Hören und Antworten. Eine Kritik der Resonanzverhältnisse - Vortrag von Hartmut Rosa

Hören und Antworten. Eine Kritik der Resonanzverhältnisse - Vortrag von Hartmut Rosa

1 Stunde 4 Minuten
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Beschreibung

vor 6 Jahren
**„Hören und Antworten. Eine Kritik der
Resonanzverhältnisse“**

Nur wer mit einer eigenen Stimme spricht, kann in Resonanz zur Welt
treten, sagt der Soziologe **Hartmut Rosa**. Was aber ist, wenn
Menschen sich nicht mehr offen zuhören und die gemeinsame Welt als
gleichgültig oder sogar feindlich wahrnehmen? In seinem Vortrag an
der Uni Kassel spricht Rosa über Entfremdung in unserer
Gesellschaft und was das mit Trump, der AfD und Echo-Räumen zu tun
hat.

Der Vortrag von Hartmut Rosa fand am 29. November 2016 an der
Universität Kassel statt,
im Rahmen der Ringvorlesung *„Das soziale Band der
Gegenwartsgesellschaft“*:

Wie verbinden wir uns miteinander in der Welt von heute? Über
soziale Medien haben wir
augenscheinlich immer mehr Möglichkeiten, mit anderen in Kontakt zu
treten. Die
rechnerische Verwaltung großer Datenmengen erlaubt es, immer
genauer zu bestimmen,
was bei den Einzelnen der Fall ist. Wir interagieren immer
selbstverständlicher mit
intelligenten Maschinen, die dadurch unentwegt selbst lernen, sich
auf neue Situationen
einzustellen. Wir spielen mit Apps, mit denen man über Bilder auf
begehrenswerte Partner
jeden Geschlechts in der näheren Umgebung aufmerksam wird.
Gleichzeitig steigt der Bedarf
nach Gemeinschaft, orientiert sich aber häufig eher am situativen
Erleben und wird als Event
konsumiert. Zuschauersportarten wie Fußball, Eishockey oder Tennis
größeren Zuspruch
denn je. Stand-Up-Comedians füllen Hallen, die Popmusik entwickelt
immer neue Genres mit
intimen Kenntnissen von Effekten und Historien, die Pop-Präferenzen
zeigen sich in enorm
differenzierten Szenen mit stillen Zeichen und impliziten
Verpflichtungen. Schließlich
verkörpert eine globale Ikone wie Papst Franziskus die
sozialmoralische Sensibilität selbst für
Nicht-Christen. Wie hängt das alles zusammen?
Von Emile Durkheim, der mit Büchern über die sozialen Determinanten
des Selbstmords und
die Netzwerkeffekte der Arbeitsteilung im Umbruch vom 19. zum 20.
Jahrhundert die
Soziologie als Wissenschaft mitbegründet hat, stammt die
vielstimmige Metapher des
sozialen Bandes. Durkheim hatte keine Untergangslust. Für ihn war
die Menschen in der
modernen Gesellschaft mit Individualismus, Korporatismus und
Industrialismus viel fester
und zugleich viel elastischer miteinander verbunden als in den
vormodernen Gesellschaften
mit feudalen Abhängigkeiten, ländlichen Gemeinschaften und in sich
abgeschlossenen
Manufakturen.
Wir wollen mit dieser Ringvorlesung die Metapher von Durkheim für
unsere gegenwärtigen
Gesellschaftserfahrungen aufgreifen. Wir vergesellschaften uns
offenbar auf ganz neue und
ganz alte Weisen zugleich. Das soziale Band der Gegenwart geht über
den nationalen
Container hinaus, es bezieht die maschinellen Akteure, das Internet
der Dinge und die
ökologische Sphäre mit ein. Und gleichzeitig unterläuft es die
nationalstaatliche
Solidaritätsgemeinschaft, indem es sich an Erlebnismilieus bildet
oder auf geschlossene
Gruppen und umgrenzte Gemeinschaften reduziert. Ausgehend von
diesen Beobachtungen
fragt die Ringvorlesung nach dem aktuellen Wandel der Formen und
Gestalten sozialer
Bindung, den alten und neuen Weisen des sozialen Zusammenhalts und
dem Zerfall und der
Neugründung sozialer Ordnungen. (Quelle: Beschreibung der
Ringvorlesung)

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Bildnachweis:
Hartmut Rosa (Friedrich-Schiller-Universität, Jena),
von Stephan Röhl unter
https://www.flickr.com/photos/boellstiftung/9159235852/in/photolist-e6aEy8-qrKgRQ-eXntHw-eXnsud-eXnrmE

Lizenz: CC BY-SA 2.0

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