Episode 82 - Wieso Win-Win nicht funktioniert

Episode 82 - Wieso Win-Win nicht funktioniert

Wieso Play to win notwendig ist, um Win-Win zu erreichen.
10 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Heiko, so nenne ich ihn hier einfach mal, ist Mitte/Ende 30 und
direkt nach dem Studium direkt in dem Zentraleinkauf eines Konzerns
gewechselt. Dort durchlief er verschiedene Stationen incl. einiger
Weiterbildungen. Mittlerweile ist er Strategischer Einkäufer – das
steht zumindest in seiner Signatur & auf seiner Visitenkarte.
  An einem Dienstag im Mai hatte er einen Termin mit einem
Anbieter. Die Fachabteilung war von dem Angebot bereits überzeugt.
Der Leiter der Fachabteilung kam mittags extra noch in Heikos Büro.
«Heiko – das Angebot wird unschlagbar sein. Wir MÜSSEN mit denen
Zusammenarbeiten. Bitte verärgere die nicht. Das ist extrem wichtig
für uns.» waren Sätze, die er in dem Gespräch zu hören bekam.
Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass Heiko zuletzt
einige Deals blockiert hatte, da er sich mit der anderen Seite
nicht auf die Konditionen einigen konnte. Intern, so erfuhr ich
später, hatte man ihm den Beinamen «Der DEAL-Killer» gegeben.
«Keine Sorge – ich werde das schon regeln»   Dies im
Hinterkopf eröffnete Heiko das Gespräch mit dem Anbieter nach ein
wenig Smalltalk mit dem Satz:   «Mein Ziel ist es, hier heute
eine WIN-WIN Lösung zu generieren. Einen fairen Kompromiss, von dem
beide Seiten profitieren.»   Als wir diesen Fall im Rahmen
seines Coachings durchgesprochen haben, deckten wir viele Fehler
auf. Und ein entscheidender Fehler, der Fehler, auf den ich heute
besonders eingehen werde, dieser Fehler hängt mit WIN-WIN zusammen.
  Win-Win = fairer Kompromiss – beide Seiten profitieren.
  So seine Assoziation – und so hat er Win-Win auch in seinem
Kopf verankert – und da ist auch einer der Fehler, den neben Heiko
noch sehr viele andere Menschen machen, mit denen ich im Austausch
bin.   WIN-WIN wird als Kompromiss, oder sogar als fairer
Kompromiss angesehen. Im deutschsprachigen Umfeld ist das jedoch
ein Trugschluss – und dieser kann bares Geld kosten. Einer, der
häufigsten Fehler ist die Annahme, bei Win-Win wäre der Kompromiss,
der leider oftmals auch als «Treffen in der Mitte» angesehen wird,
das Ziel. Und das als Ziel ist einfach nicht empfehlenswert.  
Kleines Side-Learning: Das Wort «fair» ist in Verhandlungen sehr
heikel – denn Fair ist subjektiv! Wenn Du mehr dazu erfahren magst,
dann empfehle ich Episode 65 des Besser verhandeln Podcast.  
«Bei einem Kompromiss verlieren beide, denn niemand bekommt, was er
tatsächlich will» - so in etwa lautet ein Spruch, den ich irgendwo
mal aufgeschnappt habe. Das klingt für mich eher nach Lose-Lose als
nach Win-Win. Nun, meine ausführliche Sichtweise zur
Kompromiss-Strategie habe ich ja bereits in Episode 28 zum Besten
gegeben – die werde ich hier nun nicht wiederholen.   Win-Win
ist kein einfacher Kompromiss, sondern echte Arbeit. Zum einen
benötigst Du dafür das – ACHTUNG  Buzzword: RICHTIGE MINDSET.
  Um WIN-WIN zu erreichen, musst Du selbst auf Sieg spielen.
Play to Win.   Play to win – diesen Spruch habe ich erstmalig
bei George Kohlrieser aufgeschnappt. In dem 2012 veröffentlichten
Buch «Care to dare/Fördern und Fordern» ist dieser Führungsansatz
genauer aufgeschlüsselt. Mein ehemaliger Chef hat diesen Satz auch
sehr prominent in seinen Programmen platziert und es sogar als eins
seiner Prinzipien mit in sein Konzept aufgenommen. Auch bei meinem
letzten Besuch auf der Gamescom 2019 bin ich über diesen Satz
gestolpert. Logitech, ein Hersteller von Computer-Zubehör nutzt
PLAY TO WIN für seine Pro Series Produkte. Der Satz an sich kann
also vielseitig eingesetzt werden.   Kohlriesers Ansatz
bezieht sich zwar auf die Team-/Menschenführung, lässt sich in
meinen Augen jedoch auch sehr gut auf die Verhandlungsführung
ableiten. Klar – Du verhandelst ja auch mit Menschen  
