Finite Volumen

Finite Volumen

Modellansatz 122
47 Minuten
Podcast
Podcaster

Beschreibung

vor 7 Jahren

Das Gespräch mit Susanne Höllbacher von der Simulationsgruppe an
der Frankfurter Goethe-Universität war ein Novum in unserer
Podcastgeschichte. Das erste mal hatte sich eine Hörerin
gemeldet, die unser Interesse an Partikeln in Strömungen teilte,
was sofort den Impuls in Gudrun auslöste, sie zu einem
Podcastgespräch zu diesem Thema einzuladen.


Susanne hat in der Arbeitsgruppe von Gabriel Wittum in Frankfurt
promoviert. Dort werden Finite-Volumen-Verfahren zur Lösung von
Partiellen Differentialgleichungen benutzt. Das Verfahren
betrifft hier insbesondere die räumliche Diskretisierung: Das
Rechengebiet wird in Kontrollvolumen aufgeteilt, in denen durch
das Verfahren sichergestellt wird, dass bestimmte Größen erhalten
bleiben (z.B. die Masse). Diese Verfahren stammen aus dem Umfeld
hyperbolischer Probleme, die vor allem als Erhaltungsgesetze
modelliert sind. Diese Gleichungen haben die Eigenschaft, dass
Fehler nicht automatisch geglättet werden und abklingen sondern
potentiell aufgeschaukelt werden können.


Trotzdem ist es möglich, diese numerischen Verfahren ähnlich wie
Finite-Elemente-Verfahren als Variationsprobleme zu formulieren
und die beiden Familien in der Analyse etwas näher zusammenrücken
zu lassen. Gemeinsam ist ihnen ja ohnehin, dass sie auf große
Gleichungssysteme führen, die anschließend gelöst werden müssen.
Hier ist eine billige und doch wirkungsvolle Vorkonditionierung
entscheidend für die Effizienz und sogar dafür, ob die Lösungen
durch das numerische Verfahren überhaupt gefunden werden. Hier
hilft es, schon auf Modell-Ebene die Eigenschaften des diskreten
Systems zu berücksichtigen, da ein konsistentes Modell bereits
als guter Vorkonditionierer fungiert.


Das Promotionsprojekt von Susanne war es, eine Methode zur
direkten numerischen Simulation (DNS) von Partikeln in Fluiden
auf Basis eines finite Volumen-Verfahrens zu entwickeln. Eine
grundsätzliche Frage ist dabei, wie man die Partikel darstellen
möchte und kann, die ja winzige Festkörper sind und sich anders
als die Strömung verhalten. Sie folgen anderen physikalischen
Gesetzen und man ist geneigt, sie als Kräfte in die Strömung zu
integrieren. Susanne hat die Partikel jedoch als Teil des Fluides
modelliert, indem die Partikel als finite (und nicht
infinitesimal kleine) Volumen mit zusätzlicher Rotation als
Freiheitsgrad in die diskreten Gleichungen integriert werden.
Damit fügen sich die Modelle für die Partikel natürlich und
konsistent in das diskrete System für die Strömung ein.
Vorhandene Symmetrien bleiben erhalten und ebenso die Kopplung
der Kräfte zwischen Fluid und Partikel ist gewährleistet. Die
Nebenbedingungen an das System werden so formuliert, dass eine
Sattelpunkt-Formulierung vermieden wird. Die grundlegende
Strategie dabei ist, die externen Kräfte, welche bedingt durch
die Partikel und deren Ränder wirken, direkt in die
Funktionenräume des zugrundeliegenden Operators zu integrieren.


In biologischen Systemen mit hoher Viskotität des Fluides
fungiert die Wirkung der Partikel auf das Fluid als
Informationstransport zwischen den Partikeln und ist sehr
wichtig.


