Episode 44 - Das Schranner-Konzept

Episode 44 - Das Schranner-Konzept

Mit "Play to win" Gedanken einen Konflikt herbeiführen und eine Verhandlung als Sieger verlassen ist schwierig & interessant zugleich
13 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren
Wie bereits angekündigt, blicke ich für Dich auch mal auf die
theoretische Seite der Verhandlungsführung. Aus diesem Grund habe
ich in der letzten Episode einen genaueren Blick auf das
Harvard-Konzept geworfen. Heute schaue ich auf ein weiteres
Konzept, das Schranner-Konzept. Lass mich allerdings an dieser
Stelle noch schnell etwas klarstellen. Es ist ja kein Geheimnis,
dass ich knapp 4 Jahre lang für und mit Matthias Schranner
zusammengearbeitet habe und es ist auch nicht von der Hand zu
weisen, dass diese Jahre sehr prägend für mich gewesen sind. Naja –
wäre ja auch schlimm, wenn nicht… Worauf ich allerdings direkt
hinweisen mag: Mir fehlt es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit an
der ein oder anderen Stelle an Objektivität, das solltest Du beim
zuhören berücksichtigen. Weshalb ich jedoch der Meinung bin, dass
neben Harvard nur dieses Konzept es verdient hat hier erwähnt zu
werden, habe ich ja bereits in Episode 60 dargestellt. Wie dem auch
sei – wenn Du dich intensiver mit Matthias‘ Vorgehensweise in
Verhandlungen auseinandersetzt, dann werden dir einige Dinge, die
du schon vom Harvard-Konzept her kennst, wieder begegnen. Denn auch
er hat, wie nahezu alle Coaches, Berater, Trainer usw. das „Rad
nicht neu erfunden“, sondern naja „lediglich“ seine eigenen
Erfahrungswerte aus seiner Arbeit und seinen Ausbildungen zu seiner
eigenen Vorgehensweise geformt. Das allerdings sehr eindrucksvoll
und in meinen Augen sehr hilfreich. Wichtig ist ebenfalls noch zu
erwähnen, dass er sich mit seiner Vorgehensweise auf 5% der
Verhandlungssituationen konzentriert.   Bevor ich auf die
eigentlichen Prinzipien, wie sie bei Schranner heißen, eingehe,
stelle ich die beiden Konzepte kurz gegenüber: Es gibt sicherlich
mehrere Unterschiede und ich gebe Dir hier auch nur einen kleinen
Auszug aus meiner Wahrnehmung. Einen ersten Unterschied sehe ich
schon in der Vorbereitung. Du konzentrierst dich im Rahmen der
Vorbereitung gemäß Schranner-Konzept auf dich selbst – also auf die
eigene Vorbereitung, die eigenen Ziele, die eigenen Forderungen –
was der Gegenseite wichtig ist, spielt vor der Verhandlung „keine“
Rolle, denn deren Sichtweisen, Werte etc. können nur erraten
werden. Es wird also dazu geraten, den Gegenüber nicht im Rahmen
der Vorbereitung zu analysieren. Was ich als weiteren kleinen,
jedoch feinen Unterschied zwischen Harvard und Schranner ansehe,
ist der Umgang mit der „Warum“ Frage, die Harvard im Rahmen der
Interessenforschung stellt. In seiner Lehre hat diese Frage keinen
Platz, denn sie verursacht Schuldzuweisungen. Daraus entstehen
Emotionen, die zu diesem Zeitpunkt nicht geplant sind. Einigkeit
herrscht bei dem Ziel, Vertrauen aufzubauen und dadurch eine gute
Beziehung zum Gegenüber herzustellen. Auch beim Punkt „Person und
Sache voneinander trennen“ werden laut den Büchern Unterschiede
deutlich. Wo das Harvard-Konzept die Sache, also den
Verhandlungsgegenstand und die Person, die mit dir verhandelt
voneinander trennen mag, trennst Du laut Schranner-Konzept nur das
Verhalten von der Person. Die Vorgehensweise des Harvard-Konzepts
setzt eine extreme Rationalität voraus. Diese greift das
Schranner-Konzept zwar auch auf, jedoch werden auch die Emotionen
berücksichtigt.   Der in meinen Augen größte Unterschied, ist
der Fokus auf den eigenen Anteil, was ja auch schon bei der
Vorbereitung leicht deutlich wurde. Die Aussage „SIE WOLLEN
GEWINNEN“ lässt für mich nur mit viel Fantasie Spielraum für den
Win-Win Ansatz. „Play to win“ – diesen Slogan kennst Du vielleicht
vom E-Sport Sponsor Logitech G, ist eins der Prinzipien, die das
Schranner-Konzept für sich beansprucht. Die Orientierung an
US-Sportarten, bei denen es nur einen Gewinner kein Unentschieden
gibt, ist hier die gewählte Metapher. Deshalb unterscheiden sich
auch die beiden Ansätze bei der Ergebnisfindung. Das
Harvard-Konzept sieht vor, dass das Ergebnis auf objektiven
Kriterien basiert. Das Schranner-Konzept hingegen stellt diese
Objektivität in Frage, da die persönliche Wahrnehmung z.B. von
„richtig oder falsch“ immer mit in die Objektivität einfließt, was
die Verhandlung nur unnötig erschwert. Insgesamt habe ich das
Harvard-Konzept immer als sehr theoretisch wahrgenommen, das
Schranner-Konzept ist da deutlich praxisorientierter. Die Ursachen
dafür liegen auf der Hand, denn im Gegensatz zu Fisher, Ury und
Patton, die, überspitzt dargestellt in Ihrer wunderschönen und
namhaften Universität in den USA sitzen und theoretische Konzepte
entwickeln, berät Matthias weltweit aktiv Unternehmen – und das
spürt man – naja- ich zumindest. Nun, wie schaut das ganze jetzt
Inhaltlich aus? Matthias hat mehrere gute Bücher geschrieben.
