„Wissenschaft dürfen sich nicht zu Empfehlungen hinreißen lassen“

„Wissenschaft dürfen sich nicht zu Empfehlungen hinreißen lassen“

26 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren
Was sind wissenschaftliche Erkenntnisse wert? Wie kann es sein,
dass sie sich wie in der Corona-Epidemie teilweise von einem Tag
auf den anderen ändern? Und was kann man als Laie jetzt glauben?
Das sind die Fragen, die Uni-Präsident Dieter Lenzen und
Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider in der zweiten Folge des
gemeinsamen Podcasts „Wie jetzt?“ nachgehen. „Bei Corona ist das
ganz einfach zu erklären: Weil es an die Wissenschaft die Erwartung
gibt, dass sie schnell Erkenntnisse über das Virus liefert, sind
diese eben teilweise auch schnell wieder überholt“, so Lenzen. Es
sei ganz normal, dass man nicht alles auf einmal wissen könne, dass
neue Untersuchungen zu neuen Erkenntnissen führen. „Das Problem
ist, zu welchen Empfehlungen sich Wissenschaftler angesichts ihrer
Studien hinreißen lassen“, sagt Lenzen. Wissenschaftler dürften
Politikern die Entscheidungen nicht abnehmen, die Verantwortung
müsse immer bei den gewählten Volksvertretern liegen. Denn sonst
bestünde die Gefahr, dass die persönliche Einstellung eines
Wissenschaftlers zu einer Frage – in der Coronakrise etwa, ob die
Schulen geschlossen bleiben oder nicht – dessen Empfehlung
beeinflussen könnte. „In dem Moment, in dem ein Virologe sagt, dass
die Schulen aus seiner Sicht wieder geöffnet werden dürfen, spricht
er nicht mehr als Wissenschaftler, sondern als Politiker“, sagt
Dieter Lenzen. „Das darf nicht sein.“ Ob ein Wissenschaftler gut
ist, ob seine Studienergebnisse richtig sind, könne man immer nur
mit einem zeitlichen Verzug beurteilen, wenn überhaupt: „Die letzte
Wahrheit gibt es nicht“, so Lenzen. Wobei Wissenschaft sowieso
anders funktioniere, nämlich nach der Unwahrheit suche:
„Wissenschaftler schließen ständig aus, was nicht der Fall sein
kann.“ Und dabei befänden sie sich in einem Wettbewerb, der gewollt
sei, und in dem ein Wissenschaftler dem anderen nachweisen will,
dass er mit seinen Erkenntnissen vielleicht doch nicht richtig
liegt: „Forschung ist ein Fortsetzungsroman.“

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