#46 Die WKStA vs. Wolfgang Sobotka // 13 Fragen an den Signa-Beirat

#46 Die WKStA vs. Wolfgang Sobotka // 13 Fragen an den Signa-Beirat

Die WKStA führt Wolfgang Sobotka als Verdächtigen – er soll einst Thomas Schmid zum Amtsmissbrauch angestiftet haben, um eine Steuerprüfung der Dr. Erwin Pröll Privatstiftung zu "erledigen". Was da passiert sein soll, und warum gegen Sobotka nur mit Zusti
17 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten

I. Wolfgang Sobotka und die WKStA: 


Das ist mitnichten der Beginn einer neuen Liebesbeziehung. Die
Behörde hat gegen Sobotka Ermittlungen eingeleitet. 


Sobotka soll 2017 im Finanzministerium und da bei Thomas Schmid
wegen einer Steuersache interveniert haben. Schmid war damals
Generalsekretär des Finanzministeriums, Sobotka bis Mitte
Dezember 2017 ÖVP-Innenminister und ab da Nationalratspräsident.


Thomas Schmid, das ist der Mann sich einst als ein Prätorianer
von Sebastian Kurz bezeichnet hat. Er hat am 11. Dezember
erstmals im Falschaussageverfahren gegen Sebastian Kurz
ausgesagt, für den 15. Dezember war die Fortsetzung seiner
Zeugeneinvernahme angesetzt. 


Also nach der Aufzeichnung dieser Episode. 


Ich werde das Auftreten von Thomas Schmid im Kurz-Prozess noch
gesondert beleuchten, sinnvollerweise wollte ich seine Befragung
durch die WKStA abwarten, die ja noch ausstand. 


Dazu also ein andermal. 


Thomas Schmid hatte Sobotka 2022 in einer Einvernahme belastet
und dazu später auch  einen  Chat mit dem früheren
Sektionschef im Finanzministerium Eduard Müller vorgelegt. 


Müller ist heute ein Vorstand der Finanzmarktaufsicht, dazumals
hatte er viel Einfluss im Finanzministerium. 


Schmid sagt, Sobotka habe 2017 bei ihm wegen einer laufenden
Steuerprüfung zur Erwin-Pröll-Privatstiftung interveniert und von
ihm eine Erledigung dieser Sache gefordert. Und das sei dann auch
passiert


Die Dr. Erwin Pröll Privatstiftung war 2007 vom damaligen
Landeshauptmann Niederösterreichs eingerichtet worden, da wurden
zunächst Geldgeschenke eingebracht, die er zum 60er im Jahr davor
erhalten hatte, immerhin 150.000 Euro. 


Mit dem Geld wollte man die Entwicklung des ländlichen Raum
fördern.


Ende 2016 deckte dann aber der Falter auf, dass auch das Land
Niederösterreich Geld an die Pröll Stiftung geschickt hatte. Da
ging es um insgesamt 300.000 Euro. Großer Wirbel damals, die
Stiftung musste das Geld samt Zinsen schlussendlich 2017 an das
Land Niederösterreich zurückzahlen, später wurde sie aufgelöst.


Tatsächlich gab es noch 2017 eine Steuerprüfung der
Stiftung. 


Rund um die Rücküberweisung des Landesgelds war offenbar die
Frage aufgetaucht, ob diese 300.000 Euro steuerlich nun als
Förderung oder als sogenannte Zustiftung zu behandeln waren.


Diese Einstufung hatte nämlich Einfluss auf die steuerliche
Bemessung.


Laut Thomas Schmid soll die Finanzverwaltung zunächst von einer
Zustiftung ausgegangen sein, 


das hätte 27,5 Prozent Kapitalertragsteuer ausgelöst, in dem Fall
also rund 82.500 Euro. 


2018 soll die Finanz dann aber plötzlich umgeschwenkt sein, und
die 300.000 als Förderung qualifiziert haben. Damit wäre die
Kapitalertragsteuer vom Tisch gewesen.


Und irgendwo dazwischen soll Sobotka bei Schmid interveniert
haben und Schmid hatte rund um die Pröll-Stiftung wiederum
Kontakt mit Sektionschef Eduard Müller. 


Soweit die Verdachtslage. Gerichtsfest bewiesen ist davon erst
einmal nicht. 


