Wenn das Schicksal ruft, folge ihm. Ein Gespräch mit Sebastian Jeuck in Taipeh/Taiwan

Wenn das Schicksal ruft, folge ihm. Ein Gespräch mit Sebastian Jeuck in Taipeh/Taiwan

55 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Davon, dass es sich auszahlt, das Schicksal am Schopfe zu packen,
kann Sebastian Jeuck erzählen. Seit 2017 ist er Deutsch-Lektor an
der privaten Chinese Culture University in Taipeh/Taiwan. Sein
Weg in die Republik ist geprägt davon, beherzte Entscheidungen
getroffen zu haben. 2013 reiste er gemeinsam mit einem Freund
nach Taipeh und erkundete anschließend das Land. Eine
Fernbeziehung ließ ihn anschließend nicht nur immer wieder nach
Taiwan reisen, sondern auch in Düsseldorf, wo er bis dahin lebte,
einen Chinesischkurs absolvieren. Nach dem Studium der Musik und
Philosophie befand er sich in einer Berufsfindungsphase. Deshalb
fiel es ihm auch nicht schwer, einen Job anzunehmen, welchen er
nach einem spontanen und chaotischen Vorstellungsgespräch
angeboten bekam: Da er bei der telefonischen Anfrage seiner
heutigen Universität schon auf dem Sprung zum Flughafen war,
hielt er kurzerhand auf dem Campus, absolvierte das Gespräch und
bekam den Job. Dass er innerhalb der darauffolgenden 3 Monate
seine Zelte in Deutschland abbrechen und nach Taipeh ziehen
würde, hätte er sich nicht träumen lassen. Heute ist er mit einer
Taiwanerin verheiratet, fährt mit dem Shuttle-Service der
Universität zu seinen Studierenden auf den Campus und bereist
nach wie vor leidenschaftlich gern seine neue Heimat. 


Aber nicht nur Sebastian ist seinem Schicksal gefolgt, sondern
diese Redensart ist den Taiwanern und Taiwanerinnen immanent -
wenn auch auf andere Art und Weise. Denn Sebastian erzählt in
unserem Gespräch auch davon, wie es sich anfühlt in einem
selbstbewussten und demokratischen Land zu leben, welches unter
der stetigen Bedrohung der Einverleibung durch die Volksrepublik
China steht und wie die Bevölkerung damit umgeht. 


Darüber hinaus jedoch beschreibt er auch, wie lebendig seine
Wahlheimat chinesische Tradition und Geschichte lebt und
verschiedene Minderheiten in die Gesellschaft integriert. 


Dass der Alltag in Taiwan durch andere Werte als beispielsweise
in Deutschland geprägt ist, stellt keine große Herausforderung
für Sebastian dar, denn ihm gelingt es, gut auf die Zwischentöne
der täglichen Kommunikation zu horchen und mit Toleranz und
Gleichmut auf diese zu reagieren. Wer Sebastians Geschichte hört,
mag vielleicht noch lange nicht an Vorherbestimmung glauben, kann
aber die positive Kraft entdecken, die darin liegt, Umstände
anzunehmen und Schritte zu gehen, ohne zu wissen, wohin sie
führen.

-----

Buchtipp: 


Thilo Diefenbach (Hg.): Kriegsrecht/ Neue Literatur aus Taiwan,
iudicium Verlag, München 2017 


Eine Sammlung verschiedenster kurzer Erzählungen bzw.
Kurzgeschichten und Essays taiwanischer Autoren von 1949 bis
2016. 


Ein literarisch vermittelter Einblick in die konfliktreiche
politische Situation Taiwans als "abtrünnige Provinz"
Chinas. 


https://literaturkritik.de/diefenbach-kriegsrecht-taiwan-ist-nicht-china-sinologe-thilo-diefenbach-stellt-kriegsrecht-auf-450-seiten-neue-literatur-aus-taiwan-vor,23936.html

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