“Ist die Deutsche Bahn noch zu retten?“ – mit Peter Füglistaler und Susanne Landwehr

“Ist die Deutsche Bahn noch zu retten?“ – mit Peter Füglistaler und Susanne Landwehr

41 Minuten

Beschreibung

vor 4 Monaten

Der frühere Direktor des Bundesamtes für Verkehr in Bern, Peter
Füglistaler kritisiert die frühere Politik: „Der grosse Irrtum
wurde mit der deutschen Bahnreform 1996 gemacht. Da war die Idee:
Wir sanieren die Deutsche Bahn jetzt einmal, sehr grosszügig,
dann wird sie wettbewerbsfähig, geht an die Börse und schreibt
Gewinn. Als Politik bin ich das Problem los. (..) Das ist das
ganz grosse Problem, das Fehlurteil.“ – Susanne Landwehr,
Korrespondentin der Deutschen Verkehrszeitung bestätigt: „Die
Politik wollte nicht kontrollieren oder sie hatte einfach ganz
andere Prioritäten.“

Füglistaler: „Ein Bahnnetz ist das Problem des Staates. (..) Das
kommt jetzt ganz langsam in Deutschland, dass die Politik
erkennt: Die Bahn ist mein Problem. (..) Das ist ein sehr
langsamer Prozess. (..) Wir haben in der Schweiz auch 30 Jahre
dafür gebraucht, von einer Bahn, (..) die sagt (..) ich mache es
dort, wo es rentabel ist, zu einem Bahnsystem zu kommen, das
politisch definiert ist. (..) Die Politik (..) gibt die Vorgaben,
aber die operative Umsetzung muss bei der Bahn bleiben. Und diese
Klärung hat in Deutschland gerade begonnen.“ 

Weiss man denn, was man will? – Landwehr: „Also im Moment habe
ich den Eindruck, dass Bahn und Bund oder Bahn und das
Verkehrsministerium sich die Bälle zuspielen. Die Strategie des
Bundes ist nicht so ganz klar." - Füglistaler relativiert: „So
negativ sehe ich es nicht. Es wurde jetzt der erste Schritt
gemacht mit der der DB-InfraGO (die gemeinwohlorientierte
Infrastrukturgesellschaft der Deutschen Bahn AG) (..) Das ist der
erste Schritt in diesem Tansformationsprozess. (..) Beim
Ministerium ist das angekommen, aber das reicht ja noch nicht. Es
muss bei der Regierung ankommen, beim Parlament und am Schluss
beim Volk.“ 

Kann das Ziel der Verlagerung des Gütertransports von der Strasse
auf die Schiene erreicht werden? - Füglistaler: „Ja
selbstverständlich, aber es geht nicht schnell“. Die
Alpeninitiative hat 1994 in der schweizerischen Verfassung
festgelegt, dass die transalpinen Fahrten auf die Schiene
verlagert werden müssen. „Man hat sieben Jahre gebraucht, um den
Anstieg zu stoppen, (..) aber es dauert Jahrzehnte (..). Wir sind
seit 30 Jahren dran (..) Bei den vorgeschriebenen Fahrten ist man
heute noch nicht ganz da bei 650‘000, man ist noch bei 900‘000,
man war mal bei 1,4 Mio. Ohne diese Initative hätten wir Zustände
wie in Oesterreich: 2,5 Mio Fahrten“.

Ist der Plan realistisch, 40 Hochleistungskorridore bei
Vollsperrung zu sanieren? – Landwehr: „Ich glaube, dass das
funktioniert (..) Das ist der einzige Weg“ – Bis jetzt wurde aber
nur einer von 40 realisiert, wie lange dauert das? - Füglistaler:
„40 Jahre, aber das ist auch die übliche Nutzungsdauer bei einer
Bahninfrastruktur, man lebt in ganz anderen Zeiträumen als die
übrige Wirtschaft. Wenn eine Bahnstrecke saniert wird, dann macht
man das auf 25-40 Jahre.“ – Also retten wir die Bahn für unsere
Grosskinder? – Füglistaler: „Nein, für die Kinder“.

Kann eine Finanzierungstruktur mit heute 180 Finanzierungsquellen
der Bahn reformiert werden? - Landwehr: „Die Schweiz ist ja das
Vorbild. Die Schweiz hat ja einen grossen Finanzuierungsfonds für
die Schiene. Alle kucken auf die Schweiz, wie habt ihr das
gemacht? So wollen wir das auch machen."

Geht’s wieder aufwärts oder kann nur der Niedergang gestoppt
werden? Landwehr: „Ich bin eher pragmatisch und optimistisch.
(..) Der Zeitrahmen so mit 20 Jahren ist schon realistisch“. –
Füglistaler: „Man hat die Talsohle erreicht“. Früher seien die
Probleme nur negiert worden, „es war immer alles wunderbar, nur
kam nie etwas. Und das hat sich fundamental geändert. (..) Es
wurde erkannt, dass die Qualität der Deutschen Bahn schlecht ist,
grottenschlecht. (..) Das ist neu in der deutschen Politik, dass
man für die Bahn eine Lösung braucht. Und das lässt mich
optimistisch in die Zukunft schauen.“

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