Sobotka bestreitet die Intervention energisch, auch Müller hat
Fehlverhalten jedweder Art bereits in der Vergangenheit
zurückgewiesen. Und sowieso gilt die Unschuldsvermutung


Wie geht das jetzt weiter? 


Sobotka genießt bis zu einem gewissen Grad strafrechtliche
Immunität, wie jeder Abgeordnete. Geregelt ist diese Immunität im
Geschäftsordnungsgesetz 1975, das Parlamentarier vor
Strafverfolgung in Ausübung ihres Berufs schützen soll. 


Sie dürfen zum Beispiel nicht wegen ihres Abstimmungsverhaltens
belangt werden. Das Gesetz sieht jedenfalls vor, dass eine
Behörde immer erst den Nationalrat fragen muss, ob es Gründe
gibt, die gegen eine Strafverfolgung sprechen. 


Das passiert jetzt auch im Fall Sobotka. Die WKStA hat ein
schriftliches Ersuchen um Zustimmung des Nationalrates zur
Verfolgung von Sobotka gestellt. Geschickt wurde es übrigens an
das Präsidium des Nationalrats zu Handen Wolfgang Sobotka. 


Der hat auch gleich reagiert und über  profil ausrichten
lassen, dass er sich natürlich ausliefern lasse werde, weil er
sich eben nichts zuschulden komme habe lassen. 


Ok, das ist ein bisschen drollig, weil Sobotka sich gar nicht
ausliefern lassen kann. Er hat in diesem Prozess keinerlei
Parteienstellung. Darüber entscheidet der sogenannte
Immunitätsausschuss. Das sind 13 Abgeordnete, 5mal ÖVP, 3mal SPÖ,
2mal Grüne, 2mal FPÖ und einmal NEOS. Den Vorsitz führt derzeit
die SPÖ-Abgeordnete Selma Yildirim. 


Der Ausschuss prüft den Antrag der WKStA und entscheidet dann mit
einfacher Mehrheit für oder gegen eine Freigabe der
Strafverfolgung. Da entsteht dann eine Vorlage und die geht ans
Plenum des Nationalrats, wo das dann final beschlossen
wird. 


Das dürfte bereits im nahenden Jänner passieren. Soweit es
Wolfgang Sobotka betrifft, gilt diese Auslieferung als durchaus
wahrscheinlich. Also nicht nur deshalb, weil er das sowieso will,
ohne dass ihn jemand danach fragen würde. 


Seitens der Parlamentsdirektion wurde mir gesagt, dass es keine
erkennbaren Gründe gibt, die einer Strafverfolgung
entgegenstehen. Die Vorwürfe hätten nichts mit seiner
unmittelbaren Berufsausübung im Sinne des
Geschäftsordnungsgesetzes zu tun und die vorliegenden Indizien
fallen noch dazu in eine Zeit, wo er noch gar nicht im Parlament
war.


Mit der Aufhebung der Immunität würde Sobotka vom Verdächtigen
zum Beschuldigten und erst ab da kann die WKStA tatsächlich
ermitteln. Also zum Beispiel den wichtigen Steuerakt der
Pröll-Stiftung anfordern und erste Einvernahmen ansetzen.


Thomas Schmid wird in diesem Verfahren übrigens auch als
Verdächtiger geführt, er wäre ja der gewesen, den Sobotka zum
Amtsmissbrauch angestiftet hätte. Schmid strebt aber bekanntlich
eine Kronzeugenregelung an, die Entscheidung darüber ist noch
nicht gefallen. Es wird also dauern, bis hier etwas mehr Klarheit
herrscht. 


II. Es war einmal der Beirat Signa Holding
GmbH. 


Das war eine Gruppe von Menschen, allesamt Persönlichkeiten aus
Wirtschaft und Politik, die sich zusammengetan hatten, um René
Benko und seine Führungskräfte beratend zu begleiten, wie das
damals bei Signa hieß. Heute ist die Signa Holding pleite,
weitere Gesellschaften der Gruppe sind ihr bereits gefolgt und
von der Signa-Website sind die Hinweise auf den Beirat
verschwunden. 


Ich nehme jetzt mal an, dass sich der Beirat mit Einleitung des
Insolvenzverfahrens erübrigt hat, aber mittlerweile frage ich
mich, in welcher Form dieser Beirat je existiert hat und was da
eigentlich genau gemacht wurde. 