«Challenging yourself and others to see and achieve wahr is beyond
normal expactation. – zu Deutsch: Sie fordern sich selbst und
andere dazu heraus, etwas zu erreichen, das über die normalen
Erwartungen hinausgeht» - so definiert er Play to win.   Und
genau diese Bereitschaft, diese Einstellung sorgt dafür, dass Du
auf Sieg spielst. Also «dein Win» in Win-Win sicherstellst.  
In Kohlriesers Ansatz spielen auch «die anderen» eine entscheidende
Rolle.   Heiko sah eine Verhandlung immer als Konflikt an, in
dem es um Sieg und Niederlage geht. Seine Gegenüber waren seine
Gegner, GEGEN die er gewinnen wollte. Nun – wenn Du hier schon
länger zuhörst, dann wird dir nicht entgangen sein, dass ich da
einen komplett anderen Ansatz vertrete:   Ich benötige «Die
andere Seite / Meine Gegenüber» um mein Ziel zu erreichen. Diese
Menschen sind meine Verhandlungspartner oder Partnerinnen. Ohne sie
erreiche ich mein Ziel garantiert nicht – also suchen wir gemeinsam
nach einer Lösung. Und da ich an – Achtung, nächstes Buzzword:
NACHHALTIGEN Ergebnissen interessiert bin, sollte die andere Seite
auch davon profitieren. WIN-WIN. Und da ist auch schon direkt
wieder die Verbindung zum Play to win Ansatz: Ich fordere und
fördere mich selbst UND ANDERE – das geht auch in Verhandlungen.
  Hört sich allerdings einfacher an, als es tatsächlich ist.
Denn um andere fordern und fördern zu können, benötigt es noch
viele weitere Dinge. Vertrauen () ist dabei sicher eine, wenn nicht
sogar die Wichtigste. Und neben der Frage: Kannst Du mir vertrauen,
ist die Frage, die Dank Leo Martin in meinem Kopf eingebrannt ist
«Worauf kannst Du vertrauen, wenn Du es mit mir zu tun hast»
Bestenfalls im Vorfeld schon beantwortet worden.   Leider –
oder zum Glück – je nachdem, was Du für ein Typ Mensch bist, ist an
dieser Stelle jedoch noch ein – naja – Warnhinweis notwendig:
  Verhandlungspartner wie Heiko einer war, gibt es viele.
Diese sind, vereinfacht ausgedrückt – auf die eigene
Profitmaximierung aus. Sie verhandeln egoistisch. Good for them –
great for me ist für diese Menschen ein Satz, in dem lediglich der
2. Teil zählt.   Begegnest Du solchen Menschen in
Verhandlungen und versuchst mit einem – ich nenne es mal provokant
«naiven Win-Win» Ansatz die Verhandlung zu führen, dann wirst Du
mit dem Ergebnis vermutlich nicht glücklich werden. Und wenn sich
dir diese Frage stellt, dann befindest Du dich im Negotiators
Dilemma, wie es Lax & Sebenius in «The manager as negotiator»
bezeichnen. Um dieses Dilemma zu lösen oder es gar nicht erst
aufkommen zu lassen, sind einige Schritte wichtig. Kurz und knapp:
Starte kooperativ, nicht zu druckvoll. Doch wenn Dir auffällt, dass
diese Kooperation nicht auf Gegenseitigkeit beruht, ist es an der
Zeit selbst etwas Druck aufzubauen. Grenzen aufzuzeigen, härter zu
verhandeln. Dies zahlt direkt auf mehrere Konten ein: auf den
Reputationskonto, auf dein Vertrauenskonto und im entfernten Sinne
auch auf das Bankkonto.   Du profitierst von dieser Episode,
denn du weisst nun: Win-Win ist kein einfacher Kompromiss Play to
win – spiele auf Sieg– um WIN-WIN zu erreichen Baue vertrauen auf,
denn es eine wichtige Basis für deinen Verhandlungserfolg Achte auf
das Negotiators Dilemma und löse es, wenn Du drin bist Starte
Kooperativ und bleibe kooperativ, solange dein Verhandlungspartner
ebenfalls kooperativ verhandelt. Härte & Druck erhöhst Du erst,
wenn der kooperative Ansatz nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Lese
Care to Dare & The Manager as negotiator (vielleicht hörst Du
vorher meine Buchbesprechung mit Andreas Winheller)   Und dies
zu wissen allein reicht ja nicht – ist klar. Also finaler Tipp am
Ende: Baue mindestens einen dieser Tipps in deine nächste
Verhandlung ein und du wirst mit Sicherheit: BESSER VERHANDELN.
  Ciao und bis bald   Dein Andi   Links Andreas
Schrader    

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