Wie unterscheiden sich Schweizer von Österreichern? - Teil 2

Wie unterscheiden sich Schweizer von Österreichern? - Teil 2

Edith Karl Veränderungscoach im Gespräch mit Generalsekretär Urs Weber
33 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

www.edithkarl.com




Marktmanager Schweiz Tourismus Österreich Ungarn


Generalsekretär Handelskammer Schweiz – Österreich –
Liechtenstein


Dass ich mich im ganzen Alpenraum zu Hause fühle liegt wohl
daran, dass meine Mutter aus Kärnten stammt, mein Vater
waschechter Berner ist. Des weiteren geerbt habe ich von
meinen Vorfahren meine ganz allgemeine, große Neugier genauso
wie eine kaum zu sättigende Reiselust. Nach Grund- und
Sekundarschule am Zürichsee entschied ich mich daher auch
rasch für eine Tourismuslaufbahn – und besuchte die
Salzburger Hotelfachschule in Bad Hofgastein. Mein großes
Ziel war damals, Hoteldirektor zu werden: einerseits, um
möglichst weit herumzukommen – und andererseits, um auch
verlässlich häufig besonders gut essen zu können.


In den folgenden Jahren arbeitete ich in insgesamt 10 Hotels
der Luxusklasse: Küche, Service, Front Office,
Direktionsassistent – und dann endlich Verkauf &
Marketing, der Bereich, in dem ich mich am wohlsten fühlte.


Meine ersten Jobs im Bereich Sales & Marketing fand ich
in Wien; mein erster Erfolg: die Eroberung meiner Frau. Bis
wir uns allerdings endgültig in der Nähe von Wien
niederließen, folgten noch zwei Auslandsaufenthalte: erst auf
der Schweizer Seite des Genfersees, danach noch einmal zwei
Jahre in einem Luxushotel in Köln.


Nach einem kurzen Zwischenspiel in einem 5*-Kettenhotel in
Wien wagte ich zusammen mit einer langjährigen Kollegin den
Schritt in die Selbständigkeit: wir boten touristischen
Unternehmen in Österreich – vor allem Hotels – an, dass sie
ihren Verkauf und andere Marketingaktivitäten an uns
auslagern könnten. Wir nannten dieses neue Konzept „Sales
sharing“; während einem Verkaufsgespräch, an einem Messestand
oder in einem Mailing präsentierten wir gleich vier, fünf,
sechs attraktive Angebote – je nach Interesse des
Reiseveranstalters, der Firma, mit der wir sprachen. Das war
– dank der prohibitiv hohen Lohnnebenkosten in Österreich –
für jeden unserer Auftraggeber deutlich günstiger, als wenn
sie einen eigenen Verkaufsmitarbeiter angestellt hätten. Zu
Beginn ein „echtes Garagen-Start-up“ entwickelte sich die
Firma gut, so dass wir 2002, als ich mich wieder zurückzog,
bereits 12 Mitarbeiter hatten.


Grad in diese Zeit fiel auch die Gründung unserer Familie;
zwei Kinder, derentwegen meine Frau die ersten Jahre komplett
zu Hause blieb, waren für’s Familienbudget weniger schön –
ansonsten aber die wertvollste Erfahrung überhaupt.


2002 bot sich mir eine spannende Möglichkeit in der
Reisebranche – völlig konträr zur doch immer etwas
„unsicheren“ Selbständigkeit: Schweiz Tourismus suchte einen
neuen Marktmanager für Österreich und Ungarn.


Österreich und Ungarn sind für die Schweiz interessante,
gleichzeitig aber auch kleine Märkte: nicht ganz 2% der
gesamten Übernachtungen in der Schweiz kommen aus diesen
beiden Ländern. Folgerichtig hat das Wiener Büro auch nur
zwei ‚fulltime Employees‘ und ein „homöopathisches
Marketingbudget“.


Um dennoch etwas bewegen zu können, machte ich mir eine der
Stärken der Schweiz zu Nutze: das „Nationbranding“. Hört man
Schweiz, denkt man an Käse, Schokolade,
Finanzdienstleistungen, Taschenmesser, Armbanduhren,
Vertrauen, Zuverlässigkeit. Verbindet man nun diese
Stereotypen mit den bekannten Bildern der Schweiz – wie z.B.
dem Matterhorn, der Kappellenbrücke in Luzern, Rheinfall –
stärkt man dieses Nationbranding, ohne dass es viel kostet.


