Die Wirkung von Bradykinin auf die zerebrale Mikrozirkulation

Die Wirkung von Bradykinin auf die zerebrale Mikrozirkulation

Beschreibung

vor 16 Jahren
In der vorliegenden Arbeit wurde die Wirkung von Bradykinin auf die
zerebrale Mikrozirkulation untersucht. Von besonderer Bedeutung war
hierbei die Beurteilung der Interaktion von Leukozyten und
Thrombozyten mit dem Gefäßendothel. Die verschiedenen Schritte der
Leukozyten Aktivierung wurden bei vielen verschiedenen
Krankheitsbildern nachgewiesen und tragen durch eine Verstärkung
einer initialen Entzündungsreaktion zu einer zusätzlichen
Schädigung des Gewebes bei. Zunehmend gibt es auch Hinweise für
eine Beteiligung der Thrombozyten an der sekundären
Gewebsschädigung z.B. nach Ischämie und Reperfusion
unterschiedlicher Organsysteme. Die einzelnen Mechanismen, die zur
Initiierung von Leukozyten und Thrombozy-ten Endothelinterkationen
führen sind nur unzureichend verstanden. Untersuchungen an
unterschiedli-chen Organen und bei unterschiedlichen
Krankheitsbildern weisen auf eine Rolle des Kallikrein Kinin
Systems bei der Aktivierung von Leukozyten hin. Die genauen Abläufe
und die verantwortlichen Re-zeptoren des Kallikrein Kinin Systems
wurden in der zerebralen Mikrozirkulation bisher nicht unter-sucht.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war deshalb, die Wirkung von
Bradykinin auf die zerebrale Mikrozirkulation und die dafür
verantwortlichen Rezeptoren in einem in vivo Modell mit Hilfe der
Fluoreszenz Intravitalmikroskopie zu untersuchen. Die Beurteilung
der Mirkozirkulation sollte dabei in vivo erfolgen mit Zuhilfenahme
der Histologie zur Beurteilung einer möglichen Extravasation von
Leukozyten in das Hirnparenchym. Zur Durchführung der
Untersuchungen wurde erstmals eine Methode zur Fluoreszenzfärbung
von Thrombozyten in der Mongolischen Wüstenrennmaus etabliert. Dies
ermöglichte in dem bereits etab-lierten Tiermodell des
geschlossenen Schädelfensters die Untersuchung der einzelnen
Schritte der Thrombozyten Endothelinteraktion in vivo. Zur Färbung
der Thrombozyten war deren Isolation nötig, wobei die
Aufrechterhaltung der Funktion der Thrombozyten in vitro und in
vivo nachgewiesen wur-de. In dem verwendeten Modell war somit die
Beurteilung von Leukozyten und Thrombozy-ten Endothelinteraktionen,
arteriellen und venösen Gefäßdurchmessern, der funktionellen
Kapillar-dichte, der mikrovaskulären Durchblutung und der Störung
der Blut Hirnschranke möglich. Um eine mögliche Rolle des
Kallikrein Kinin Systems bei pathologischen Vorgängen der
zerebralen Mikrozirkulation zu untersuchen, erfolgte die
intravasale Applikation von Bradykinin in verschiede-nen
Konzentrationen über einen Zeitraum von 30 Minuten in die A.
carotis interna. Während der Bradykinin Infusion kam es zu einem
dosisabhängigen Abfall des Blutdrucks sowie der mikrovaskulären
Durchblutung. Diese Werte erholten sich nach Ende der Infusion
wieder und erreich-ten teilweise das Ausgangsniveau. Als möglicher
Mechanismus für den Abfall des Blutdrucks und der Durchblutung
kommt eine systemische Vasodilatation in Frage. Eine Veränderung
der zerebralen Ge-fäßdurchmesser konnte nicht festgestellt werden.
Die Blockade des Kinin B2 Rezeptors führte zu einer Verringerung
des Blutdruckabfalls während der Bradykinin Infusion sowie zu einem
höheren Anstieg des Blutdrucks bis zum Ende des
Beobachtungszeitraums. Außerdem führte die Kinin B2 Rezep-tor
Blockade zu einer geringeren Reduktion der mikrovaskulären
Durchblutung während der Bradyki-nin Infusion. Im Gegensatz dazu
führte die Blockade des Kinin B1 Rezeptors zu einer ausgeprägteren
