Untersuchung von Polymorphismen mit möglicher funktioneller Relevanz in den Genen der organischen Kationentransporter OCTN1 und OCTN2 bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Untersuchung von Polymorphismen mit möglicher funktioneller Relevanz in den Genen der organischen Kationentransporter OCTN1 und OCTN2 bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Beschreibung

vor 15 Jahren
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sind multifaktorielle
Erkrankungen. Man geht heute davon aus, dass die Summe aus
genetischer Prädisposition und mehreren Umweltfaktoren die
Entstehung der Erkrankungen begünstigt. Dabei scheint besonders
eine fehlerhafte Reaktion des angeborenen mukosalen Immunsystems
gegenüber luminalen bakteriellen Antigenen eine wichtige Rolle zu
spielen. Die erste genetische Assoziation von M. Crohn mit
Mutationen im NOD2/CARD15-Gen unterstützt diese These. Diese
Mutationen führen zu einer verminderten Erkennung bakterieller
Bestandteile mit der Folge einer verringerten Elimination von
Pathogenen. Der IBD5-Locus auf Chromosom 5q31 wurde durch
genetische Kopplungsstudien mit folgender Feinkartierung örtlich
eingegrenzt. Dieser Abschnitt ist in mehrere Haplotyp-Blöcke
unterteilt. Ein bestimmter Risikohaplotyp ist besonders stark mit
M. Crohn assoziiert (Rioux 2001, Daly 2001). Die Assoziation des
IBD5-Locus mit M. Crohn wurde vielfach bestätigt und phänotypisch
besonders mit perianalem und ausgedehntem Befall in Verbindung
gebracht. Erste Studien geben allerdings auch Hinweise auf eine
mögliche kausale Rolle bei Colitis ulcerosa. Der IBD5-Locus
beinhaltet fünf Gene - darunter auch IRF1, PDLIM4 und P4HA2. Deren
Funktion ist mitunter proinflammatorisch. Als wichtigste Gene sind
die organischen Kationentransporter OCTN1/2 zu sehen. Zwei
Polymorphismen in diesen Genen konnten im Jahre 2004 von Peltekova
und Mitarbeitern direkt mit dem M. Crohn assoziiert werden. Hierbei
handelt es sich um die Polymorphismen OCTN1 C1672T (L503F) und
OCTN2 G207C. Für diese Mutationen konnte in vitro ein
Funktionsverlust beschrieben werden mit möglichen Folgen für den
intrazellulären Carnitingehalt und die Immunantwort des Körpers
(Peltekova 2004, Reinhard 2006). Die beschriebene Assoziation war
besonders stark in Anwesenheit von NOD2/CARD15-Mutationen, aber
unabhängig vom IBD5-Locus. In Folgestudien konnte die Assoziation
des TC-Haplotyp mit M. Crohn bestätigt werden, allerdings ist die
mögliche Unabhängigkeit vom IBD5-Locus umstritten. Erklären könnte
dies jedoch der Umstand, dass Peltekova und Mitarbeiter einen
IBD5-Marker benutzten, der mehrere Haplotypblöcke von den
untersuchten OCTN-Genen entfernt war. Welche Rolle jedoch die
OCTN-Gene im besonderen spielen, ist noch nicht völlig geklärt.
Urban und Mitarbeiter konnten weitere Polymorphismen in den
OCTN-Genen mit einer zum Teil hohen Frequenz unter der schwarzen
und asiatischen Bevölkerung nachweisen (Urban 2005). Diese
Bevölkerungsgruppen haben eine niedrige Inzidenz von
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Eine Assoziation von
OCTN-Mutationen in diesen Bevölkerungsgruppen würde somit einen
starken Hinweis auf eine kausale Rolle geben. Studienergebnisse
diesbezüglich stehen jedoch noch aus. Um die Rolle der OCTN-Gene
weiter zu untersuchen, wurden in der vorliegenden Arbeit drei der
von Urban und Mitarbeitern beschriebenen Polymorphismen in den
OCTN1/2-Genen, welche auch in der kaukasischen Bevölkerung
vorkommen, auf eine mögliche Assoziation mit
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen untersucht. Es konnte
keine der drei Mutationen direkt mit M. Crohn oder Colitis ulcerosa
in Verbindung gebracht werden. Allerdings ließ sich für homozygote
Träger des OCTN1 917T-Allels eine niedrigere Stenoserate
nachweisen, und für T-Allelträger eine erhöhte Operationsrate.
Letzteres steht für ein erhöhtes entzündliches Geschehen – das
möglicherweise durch diese Mutation günstig beeinflusst wird. In
bezug auf genotyp-genotyp Interaktionen konnten keine signifikanten
Interaktionen zwischen den hier untersuchten Polymorphismen und dem
TC-Haplotyp der OCTN-Gene, weiteren Markern im IBD5-Locus oder
Mutationen im NOD2/CARD15-Gen festgestellt werden. Das starke
Kopplungsungleichgewicht macht es bisher unmöglich, eine einzige
ursächliche Mutation im IBD5-Locus zu identifizieren. Zukünftige
groß angelegte Studien werden die Aufgabe haben, auch andere
Polymorphismen in der Region auf eine Assoziation mit M. Crohn und
Colitis ulcerosa hin zu untersuchen. Im positiven Falle müssen
funktionelle in vitro Versuche die zugrunde liegenden Mechanismen
auf molekularer Ebene klären. Dies könnte nicht zuletzt auch neue
therapeutische Ansätze liefern, um die Entität der
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen in Zukunft besser
verstehen und entsprechend behandeln zu können.

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