In der Folge habe ich mit einigen der „Brands“, denen die
„Swissness“ wichtig ist, Kontakt aufgenommen, und kleine,
unkomplizierte Aktivitäten gemeinsam am Point-of-Sale, im
Rahmen von Direktmarketingaktivitäten, bei Sampling-Aktionen
gemacht: Lindt & Sprüngli war genauso dabei wie „Maggi“
von Nestlé, „Schweiz Wochen“ in den ÖBB Speisewagen genauso
wie Wettbewerbe mit Victorinox.


2007 schlug mir der damalige Generalsekretär der
Handelskammer Schweiz – Österreich – Liechtenstein (HKSÖL)
vor, sein Nachfolger zu werden. Die Handelskammer müsse
saniert werden: sie sei zwar „non profit“ – aber genauso
natürlich auch „non loss“, und erhält ja keinerlei staatliche
Zuwendungen. Erst einmal nicht sonderlich begeistert sah ich
bald die Chancen, die sich dadurch ergaben: die
Personalknappheit genauso wie die Kompensation des knappen
Marketingbudgets, der nachvollziehbare Ausbau des Schweiz-
und Liechtensteinnetzwerks konnte durch dies Kombination
positiv entwickelt werden.


Glücklicherweise konnte ich auch die Geschäftsleitung von
Schweiz Tourismus von diesen Vorteilen überzeugen – und
nachdem in der Schweiz sowieso viel Wert auf
Eigenverantwortung gelegt wird, bekam ich ab 2008 die
Möglichkeit zu diesem spannenden Public/private
Partnership-Projekt. 12 Jahre danach ist klar, dass sich der
Versuch ausgezahlt hat: die Handelskammer hat heute knapp
einen Drittel mehr Mitglieder, steht finanziell gut da;
Schweiz Tourismus hat in diesen Jahren eineinhalb Jahre
operative Kosten eingespart – und gleichzeitig
Marketingsynergien gut, erfolgreich genutzt.


Auch die Wirkung über die unmittelbaren,
betriebswirtschaftlichen Eckdaten sind positiv: als HKSÖL
sind wir zwar in keiner Weise parteipolitisch tätig – aber
haben natürlich Grundsätze: Wir agieren nachhaltig,
unternehmerisch und eigenverantwortlich; es ist uns wichtig,
als „responsible Citizen“ einen Beitrag zu unserem
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Standort zu leisten.
Dies versuchen wir beispielsweise im Umgang mit unseren
Mitarbeitern zu zeigen – oder aber beim „Mix“ der Themen-,
Redner- und Diskutanten-Wahl unserer Veranstaltungen. Wir
‚leisten‘ es uns auch, Kommunikationspartner / Sponsoren oder
aber auch Mitglieder abzulehnen – falls dies für unsere
Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit besser scheint: „Trust“ /
Vertrauen ist einer der Werte, der sich auch durch noch so
viel Budget nicht substituieren lässt.


Hobbies? Gute Gespräche, gutes Essen – und vor allem auch:
reisen. Bereits direkt nach der Hotelfachschule begann ich
erst einmal mit Interrail, womit ich halb Europa und Marokko
eroberte. Später dann mit meinen Jugendfreunden per Zug,
Anhalter, Bus, Taxi, Flieger durch Rajasthan und Kaschmir,
Nordthailand und Inseln im indischen Ozean. Und dann noch
später alleine, mit meiner Ehefrau und – jeweils einzeln –
mit unseren beiden Kindern: Mit dem Zug von Mödling über
Moskau nach Beijing, mit Jeep, Bus und zu Fuß durch die
Mongolei und Südchina oder mit einem Truck durch Usbekistan
und Turkmenistan.


Ein Lebensmotto, Leitspruch? Eher schwierig, all das, was mir
wichtig ist, mit nur einem Sprichwort „unter einen Hut zu
bringen“. Aber zwei bzw. drei Sprüche gefallen mir sehr gut:
Sapere aude – trau Dich zu denken! Zwei grundsätzlich
gegensätzliche Sprüche – bei denen jeder entscheiden muss,
welchen sie / er für sich gelten lässt: „Ein Tropfen auf den
heißen Stein…“ oder „Steter Tropfen höhlt den Stein!“

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