Splitting

Splitting

Modellansatz 081
16 Minuten
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Beschreibung

vor 8 Jahren

Johannes Eilinghoff befasst sich in seiner Forschung mit
mathematischen Fragen in der Quantenmechanik und war mit diesem
Thema am Projekt Cooking Math beteiligt. Das Projekt wurde von
Promovierenden im Sonderforschungsbereich Wellenphänomene (SFB)
an der Fakultät für Mathematik am Karlsruher Institut für
Technologie (KIT) und Studierenden der Hochschule für Gestaltung
(HfG) unter Federführung von Jill Enders und Chris Spatschek
durchgeführt. Kurz vor unserem Gespräch - im November 2015 -
waren das Projekt Cooking Math und die entstandenen Arbeiten beim
16. Science Slam Karlsruhe zu Gast, der im jubez stattfand.


Die Idee des Projektes ist es, dass Designstudenten von der HfG
im Rahmen ihres Studiums die Promotionsprojekte von Mathematikern
als Vorlage nehmen, um deren (Teil-)Inhalte kommunizierend zu
gestalten. Vorgängerprojekt und zum Teil Anleihe für die Idee war
das Projekt Science Vision von Jill Enders und Chris Spatchek.


Die Motivation des SFB für die Teilnahme war, die mathematische
Forschungsarbeit auf ungewohntem Weg zu kommunizieren. Es waren
schließlich sechs Mathematik-Doktoranden und acht
Designstudierende an dem Projekt beteiligt.


Der Ablauf gestaltete sich wie folgt: An zwei Terminen hielten
die Mathematiker Vorträge über ihre Arbeit. Später teilten sich
die Designer bestimmte mathematischen Themen (und damit einem der
Promovenden) zu und bearbeiteten es in diesen Gruppen weiter.


Johannes Eilinghoff hat mit Christina Vinke zusammengearbeitet.
Sie hatte die Idee, zunächst einen für ein Laienpublikum
verständlichen Text zu schreiben, der die Grundideen der Arbeit
von Johannes beinhaltet. Johannes hatte bis dahin schon
Erfahrungen mit Vorträgen für mathematisch Vorgebildete, aber
hier war es eine besondere Herausforderung den Spagat zwischen
der Korrektheit des Textes und seiner Verständlichkeit zu
meistern.


Die endgültige Version entstand in Zusammenarbeit der beiden
(auch mit den beiden Betreuern) und in mehreren Iterationsstufen.
Sie wurde im Soundstudio von Johannes eingesprochen und in
Abschnitte zu je 2-3 Sätzen unterteilt.


Als Visualisiserung des Forschungsgebietes dient außerdem eine
auf den Boden gezeichnete Zickzack-Linie, die das Thema von
Johannes (Splitting-Verfahren) symbolisiert. Wenn man diese Linie
entlangeht, werden jeweils an den Ecken die Teilstrecken die
mathematischen Ideen per Kopfhörer vom Band vorgelesen.


Johannes schätzt im Rückblick auch den Einblick in die Arbeit an
der Hochschule für Gestaltung.



Text zum Vorsprechen beim Kunstprojekt „Cooking Math“ mit der
Hochschule für Gestaltung.


Station 1:
Lieber Zuhörer, mein Name ist Johannes Eilinghoff. Ich bin
Doktorand im Fach Mathematik an der technischen Universität in
Karlsruhe. Während Sie der Linie vor Ihnen folgen, erkläre ich
Ihnen, was ich erforsche und warum Sie auf einer Linie laufen. Ich
bin beteiligt an einem großen Rätsel der Wissenschaft: Wir wollen
Teilchen aus der Quantenmechanik besser verstehen. Dafür würden wir
gerne wissen, wie sich kleinste Teilchen, wie zum Beispiel
Elektronen, im Raum bewegen.