Reduktion der mikrovaskulären Durchblutung während der Infusion
sowie am Ende des Beobach-tungszeitraums. Bradykinin induziert
einen dosisabhängigen Anstieg der Anzahl rollender und adhärenter
Leukozyten. Die Anzahl rollender Leukozyten nahm bis zum Ende des
Beobachtungszeitraums stetig zu, die An-zahl adhärenter Leukozyten
erreichte den Höchstwert eine Stunde nach Ende der Bradykinin
Infusion. Analog zu den Untersuchungen aus der
Intravitalmikroskopie fand sich in der histologischen Untersu-chung
mit Hilfe der Esterase Färbung eine erhöhte Anzahl von Leukozyten
im Hirnparenchym. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Bradykinin
Leukozyten Endothelinteraktionen initiieren kann und an allen
Schritten der Aktivierung bis zur Emigration in das Gewebe
beteiligt ist. Diese Vorgänge schei-nen durch den Kinin B2 Rezeptor
vermittelt zu werden, da eine Blockade desselben die Leukozy-ten
Aktivierung verringern konnte. Die Blockade des Kinin B1 Rezeptors
führte zu keiner signifikan-ten Veränderung der Leukozyten
Endothelinteraktionen. Analog zur Wirkung auf die Leukozyten
Endothelinteraktion führte Bradykinin zu einer Initiierung von
Thrombozyten Endothelinteraktionen. Allerdings konnte lediglich
eine erhöhte Anzahl rollender Thrombozyten beobachtet werden,
adhärente Thrombozyten wurden nicht beobachtet. Eine mögliche
Erklärung bieten Untersuchungen, die zeigen konnten, dass
Bradykinin eine Thrombozy-ten Aktivierung hemmen kann. Da diese für
die Adhärenz der Zellen am Gefäßendothel nötig ist, kann Bradykinin
zwar durch Hochregulation endothelialer Adhäsionsmoleküle ein
Rollen der Zellen am Endothel bewirken, jedoch eine feste Adhärenz
verhindern. Wie bereits bei den Leukozy-ten Endothelinteraktionen
führte die Gabe des Kinin B2 Rezeptorantagonisten zu einer
Verringerung der rollenden Thrombozyten. Die funktionelle
Kapillardichte änderte sich durch Infusion von Bradykinin ohne
Rezeptorantagonisie-rung nur vorübergehend. Allerdings führte eine
Blockade des Kinin B1 Rezeptors zu einem stetigen Abfall der
funktionellen Kapillardichte bis zum Ende des
Beobachtungszeitraums. Die verantwortli-chen Mechanismen sind dabei
unklar, eine erhöhte Anzahl von adhärenten Leukozyten oder ein
Ver-schluss der untersuchten Gefäßabschnitte durch
Thrombozytenaggregate konnte nicht beobachtet wer-den. Insgesamt
weisen die vorgestellten Versuche auf eine Beteiligung des
Kallkrein Kinin Systems bei der Aktivierung von Leukozyten und
Thrombozyten in der zerebralen Mikrozirkulation hin. Dieser
Me-chanismus scheint durch den Kinin B2 Rezeptor vermittelt zu
werden und wird möglicherweise durch eine Hochregulation
endothelialer Adhäsionsmoleküle vermittelt. Die Aktivierung des
Kinin B1 Re-zeptors könnte eine protektive Wirkung gegen die
Mangelperfusion von Kapillaren mit Abnahme der nutritiven
Durchblutung haben. Diese Ergebnisse bieten eine mögliche Erklärung
für den protektiven Effekt von Kinin B2 Rezeptoran-tagonisten in
unterschiedlichen Modellen zerebraler Insulte. Eine protektive
Wirkung des Kinin B1 Rezeptors wurde häufig postuliert, es gibt
jedoch bisher wenige Untersuchung zur Wirkung von Kinin B1
Rezeptoragonisten bei pathologischen Prozessen des Gehirns. Die
vorliegenden Ergebnisse können die Grundlage für weitere
Untersuchungen zu Veränderungen der Mikrozirkulation bei
verschiedenen Krankheitsbildern des zentralen Nervensystems bilden.
Nur eine genaue Kenntnis der komplexen und multifaktoriellen
pathophysiologischen Prozesse wird eine effektive Therapie dieser
Erkrankungen ermöglichen.

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