Von der Website der Signa mag der Beirat verschwunden sein, aber
mit Online-Diensten wie Wayback Machine kann man frühere
Versionen einer Website aufrufen. 


Das habe ich gemacht. Und ich habe mir den Stand der Signa-Seite
vom August dieses Jahres angesehen, da stand das Haus Benko ja
noch. 


Da stand über den Beirat:


Dieser strategische Beraterkreis von angesehenen
Persönlichkeiten aus dem Bankenwesen, aus der Politik und aus der
Wirtschaft ist regelmäßig wichtiger Impulsgeber für die
Weiterentwicklung bei Signa und steht dem Group Executive Board
sowie den einzelnen Managern bei Bedarf beratend zur Seite. Der
Beirat, der erstmals im Jahr 2005 eingesetzt wurde, ist kein
statutarisches Organ im herkömmlichen Sinn, sondern vielmehr ein
Gremium, dessen Aufgabe es ist, die Strategie der
Weiterentwicklung sowie das Neugeschäft des Unternehmens beratend
zu begleiten.


Unterhalb dieses Marketing-Blablas hingen noch im August die
Fotos von den damals neun Beiratsmitgliedern. Erstens René Benko
selbst, der als Vorsitzender genannt wurde. 


Benko war vor einigen Jahren von der Signa-Geschäftsführung in
den Beirat gewechselt. 


Daneben zweitens Alfred Gusenbauer, als Berater längst die
Definition der Ich-AG, vormals unter anderem SPÖ-Chef und
Bundeskanzler. Durch Recherchen von News wurde bekannt, dass
Gusenbauer als Signa-Berater Millionenhonorare bekam. 


Daneben drittens Karl Stoss, der amtierende Präsident des
Österreichischen Olympischen Komitees, vormals unter anderem
Generaldirektor der Casinos Austria. Er steht der ÖVP nahe. 


Daneben viertens, der deutsche Unternehmer Roland Berger, Gründer
der gleichnamigen Münchner Unternehmensberatung. Berger hat einst
auch führende deutsche Politiker beraten. Und er ist einer der
frühen Signa-Investoren.


Daneben fünftens Susanne Riess-Hahn, die Generaldirektorin der
österreichischen Wüstenrot-Gruppe, vormals unter
FPÖ-Vizekanzlerin. Sie ist mit EU-Kommissar Johannes Hahn
verheiratet, der bekanntlich ÖVP ist. 


Daneben sechstens Walid Chammah, ein Libanese, er stand einst mit
an der Spitze der multinationalen Finanzgruppe Morgan Stanley,
mittlerweile ist er in Pension. Laut Berichten englischsprachiger
Medien hat Chammah die Signa in London geklagt, es geht um offene
Beraterhonorare von 14 Millionen Euro. Offenbar hatte Benko
diesem Berater Provisionen und Vorschüsse versprochen und zwar
rund um den Erwerb der deutschen Galeria-Kaufhof-Gruppe. Das Geld
soll Chammah aber nie bekommen haben. Auch hier ist jedenfalls
von Millionen Euro die Rede. 


Daneben siebtens Ernst Tanner, ein Schweizer Unternehmer, auch er
einer der frühen Investoren bei Signa. Tanner ist unter anderem
Verwaltungsratspräsident des Schokoladenimperiums Lindt &
Sprüngli. 


Dann hätten wir noch achtens Karl Sevelda, einen pensionierten
Banker, zuletzt viele Jahre für den Raiffeisen-Sektor in
leitender Funktion tätig. Karl Sevelda hat übrigens auch eine
politische Vergangenheit, er war einer der Gründer des Liberalen
Forums, wer sich noch erinnert. Das LIF war eine Schöpfung der
1990er Jahre und verschwand dann später in den NEOS.


Und schließlich, Mitglied Nummer neun: Karl Samstag, ebenfalls
ein Banker im Ruhestand. 


Er hat ab den 1960er Jahren für die Wiener Zentralsparkasse
gearbeitet und brachte es schließlich zum Generaldirektor der
Nachfolgerin Bank Austria. Keine Überraschung, Karl Samstag
spielt im Team SPÖ, er hat unter anderem noch bis Ende dieses
Jahres Funktionen im Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband
Wien. 


Der Signa-Beirat, das waren also acht Männer und eine Frau, ein
bisschen Österreich, ein bisschen International, viel Gewicht auf
der Finanzbranche und viel viel politischer Background. 