Station 2:
Wenn ich mit meiner Arbeit anfange, weiß ich eines so gut wie
Sie: Wenn Sie jetzt auf die Uhr schauen, können Sie genau sagen, zu
welcher Zeit Sie auf dem Ausgangspunkt gestanden sind. Auch ich
kenne die Ausgangszeit und Anfangsposition meiner Elektronen. Was
Sie noch nicht wissen, ist, mit welcher Geschwindigkeit Sie sich
bewegen werden und zu welchem Zeitpunkt Sie in der Mitte oder am
Ende der Linie angelangt sein werden. Genau das interessiert mich
in meiner Forschung.

Station 3:
Leider betrachte ich nicht Sie als Forschungsgegenstand. Sie
sind schön groß, wunderbar langsam und auf der ausgewiesenen Linie
relativ berechenbar. Meine Elektronen sind so klein, dass es so ist
als ob Sie, lieber Zuhörer, versuchen würden, eine Maus auf dem
Mond zu beobachten. Sie sind flink und tanzen so unberechenbar,
dass wir einen Computer und eine mathematische Gleichung brauchen,
um das Unmögliche für uns möglich zu machen.

Station 4:
Wir wollen wissen: Zu welcher Zeit ist das Elektron an welchem
Ort? Und mit welcher Geschwindigkeit bewegt es sich? Für die Lösung
dieser Fragen verfolge ich folgenden Ansatz: Meine Gleichung
besteht aus zwei Teilen. Ich weiß, dass jeder meiner beiden Teile
mit dem Computer einfach und schnell zu lösen ist. Die Idee ist
nun, die gute Lösbarkeit der beiden Teile für mein ursprüngliches
Problem zu nutzen. Mein Vorgehen kann man sich vorstellen wie diese
Linie auf dem Boden. Es ist einfach, einen Teil eines geraden
Wegstücks entlang zu gehen. Wenn Sie das Wegstück immer weiter
geradeaus laufen würden, würden Sie die Linie verlassen und nicht
ans Ziel kommen.

Station 5:
Um ans Ziel zu kommen, macht mein Computer das Folgende: Er
berechnet die Lösung des einen Teils. Diese verwendet er um den
anderen Teil zu lösen. Dessen Lösung verwendet er wieder für den
ersten Teil und so weiter. Bildlich können Sie sich das wie einen
Gang auf dieser Linie vorstellen: Erst nach vorne, dann entlang der
Linie nach rechts, dann wieder nach vorne, und wieder nach rechts.
So schicke ich meinen Computer über Umwege ans Ziel. Das Schöne an
den Umwegen ist, dass er sie wesentlich schneller und leichter
berechnen kann.

Station 6:
Dieses Verfahren ist nicht exakt, denn es berechnet nicht die
Lösung der ursprünglichen Gleichung, sondern nur die Lösung der
beiden Teile. In meiner Forschung versuche ich nun zu beweisen,
dass diese Abweichung gering ist. Damit kennen Sie die Thematik
meiner Doktorarbeit.

Station 7:
Nun sind Sie am Ende der roten Linie und damit am Ziel
angekommen. Hier möchte ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken
und Ihnen zum Schluss noch verraten: Die Art von Gleichungen, die
ich in meiner Forschung betrachte, nennt man
Differentialgleichungen.
Literatur und Zusatzinformationen

J. Eilinghoff, R. Schnaubelt, K. Schratz: Fractional error
estimates of splitting schemes for the nonlinear Schrödinger
Equation.

Wikipediaeintrag zu Splitting-Verfahren

Übersichtsartikel zu Splittingverfahren

Podcasts

J. Enders, C. Spatschek: Cooking Math, Gespräch mit G. Thäter
und S. Ritterbusch im Modellansatz Podcast, Folge 80, Fakultät
für Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016.
http://modellansatz.de/cooking-math

J. Eilinghoff: Analysis, Gespräch mit S. Ritterbusch im
Modellansatz Podcast, Folge 36, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2014.
http://modellansatz.de/analysis

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