Verhandeln im Grenzbereich und Teure Fehler sind in meinen Augen
hervorzuheben. Die gehören für mich ebenso zur Basisliteratur wie
das Harvard-Konzept. Faule Kompromisse finde ich aus persönlichen
Gründen noch erwähnenswert, weil ich in diesem Werk namentlich
gewürdigt werde. Da er in seinem Buch „Das Schranner-Konzept“ seine
eigene Vorgehensweise dem Harvard-Konzept selbst gegenüberstellt,
greife ich diesen Ball einfach mal auf und beziehe mich überwiegend
auf dieses Buch. So laufe ich hoffentlich auch nicht Gefahr, mich
auf rechtliches Glatteis zu begeben – wobei ich mir das ohnehin
nicht vorstellen kann. Also – Das Schranner-Konzept: Darin spricht
Matthias von 4 Prinzipien Play to win Einstieg Führung Eskalation
Beim ersten Prinzip – Play to win -  welches ich ja schon
angesprochen hatte,  geht es vorrangig um die Vorbereitung.
Die inhaltliche, die aus den 3 Elementen Ziel – Strategie – Taktik
besteht und die mentale, bei der das Mindset eine entscheidende
Rolle spielt. Dabei werden alle beteiligten Stakeholder betrachtet
und die eigene emotionale Einstellung zur Verhandlung und dem damit
verbundenen Konflikt, in den Mittelpunkt gestellt.   Prinzip
Nr. 2 - Der Einstieg Dieses Prinzip setzt sich augenscheinlich aus
2 Taktiken zusammen. Gestartet wird mit einer Agenda, die neben den
Inhalten auch den Zeitraum vorgibt. Darauf folgt „Put the fish on
the table“ – George Kohlriesers Taktik, welche grob zusammengefasst
die direkte Ansprache eines bzw. des wichtigsten „Streit“Punktes,
darstellt. Der typische Schranner Einstieg startet demnach direkt
mit einem Konflikt. Das klingt einfach und, je nachdem wie Du
persönlich aufgestellt bist, vielleicht sogar abschreckend. Meiner
Meinung nach trifft beides nicht zu! Beim Einstieg spielen gemäß
Schranner-Konzept eine positive Grundeinstellung, Lob, die
Reduzierung der eigenen Dominanz,  sowie das Betonen von
Gemeinsamkeiten und dem Vertrauensaufbau (es wird MIT Menschen
verhandelt, nicht dagegen) ebenfalls eine entsprechende Rolle.
Außerdem gibt es in diesem Prinzip noch einen sehr wichtigen Tipp
nebenbei: MACHE NOTIZEN!   Prinzip 3 – Führung Matthias hat
seine ÜBERRASCHUNG 7 „Lieblingstaktiken“ für die erfolgreiche
Verhandlungsführung unter diesem Prinzip niedergeschrieben. Was ist
jetzt lösbar Nur die Zukunft zählt Nur die Lösung zählt
Gemeinsamkeiten statt Differenzen Optionen statt Angebote Zumachen
und nicht abwarten Walking and talking   Ich orientiere mich
für dich der Einfachheit halber jetzt eher am Leitfaden, der zum
Ende des Buchs die Punkte nochmal zusammenfasst. Nun, in meinen
Worten ausgedrückt solltest Du laut Schranner-Konzept den Konflikt,
den Du beim Einstieg selbst herbeigeführt hast, auch aushalten und
nicht zu schnell einzuknicken. Dennoch sollte eine gewissen
Kooperationsbereitschaft signalisiert werden. Um dies auch in die
Tat umzusetzen, sollten die Grundsätze der Reziprozität
berücksichtigt werden. Du sollst zudem auch die Inhalte
wiedergeben, um so Vertrauen aufzubauen und die Punkte mit deinen
Worten zusammenzufassen. Den „Druck“ hältst Du hoch, indem Du
weitere Forderungen einbringst – schließlich ist es ein Austesten
der Grenzen. Auch Einflüsse aus dem NLP finden sich beim
Schranner-Konzept wieder – denn beim „Versuchsabschluss“ wird der
„what-if frame“ oder „was wäre, wenn“ Rahmen bewusst genutzt, um
ein Ergebnis unter der Prämisse das „Hindernis“ aus dem Weg zu
räumen, zu simulieren. Mit der Egon Bahr Taktik werden Meilensteine
klassifiziert und in „was ist jetzt, was ist bald, was ist jetzt
nicht Lösbar, eingeteilt. Außerdem werden Inhalte betrachtet und
durch die Fragen „Welche Themen der Vergangenheit sind tabu?“
„Welche Themen sind positiv und zukunftsorientiert“? eingestuft.