Jetzt bleibt immer noch die Frage, wofür dieser Beirat gut
gewesen sein soll. Also was hinter diesem Marketing-Blabla auf
der Website stand. Also habe ich den 9 Beiratsmitgliedern
beziehungsweise deren Büros E-Mails geschickt. 


Ich hatte folgende 13 Fragen: 


1) Wie lange waren Sie Mitglied des Beirats der Signa Holding
GmbH?


2) Welche Aufgaben hatte der Beirat?


3) Wie wurde die Arbeit des Beirat formell definiert? Gab es
satzungsmäßige Regularien oder einen Statut?


4) Welche Tätigkeiten waren mit Ihrer Beiratsmitgliedschaft
verbunden?


5) Gab es ein regelmäßiges Reporting an den Beirat bzw. welche
Informationen wurden dem Beirat in welchem Rhythmus und auf
welche Art zur Verfügung gestellt?


6) Konnte der Beirat auf eigenen Wunsch Einsicht in
Geschäftsbücher nehmen?


7) Welchen Einfluss hatte der Beirat auf das operative Geschäft
der Signa Holding GmbH?


8) Wie oft tagte der Beirat?


9) An wie vielen Beiratssitzungen haben Sie selbst teilgenommen?


10) Wie und in welcher Höhe wurden Sie für Ihre Tätigkeiten im
Beirat honoriert?


11) Wann und durch wen wurde dem Beirat die finanzielle
Schieflage der Signa Holding GmbH kommuniziert?


12) Besteht der Beirat aktuell noch?


13) Bestanden/bestehen über Ihre Funktion im Beirat hinaus
geschäftliche Verbindungen (Beteiligungen, Beraterverträge,
Forderungen, Verbindlichkeiten) zur Signa-Gruppe oder anderen
René Benko zuzurechnenden Rechtsträgern?


Eine Anmerkung: Einzig René Benko bekam anstelle der letzten
Frage eine andere gestellt: Warum sind Sie aus der
Geschäftsführung in den Beirat gewechselt?


In meinem Geschäft rechnet man ja nie mit praller Ernte und was
soll ich sagen: Der Rücklauf war, nunja. 


Von René Benko kam keine Antwort, ihn hatte ich direkt
angeschrieben, dazu noch zwei weitere Signa-Leute.


Auch von Alfred Gusenbauer: keine Antwort. Ihn hatte ich direkt
angeschrieben. 


Von Karl Stoss kam etwas zurück, er ließ über die Pressestelle
des Olympischen Komitees ausrichten, ich zitiere: 


Karl Stoss möchte zu diesem Thema/diesen Fragen nicht Stellung
nehmen, Danke für Ihr Verständnis


Roland Berger hatte ich über sein Büro angeschrieben: keine
Antwort. 


Susanne Riess-Hahn hatte ich über die Wüstenrot-Pressestelle
angeschrieben, ich bekam auch eine Antwort: 


Ich zitiere: Der Beirat hat ausschließlich beratende Funktion.
Susanne Riess-Hahn hat kein Honorar bezogen. Es gibt keinerlei
Geschäftsbeziehungen weder zwischen Signa und Wüstenrot noch
zwischen Signa und Riess-Hahn.


Walid Chammah hatte ich über sein LinkedIn-Profil kontaktiert.
Keine Antwort.


Bei Ernst Tanner habe ich es über die Pressestelle von Lindt
& Sprüngli versucht, ich bekam keine Rückmeldung.


Karl Sevelda habe ich erreicht, er schrieb mir auch zurück, ich
zitiere wieder: Ich bitte um Verständnis, dass ich zum
jetzigen Zeitpunkt keinerlei öffentliche Aussagen tätigen
möchte.


Und schließlich Karl Samstag, den ich direkt angeschrieben hatte:
Keine Antwort. 


Okay, halten wir fest: Die wollen nicht drüber reden. 


Was immer dieser Beirat auch war, mit gewollter oder wirksamer
Kontrolle hatte das offenbar nichts zu tun. 


Für Benko war dieser Beirat in jedem Fall eine gute Sache. Er
bekam Know How, er bekam Netzwerke und ein wenig Markenpflege ist
sie auch noch ausgegangen. Denn eins ist offenbar: Wer solche
Leute im Beirat seiner Firma hat, der schaut doch gleich viel
manierlicher aus.


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