt und die Logopädie nicht zur
gewünschten Besserung führt, kann
Fampridin ausprobiert werden.


Bei einer zu hohen Speichelproduktion,
hilft womöglich eine Injektion mit
Botulinumtoxin in die Speicheldrüsen.


Wie immer gilt, sprich Deinen
Neurologen an. Er kann Dich beraten,
welche Option in Frage kommt und einen
Versuch lohnt.






Welche Optionen stehen noch zur Verfügung?






Wenn die Logopädie allein nicht
ausreicht, um schwere Schluckstörungen
zu verbessern, kann eine
Elektrostimulation der Rachenmuskulatur
ausprobiert werden. Und bei besonders
schweren Fällen von Mangelernährung
oder wenn immer wieder Essen in die
Lunge gelangt, kann eine Magensonde
dauerhaft oder temporär für Abhilfe
sorgen.






Was ist die beste Prävention gegen Schluck-
und Sprechstörungen bei MS?






Das Du eine wirksame
verlaufsmodifizierende Therapie hast
und mit Deinem Lebenswandel positiv
Einfluss nimmst. Es gibt mittlerweile
für alle Arten der MS Therapieoptionen.
Egal ob Du eine milde, aktive oder gar
hochaktive MS hast, ob Du im
schubförmigen oder progredienten
Verlauf bist.


Lass Dich beraten. Am besten von einem
auf Multiple Sklerose spezialisierten
Arzt. Und sei Dir bewusst, dass Du in
jeder Lebenssituation und passend zu
Deinem Beruf oder Deinen
Freizeitaktivitäten eine geeignete
Therapie wählen kannst. Spritzen,
Tabletten, Infusionen – fast immer
stehen mehrere Optionen zur Auswahl.
Und denk dran, Nebenwirkungen sind zwar
nicht schön, aber eine fortschreitende
MS bedeutet meist deutlich
gravierendere und zum Teil unumkehrbare
Auswirkungen.


Also verringere selbst Risikofaktoren,
indem Du auf Tabakkonsum verzichtest
und nur wenig Alkohol trinkst. Ernähre
Dich ausgewogen und bewege Dich
regelmäßig, am besten an der frischen
Luft. Dann hast Du bereits ganz viel
positiv beigetragen.
















Denkanstoß






Hast Du ab und an leichte Probleme beim
Schlucken oder Sprechen, die Du früher
nicht hattest, dann lass es doch
einfach mal bei einem Fachkundigen, sei
es Dein Neurologe oder ein Logopäde
überprüfen. Fast immer gilt, dass ein
frühes Entgegenwirken zur besseren
Prognose führt.






Linktipp






Wenn Du gerne noch mehr über Schluck-
und Sprechstörungen lernen möchtest,
dann empfehle ich Dir den
Beitrag „Alles rund um
Schluck-und
Sprechstörungen“ der
Schweizerischen Multiple Sklerose
Gesellschaft. Dort findest Du auch drei
weiterführende Links.






Frage an Dich






Hast Du schon mal Probleme mit dem
Schlucken oder Sprechen gehabt? Und
bestand eventuell ein Zusammenhang mit
der Multiplen Sklerose?







 







Bestmögliche Gesundheit wünscht
Dir,
Nele


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