084 Natur greifbar machen durch wilde Selbstversorgung

084 Natur greifbar machen durch wilde Selbstversorgung

Wilde Kultur im Gespräch
37 Minuten

Beschreibung

vor 5 Jahren

Wilde Kultur - das sind Nadine und Stefan,
Aussteiger aus einem für sie zu abstrakt gewordenen Leben und
Suchende auf dem Weg zu immer mehr Selbstversorgung aus Wildnis
und Garten. Nach klassischer Schulzeit und einem kurzen
Zwischenhalt in mehr oder weniger "normalen" Berufen, zogen die
beiden 2015 in die Schwarzwälder Berge und versuchen seitdem, dem
Rhythmus von Jahreszeiten und einem naturnäheren Leben Schritt
für Schritt näher zu kommen. Wilde Kultur entstand 2017 aus dem
Wunsch heraus, auch andere an diesem Weg teilhaben zu lassen.
Neben Workshops zur wilden Selbstversorgung ist ein Online-Shop
entstanden, der nach und nach mit immer mehr eigens entworfenen,
teils handgemachten Dingen gefüllt wird, die inspirieren,
motivieren und Naturwissen vermitteln. Ihr langfristiges Ziel:
das Leben als Beruf.




 


Elevator-Pitch: Eine kurze Begegnung, in der Du
10 Sekunden Zeit hast zu beschreiben was Du machst (in Bezug
auf die Natur und Deine Arbeit).





Wir sind moderne Hippies, Bergbewohner und Waldluftliebhaber.
Mit Wilde Kultur geben wir einen Einblick in unser Abenteuer,
näher an die Natur zu rücken. Um andere auf unsere Reise
mitzunehmen, arbeiten wir an vielfältigen Produkten und
Workshops, die inspirieren, motivieren und Wissen vermitteln.


 


 







Wie ist Deine ganz persönliche Beziehung zur
Natur/dem Wald?


Nadine: Für mich war der Wald schon immer ein
Zufluchtsort. Selbst in meinen rebellischsten
Jugendzeiten war ich häufig viele Stunden im Wald
unterwegs und habe dort Ruhe gesucht und gefunden.
Heute ist er das noch immer - doch mit dem
wunderbaren Extra, dass meine Streifzüge von all den
nutzbaren wilden Schätzen aus Pflanzen und Pilzen
gekrönt werden.




Stefan: Ich möchte mich selbst als Teil der Natur sehen
und arbeite immer daran, meine Handlungen und meine
innere Haltung daran auszurichten, nicht von der Natur
separiert zu sein. Im besten Fall ist die Natur damit
meine große Familie, die ich Stück für Stück kennenlerne.


 


 








Habt Ihr einen Lieblingsplatz in der Natur
und wie sieht dieser aus?


Wir finden immer wieder kleine Lieblingsplätze und
genießen es besonders, auch hin und wieder neue
Gegenden zu erkunden. Urige, moosbedeckte Wälder,
Felsen und Gewässer - da schlagen unsere Herzen
höher. Ganz wichtig ist aber auch eine tiefe Ruhe,
die den Ort umgibt.










 


Gibt es ein Wald-/Naturerlebnis das Euch
persönlich ganz besonders geprägt hat? Was ist es,
dass Euch noch heute an diese Situation erinnert und
was habt Ihr daraus für Euer Leben
mitgenommen?




Nadine: Wenn ich beim Betreten des Waldes dessen
unendliche Ruhe spüre und merke, wie ich selber auch ganz
ruhig werde - das rührt mich immer wieder.


 


 


In welchen Situationen sucht Ihr ganz bewusst den
Wald auf?








Nadine: Idealerweise bin ich regelmäßig mit meinem
Sammelkorb im Wald unterwegs, auf der Suche nach ess-
und nutzbaren Pflanzen und Pilzen. Manchmal - und das
liegt oft daran, dass es eben vorher diese
Regelmäßigkeit nicht gab - fällt mir aber auch die
Decke auf den Kopf, dann tut ein Waldspaziergang
besonders gut. S: Wenn ich bei anderen Dingen stecken
bleibe, ist der Wald mein bester Zufluchtsort. Dort
kann ich loslassen und mich auf dessen ganze eigene
Logik einlassen - wenn ich zurück komme, ist mein
Kopf wieder klar und ich kann mich gelassen auf
anderes konzentrieren.




 


 








Was hat Euch dazu bewegt, die Natur/den Wald
in Euer berufliches Tun einfliessen zu
lassen?


Nadine: Zum Ende meines Studiums habe ich mich
zunächst in meinem Studienbereich selbständig gemacht
- aber in meinem Inneren war schon seit geraumer Zeit
ein völlig anderer Wunsch: der, nach einer
Selbständigkeit, die sich direkt aus meinem Leben und
meinen Interessen speist. Zunächst war der Plan der
eines kleinen Selbstversorger-Hofes mit Gästebetrieb
und eigenen Produkten. Doch nachdem sich das mangels
Ort so nicht verwirklichen ließ und ich mich
gleichzeitig immer mehr mit wilder Selbstversorgung
beschäftigte, fiel irgendwann ganz laut der Groschen
und aus dem "Hof der Wilden Kultur" wurde schlicht
"Wilde Kultur". Hinzu kam, dass ich vor etwas über
einem Jahr anfing, für meine eigenen Studien über
Wildpflanzen und Pilze zu zeichnen und illustrieren,
damit eine für mich ganz neue Fähigkeit entdeckte und
dadurch urplötzlich der lang gehegte Traum greifbar
wurde, nicht nur Informatives sondern auch Schönes
herzustellen. Schließlich war es dann die Kombination
aus meinen Ideen und Fähigkeiten und denen von
Stefan, die die Sache rund machten.


Stefan: Seit dem Ende meiner Schulzeit suche ich nach
Wegen, meine vielfältigen Interessen unter einen Hut
zu bringen: Handwerkliches, Digitales, Künstlerisches
und Didaktisches. Ich wollte einfach nie so richtig
akzeptieren, dass vielleicht ein oder zwei dieser
Dinge einen Beruf bilden und der Rest in der
"Freizeit" stattfindet. Überhaupt möchte ich mein
Leben und meinen Alltag als Gesamtpaket betrachten
und die Trennung von Beruflichem und Freizeit
aufweichen. Aber erst in der Kombination mit Nadine
konnte sich so etwas wie Wilde Kultur entwickeln, in
dem ich alle meine Register ziehen kann.


 


 










Welche Personen möchtet Ihr mit Eurem Angebot
ansprechen?




Wer Neugierde und Offenheit mitbringt sowie einen
gewissen Respekt vor dem Natürlichen ist bei uns gut
aufgehoben. Vor allem aber wollen wir Menschen
ansprechen, unterstützen und inspirieren, die sich am
Anfang eines Weges befinden, ähnlich dem, den wir selbst
bereits ein ganzes Stück weit gegangen sind und noch
immer gehen.


 


 








Was möchtest Du den Personen, die Dich auf
Deinen Natur- und Waldgängen begleiten mitgeben,
beziehungsweise worin möchtest Du sie
unterstützen?


Nadine: Was mich noch heute verblüfft, ist, wie sich
mein eigenes Bild auf meine Umgebung durch das, was
ich in den letzten Jahren lernen durfte, verändert
hat. Ich bin mit nicht mehr Wissen gestartet als dem,
wie Löwenzahn und Gänseblümchen aussehen. Das, was
damals für mich lange einfach nur "Wiese" oder "Wald"
war, ist heute ein buntes Buffet der Möglichkeiten.
Für mich ist es die schönste Erfahrung, anderen
Menschen eine ähnliche Erweiterung der Wahrnehmung zu
ermöglichen.


 


Stefan: Wir versuchen, einen anderen Blick zu
vermitteln als ihn das Zeigen und Benennen von
Pflanzen oder das Stöbern in Bestimmungsbüchern
allein liefern können. Für uns ist die nachhaltige
wilde Selbstversorgung - also das Nutzen von Wildem
für Essen oder Handwerkliches - ganz zentral. Als
begeisterte und vielfältig erfahrene Lehrer /
Dozenten haben wir es uns aber auch zur Aufgabe
gemacht, didaktische Lücken zu schließen, die wir in
vielen Büchern und anderen Quellen zum Thema sehen.
Wo erfährt man etwa, wie sich das Aussehen eines
Gierschs im Lauf seines Wachstums verändert und dass
auch bei den meisten anderen Wildpflanzen je nach
Alter ganz unterschiedliche Merkmale zu beachten
sind?




 


 








Habt Ihr einen Tipp wie wir unsere Gesundheit
mit einem Natur-/Waldbesuch besonders stärken
können?