Zur weiteren Vorgehensweise zählt hier auch noch gemeinsame
Entwicklung von Lösungswegen, Die letzt-genannten Taktiken, die
noch genannt werden, dienen vorrangig zum Vertrauensaufbau bzw. zur
Identifikation von Vertrauenspersonen auf der Gegenseite. Diese
haben mehrere Vorteile, die für das nächste Prinzip wichtig sind.
Das 4. Prinzip - Eskalation Hier wird es spannend – und dieses
Prinzip ist wichtig UND gefährlich! Die Grundidee, die nach meinem
Verständnis bei diesem Konzept durchschimmert, benötigt immer eine
spürbare Eskalation in Verhandlungen. Und übertrieben ausgedrückt,
stellst Du dich als „das Opfer“ dar, denn der Gegenüber lässt einem
ja keinen andere Wahl, als die Verhandlung abzubrechen. Ungeachtet
der Tatsache, ob ihr euch geeinigt habt oder nicht - es wird immer
Wert daraufgelegt, dem Gegenüber den gefühlten Sieg zu überlassen.
Daher wird sowohl dein Dank an deinen Gegenüber als auch eine
potenzielle Siegesrede, die dein Gegenüber intern und ggfs. auch
extern nutzen kann, entsprechend vorbereitet. Wenn ihr euch nicht
geeinigt habt, dann befindest Du dich in der „Sackgasse“, also hast
Du die Verhandlung abgebrochen und es geht aktuell nicht weiter.
Matthias zeigt 4 Wege auf, die wieder aus der Sackgasse rausführen.
Die Warnung, Den Abbruch Die Wette auf die Zukunft Das 4 Augen
Gespräch Damit dein Gegenüber derjenige ist, der von sich aus
wieder in die Verhandlung einsteigt, benötigst Du ANGST. Seine
Angst. Diese sollst du steigern und somit – ich zitiere: „den Preis
der Nicht-Einigung hochtreiben“. Die Warnung und der Abbruch
steigern diese Angst. Mit der Wette auf die Zukunft kannst Du
wieder in die Verhandlung einsteigen, denn dadurch wird eine
Risikoverteilung durchgeführt. Die letzte Möglichkeit ist das
4-Augen Gespräch - von den jeweiligen "Commandern" geführt – dieses
Gespräch ist die allerletzte Option, um die Verhandlung noch
erfolgreich zu beenden. In diesem Gespräch wird mit offenem Visier
verhandelt, der Druck ist enorm hoch und es muss eine Entscheidung
herbeigeführt werden.   Also zusammengefasst weißt Du nun,
dass das Schranner-Konzept teilweise Inhalte aus dem
Harvard-Konzept beinhaltet, sich jedoch an vielen Stellen
unterscheidet. Die für mich größten und deutlichsten Unterschiede
stellen in meinen Augen der Fokus auf den eigenen Sieg in der
Verhandlung sowie der Ansatz direkt mit dem Konflikt einzusteigen
dar. Nun hast Du einen kleinen Überblick über die, in meinen Augen
wichtigsten Konzepte, die es aktuell in der Welt der
Verhandlungsführung gibt, erhalten. Und ich habe mein eigentliches
Ziel für diese Episode erreicht. Was ich aus diesen Konzepten für
meinen persönlichen Verhandlungsstil abgeleitet habe, das erfährst
Du in den nächsten Episoden, des PRM-Podcast „Besser verhandeln“
Und nun bist Du wieder am Zug: Bewerte diesen Podcast Schreib eine
Rezension Verlinke dich mit mir auf LinkedIn, und sicher Dir mein
kostenfreies ebook auf meiner Homepage. Und wenn Du dieses Thema
vertiefen möchtest, dann empfehle ich dir an einem meiner
„Erstklassig verhandeln“ Workshops teilzunehmen. Die neuen Termine
sind gerade veröffentlicht.   Ich wünsche dir viel Erfolg bei
deinen Verhandlungen! Besten Gruß & bis zum nächsten Mal!
  Shownotes  

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