In der Umsetzung dieser Idee verhielten sich die Simulationen des
Geschwindigkeitsfeldes sehr gutartig, aber Susanne beobachtete
Oszillationen im Druck. Da sie sich nicht physikalisch erklären
ließen, musste es sich um numerische Artekfakte handeln. Bei
näherem Hinsehen zeigte sich, dass es vor allem daran lag, dass
die Richtungen von Kraftwirkungen auf dem Rand der Partikel im
diskreten System nicht sinnvoll approximiert wurden. In den
berechneten Lösungen für das Geschwindigkeitsfeld hat sich dies
kaum messbar niedergeschlagen. Im Druck zeigte sich jedoch, dass
es sich lohnt, hier das numerische Verfahren zu ändern, so dass
die Normalenrichtungen auf dem Rand jeweils korrekt sind.
Mathematisch heißt das, dass die Ansatzfunktionen so geändert
werden, dass deren Freiheitsgrade auf dem Rand liegen. Der
Aufwand dafür ist vergleichsweise gering und die Resultate sind
überzeugend. Die Oszillationen verschwinden komplett.


Der Nachweis der Stabilität des entstehenden Gleichungssystems
lässt sich über die inf-sup-Bedingung des orginalen Verfahrens
erbringen, da die Konstruktion den Raum in der passenden Weise
erweitert.

Literatur und weiterführende Informationen

S. V. Apte, M. Martin, N. A. Patankar: A numerical method for
fully resolved simulation (FRS) of rigid particle–flow
interactions in complex flows, Journal of Computational Physics
228, S. 2712–2738, 2009.

R. E. Bank, D. J. Rose: Some Error Estimates for the Box
Method, SIAM Journal on Numerical Analysis 24, S. 777–787, 1987.

Glowinski, R.: Finite element methods for incompressible
viscous flow, P. G. Ciarlet, J. L. Lions (Eds.), Handbook of
Numerical Analysis IX (North-Holland, Amsterdam), S. 3–1176,
2003.

Strang, G.: Wissenschaftlisches Rechnen, Springer-Verlag
Berlin Heidelberg, 2010.

A. Vogel, S. Reiter, M. Rupp, A. Naegel, G. Wittum: UG 4: A
novel flexible software system for simulating PDE based models on
high performance computers, Computing and Visualization in
Science 16, S. 165–179, 2013.

G. J. Wagner, N. Moes, W. K. Liu, T. Belytschko: The extended
finite element method for rigid particles in Stokes flow,
International Journal for Numerical Methods in Engineering 51, S.
293–313, 2001.

D. Wan, S. Turek: Fictitious boundary and moving mesh methods
for the numerical simulation of rigid particulate flows, Journal
of Computational Physics 222, S. 28–56, 2007.

P. Wessling: Principles of Computational Fluid Dynamics,
Springer, Series in Computational Mathematics, 2001.

J. Xu, Q. Zou: Analysis of linear and quadratic simplicial
finite volume methods for elliptic equations, Numerische
Mathematik 111, S. 469–492, 2009.

X. Ye: On the Relationship Between Finite Volume and Finite
Element Methods Applied to the Stokes Equations, Numerical
Methods for Partial Differential Equations 17, S. 440–453, 2001.


Podcasts

T. Henn: Partikelströmungen, Gespräch mit G. Thäter im
Modellansatz Podcast, Folge 115, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016.
http://modellansatz.de/partikelstroemungen

L.L.X. Augusto: Filters, Gespräch mit G. Thäter im
Modellansatz Podcast, Folge 112, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016.
http://modellansatz.de/filters

L. Adlung: Systembiologie, Gespräch mit G. Thäter und S.
Ritterbusch im Modellansatz Podcast, Folge 39, Fakultät für
Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2014.
http://modellansatz.de/systembiologie

Weitere Episoden

Wahlmodelle
16 Minuten
vor 2 Monaten
Podcast Lehre
1 Stunde 42 Minuten
vor 6 Monaten
Instandhaltung
50 Minuten
vor 1 Jahr
CSE
42 Minuten
vor 1 Jahr
Mentoring
35 Minuten
vor 1 Jahr
15
15
:
: