Hitler-Bayreuth? Wieland Wagner im Zwielicht | Von Ulrich Teusch

Hitler-Bayreuth? Wieland Wagner im Zwielicht | Von Ulrich Teusch

23 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Den vollständigen Standpunkte-Text (inkl ggf. Quellenhinweisen und
Links) findet ihr hier:
https://kenfm.de/hitler-bayreuth-wieland-wagner-im-zwielicht-von-ulrich-teusch/
In wenigen Tagen beginnen die Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele.
Eine Reihe Corona-bedingter Einschränkungen dürfte den Kunstgenuss
trüben, aber immerhin: anders als im vergangenen Jahr kann das
Festival 2021 wieder steigen. Zudem steht diesmal ein Jubiläum an,
denn 1951, also vor 70 Jahren, ging „Neubayreuth“ an den Start. Die
Festspiele im BRD-Kontext sollten die zwölf braunen Jahre unter der
Ägide der Hitler-Verehrerin Winifred Wagner vergessen machen.
Dieser künstlerische Aufbruch ist aufs engste mit Wieland Wagner
verbunden, einem Enkel des Komponisten. Er leitete die
Nachkriegsfestspiele (zusammen mit Bruder Wolfgang) bis zu seinem
frühen Tod 1966. Nach wie vor genießt Wieland Wagner vielerorts
einen legendären Ruf. Doch war dieser Mann wirklich die untadelige
Lichtgestalt, als die er lange Zeit erschien? Ein Standpunkt von
Ulrich Teusch. Pünktlich zum Festspiel-Jubiläum hat der Musik- und
Theaterwissenschaftler Anno Mungen unter dem Titel „Hier gilt’s der
Kunst“ (ein Zitat aus den Meistersingern) im Frankfurter Westend
Verlag ein schmales, sorgfältig recherchiertes, dicht und elegant
geschriebenes Buch vorgelegt, das der Frage nachgeht, was der 1917
geborene Wieland Wagner eigentlich in der NS-Zeit getan und
gelassen hat. Wie agierte er, bevor er schließlich nach dem Krieg
in Bayreuth künstlerisch zum Zuge kam und als fortschrittlicher
Reformer, Modernisierer und Ahnherr des wirkmächtigen Regietheaters
gefeiert wurde? War dieser Weg zum Republik-kompatiblen
Festspielchef vorgezeichnet? War schon in den 30er und 40er Jahren
erkennbar, wohin sich Wieland Wagner künstlerisch und politisch
dereinst bewegen würde? Die Antwort lautet: Nein, das war nicht
oder nur mit großer Mühe erkennbar. Mungen attestiert dem jungen
Wagner ein fragwürdiges Verhalten im „Dritten Reich“. Seine
Darstellung bewegt sich auf Linien, die in den vergangenen Jahren
schon von anderen Autoren (etwa der Historikerin Brigitte Hamann)
beschritten wurden. Ohne die Nachkriegsverdienste Wagners in Abrede
zu stellen, unterzieht Mungen dessen Gebaren in der NS-Zeit einer
kritischen Würdigung, die nichts verschweigt oder verklärt. Wie
Vater und Sohn. Schon das Buchcover ist vielsagend: Da sieht man
einen ernst, beinahe herrisch in die Kamera blickenden Adolf
Hitler, rechts von ihm und untergehakt einen zur Seite schauenden
Wieland Wagner, ein wenig unsicher und befangen wirkend. Es könnte
sich auch um das Bild eines gestrengen Vaters und seines folgsamen
Sohnes handeln. Das Titelbild lässt eine enge, tiefe Beziehung
zwischen dem Diktator und dem jungen Spross des Wagner-Clans
vermuten. Es sind vor allem die Jahre 1941 bis 1945, für die Mungen
sich interessiert. Auf Basis welcher Quellen tut er das? Da sind
natürlich zunächst die Nachlässe Wieland Wagners, seiner Ehefrau
und seines Bruders, dazu die beiden Bayreuther Tageszeitungen. Vor
allem aber konsultiert Mungen die Tagebücher der Gertrud Strobel –
Tausende von eng beschriebenen Seiten. Gertrud Strobel und ihr Mann
arbeiteten in der „Richard-Wagner-Forschungsstätte“ und lebten in
unmittelbarer Nachbarschaft zu den Wagners. Gertrud hielt alle
Haupt- und Nebensachen fest, die ihr zu Ohren und vor die Augen
kamen. Ihre Aufzeichnungen, bislang nicht ediert, sind einen
Fundgrube, aus der Anno Mungen reichlich schöpfen kann. Schon einer
der ersten Hinweise auf Gertrud Strobel, sehr früh im Buch, mag
irritieren: Denn da wird sie zum einen als „überzeugte
Nationalsozialistin“ vorgestellt. Doch zum anderen heißt es, die
Leiter der Festspiele (also Winifred Wagner und ihr Team) seien ihr
ein Dorn im Auge gewesen. Man fragt sich: Wie kann das sein?
Immerhin handelte es sich bei den damaligen Festspielen um
„Hitler-Bayreuth“! Was genau hat die überzeugte Nationalsozialistin
auszusetzen? Doch damit nicht genug: Gertrud Strobel und ihr Mann,
heißt es weiter, hätten als Wieland Wagners „Komplizen“ gehandelt.
Soll man daraus schließen, dass auch Wieland gegen die Leitung der
Festspiele (und damit gegen seine Mutter) opponierte? Wäre das
nicht eine merkwürdige, im Grunde unwahrscheinliche Konstellation?
Hitler in Bayreuth. Der Begriff „Hitler-Bayreuth“ ist schon
gefallen. Was hat man darunter zu verstehen? Ein Antwortversuch
muss historisch etwas weiter zurückgreifen: Im Ersten Weltkrieg und
in den Inflationsjahren der Weimarer Republik hatte es keine
Bayreuther Festspiele gegeben. Das Unternehmen litt unter einer
erheblichen Schuldenlast. Dem damaligen Festspielleiter Siegfried
Wagner, Sohn des Komponisten, war es darum zu tun, bei potentiellen
Förderern und Besuchern den Festspielgedanken wach zu halten und
das bisher Geleistete in einem günstigen Licht erscheinen zu
lassen. Zu diesem Zweck veröffentlichte er 1923 eine kleine
Autobiografie. Im Jahr 1923 war es auch, dass der Wagner-Verehrer
Adolf Hitler dem Bayreuther Haus Wahnfried erstmals seine
Aufwartung machte. Er gewann die Sympathie Winifreds, der aus
England stammenden Gattin Siegfried Wagners. Ihre Zuneigung war
nicht nur persönlicher, sondern auch politischer Natur. Sie
engagierte sich fortan für die nazistische „Bewegung“. Als Mitte
der 1920er Jahre nach langer Pause endlich wieder Festspiele
stattfinden konnten, war Hitler abermals zugegen. Seine erste
Bayreuther Götterdämmerung (1925) wurde für ihn zu einem
rauschhaften Erlebnis. Und seine Beziehung zur Wagner-Familie
gewann eine außergewöhnliche Intensität…weiterlesen hier:
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