Das, was uns die Natur bietet, alltäglich in unserer
Ernährung zu nutzen - sei es als Pesto, im Salat,
sauer in Öl eingelegt, knusprig gebraten als Chips
oder Bratling, als wilde Schorle oder als süße
Leckerei... So super lecker und praktisch unsere
Kulturpflanzen und -tiere auch sind, ihre wilden
Verwandten haben ihre ganz eigenen Vorzüge, ganz
vorne mit dabei: deutlich höhere Nährstoffdichten.
Und wenn man im Wald und auf Wiesen tatsächlich Essen
sammelt, bekommt man einen ganz anderen Blick auf
diese Dinge: aus Gestrüpp, Geäst und Grünzeug wird
ein Buffet. Einer Nahrungsquelle bringen wir deutlich
mehr Respekt entgegen als einem Stück Rasen. Auch in
diesem direkten Bezug sehen wir einen
gesundheitsfördernden Faktor - mit etwas selbst
gesammeltem gehen wir anders um, bereiten es anders,
wertschätzender, schonender zu, aber vor allem
inspiriert es uns zum natürlichen Kochen aus
frischen, einfachen Zutaten - und das für sich tut
uns schon unglaublich gut!










 



 









Was liegt Dir noch am Herzen, das Du uns mit
auf den Weg geben möchtest?


Trotz aller Begeisterung, wer sich aus der Natur
bedienen möchte, sollte immer auch ein paar Dinge
beachten:


1) Keine Experimente mit nicht 100%ig Bekanntem.
Zwar sind die meisten Pflanzen und Pilze harmlos,
aber es gibt eben auch die, bei denen kleinste Mengen
zwischen Leben und Tod oder zumindest heftigsten
Symptomen entscheiden.

2) Respekt sollte immer die Grundlage sein.
Respekt vor dem Ökosystem als Ganzes, der uns zu
nachhaltigem Handeln bringt und davon abhält, mehr zu
nehmen als wir nutzen können und mehr als das, mit
dem die Natur noch gut zurecht kommt. Respekt auch
vor dem Leben, das wir nehmen - egal ob Pflanze, Pilz
oder Tier -, sodass wir nicht unnötig Leben zerstören
und dass wir das, was wir nehmen, auch wirklich
aufbrauchen.

3) Nur weil uns etwas nicht nützt, ist es nicht
weniger Wert. Wir sollten niemals denken, die Natur
solle uns Menschen dienen und wir hätten demnach das
Recht alles zu verbannen, was uns nicht nützlich ist.





 








Deine Buchempfehlungen




Es gibt so viele tolle Bücher zu diesen Themen! Nadine
als großer Bücherfreak könnte noch viel mehr empfehlen,
es gibt z.B. auch ganz tolle Bücher, in denen Menschen
von ihren Naturerfahrungen und Selbstversorgerversuchen
erzählen - wir beschränken uns aber einmal auf unsere
gemeinsame Liste an eher praktischen Büchern:


1) Zum Überblick über essbare Wildpflanzen:
"Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen" bzw. die abgespeckte
Variante "Essbare Wildpflanzen" von Steffen Guido
Fleischhauer, Jürgen Guthmann, Roland Spiegelberger.

2) Zum Bestimmen von wilden Pflanzen allgemein: "Was
blüht denn da?" vom Kosmos-Verlag

3) Zum Überblick über wilde Pilze: "Grundkurs
Pilzbestimmung" von Rita Lüders

4) Zur Inspiration für die wilde Selbstversorgung:
"Alles aus Wildpflanzen" von Coco Burckhardt

5) Zum Kennenlernen des Waldes: "Der Kosmos
Waldführer"

6) Ein ganz tolles und vor allem informationsvolles
Buch über Pilze: "Das geheimnisvolle Leben der Pilze" von
Robert Hofrichter



 








Habt Ihr ein eigenes Buch oder ein weiteres
Online-Angebot?.




Seit letztem Jahr haben wir unseren eigenen Online-Shop,
den wir nach und nach mit selbst erdachten und selbst
gemachten Dingen füllen. Aktuell gibt es dort unsere
wunderbare "Wilder Tee" Tasse zu finden, eine
Email(le)-Tasse, illustriert mit besonders aromatischen
und heilkräftigen Wildpflanzen für Tee. Im Moment
arbeiten wir außerdem an unseren zwei nächsten Produkten,
die beide mit der wilden Selbstversorgung zu den
unterschiedlichen Zeiten im Jahr zu tun haben.


 


 








Kannst Du eine Ressourcenquelle
empfehlen?


Im Laufe der Zeit haben wir für uns ein digitales
Zuhause auf Instagram gefunden und dort nicht nur
interessante Menschen getroffen sondern auch viel
gelernt. Über Hashtags wie etwa #selbstversorgung,
#nachhaltigkeit, #wildfood und ähnliches findet man
ganz einfach die für einen selbst passenden Posts und
zugehörigen Menschen. Und das ist nur die Spitze des
Eisbergs, denn hinter den meisten Profilen stecken
dann auch noch spannende Webseiten...




 


 








Website


wildekultur.net


instagram.com/wildekultur


 




 








Kontaktdaten


info[ät]wildekultur[punkt]net






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