Helmholtzzerlegung

Helmholtzzerlegung

Modellansatz 085
39 Minuten
Podcast
Podcaster

Beschreibung

vor 8 Jahren

Jens Babutzka hat Anfang 2016 seine Promotion an der KIT-Fakultät
für Mathematik verteidigt. Das Gespräch dreht sich um einen Teil
seiner Forschungsarbeit - dem Nachweis der Gültigkeit der
sogenannten Helmholtz Zerlegung im Kontext von Gebieten mit einer
sich periodisch wiederholenden Geometrie. Das lässt sich für die
Untersuchung von photonischen Kristallen ausnutzen unter der
Wirkung einer Zeit-harmonischen Wellengleichung.


Für die Untersuchung von partiellen Differentialgleichungen auf
Lösbarkeit, Eindeutigkeit der Lösungen und deren Regularität gibt
es verschiedene Grundwerkzeuge. Eines ist die Helmholtz
Zerlegung. Falls sie in einem Raum möglich ist, kann man jedes
Vektorfeld des Raumes eindeutig aufteilen in zwei Anteile: einen
Gradienten und einen zweiten Teil, der unter der Anwendung der
Divergenz das Ergebnis Null hat (man nennt das auch
divergenzfrei).


Wann immer Objekte miteinander skalar multipliziert werden, von
denen eines ein Gradient ist und das andere divergenzfrei, ist
das Ergebnis Null. Anders ausgedrückt: sie stehen senkrecht
aufeinander.


Die Untersuchung der partiellen Differentialgleichung lässt sich
dann vereinfachen, indem eine Projektion auf den Teilraum der
divergenzfreien Funktionen erfolgt und erst im Anschluss die
Gradienten wieder "dazu" genommen, also gesondert behandelt
werden. Da die Eigenschaft divergenzfrei auch physikalisch als
Quellenfreiheit eine Bedeutung hat und alle Gradienten wirbelfrei
sind, ist für verschiedene Anwendungsfälle sowohl mathematisch
als auch physikalisch motivierbar, dass die Aufteilung im Rahmen
der Helmholtz Zerlegung hilfreich ist.


Im Kontext der Strömungsmechanik ist die Bedingung der
Divergenzfreiheit gleichbedeutend mit Inkompressibilität des
fließenden Materials (dh. Volumina ändern sich nicht beim
Einwirken mechanischer Kräfte). Für das Maxwell-System kann es
sowohl für das magnetische als auch für das elektrische Feld
Divergenzfreiheitsbedingungen geben.


Ob die Helmholtz Zerlegung existiert, ist im Prinzip für viele
Räume interessant. Grundbausteine für die Behandlung der
partiellen Differentialgleichungen im Kontext der
Funktionalanalysis sind die Lebesgue-Räume . Eine
(verallgemeinerte) Funktion ist in , wenn das Integral (des
Betrags) der q-ten Potenz der Funktion über Omega existiert. Eine
Sonderrolle spielt hier der Fall , weil dieser Raum ein
Skalarprodukt hat. Das gibt ihm eine sehr klare Struktur. Darüber
hinaus ist er zu sich selbst dual. Unter anderem führt das dazu,
dass die Helmholtz Zerlegung in für beliebige Gebiete mit
genügend glattem Rand immer existiert. Wenn nicht ist, sind
Gebiete bekannt, in denen die Helmholtz Zerlegung existiert, aber
auch Gegenbeispiele.


Insbesondere bei der Behandlung von nichtlinearen Problemen
reicht es aber häufig nicht, sich auf den Fall zu beschränken,
sondern die Helmholtz Zerlegung für möglichst viele wird eine
wesentliche Voraussetzung für die weitere Theorie. Das liegt u.a.
an der dann verfügbaren Einbettung in Räume mit punktweisen
Eigenschaften.


Jens Babutzka hat in seiner Promotion unter anderem bewiesen,
dass die Helmholtz Zerlegung für -Räume für die Gebiete mit einer
sich periodisch wiederholenden Struktur gilt. Mathematisch muss
er hierfür nachweisen, dass das schwache Neumannproblem immer
eine (bis auf Konstanten) eindeutige Lösung hat in .


Dabei hilft ihm die periodische Struktur der Geometrie. Mithilfe
eines erst kürzlich bewiesenen Theorems von Bernhard Barth über
Blochoperatoren kann er das Problem auf eine Familie von
Phasenoperatoren auf der (beschränkten) periodischen Zelle
reduzieren. Falls diese Operatoren regulär genug sind, lassen sie
sich fortsetzen von auf . Anschließend überprüft er, ob die so
erzeugte Abbildung auch wirklich die Helmhotz Zerlegung ist. Hier
ist ein wesentliches Hilfsmittel, dass unendlich glatte
Funktionen mit kompaktem Träger dicht in den Teilräumen liegen.
Außerdem ist die Fouriertheorie in der besonderen Form der
Blochoperatoren hilfreich. Sie hilft später auch beim Auffinden
des Spektrums des betrachteten Wellenoperators.


Für beschränkte Gebiete hängt es im Wesentlichen von der
Glattheit des Randes ab, ob die Helmholtz Zerlegung in gilt. Das
liegt u.a. daran, dass man in der Lage sein muss, eine eindeutige
Normalenrichtung für jeden Punkt des Randes zu finden. Für Knicke
im Rand kann es hier Probleme geben, die dazu führen, dass das
schwache Neumann Problem nur noch für in einem kleineren
Intervallbereich lösbar ist, und nicht mehr für alle zwischen und
wie das bei glattem Rand der Fall ist.
Literatur und weiterführende Informationen

A. Figotin and P. Kuchment: Band-Gap Structure of Spectra of
Periodic Dielectric and Acoustic Media. II. Two-Dimensional
Photonic Crystals, SIAM J. Appl. Math., 56, 1561–1620, 1995.

P. Galdi: An Introduction to the Mathematical Theory of the
Navier-Stokes Equations - Steady-State Problems, Springer, 2011.

B. Barth: The Bloch Transform on Lp-Spaces, KIT-Dissertation,
2013.

W. Dörlfer e.a: Photonic Crystals: Mathematical Analysis and
Numerical Approximation, Birkhäuser, 2011.

M. Geissert e.a.: Weak Neumann implies Stokes, Journal für
die reine und angewandte Mathematik 669, 75–100, 2012.

Quellen für physikalische Grundlagen

A. Birner e.a.: Photonische Kristalle, Physikalische Blätter
55 (1999), 27-33, 1999.

Photonische Kristalle

Weitere Episoden

Wahlmodelle
16 Minuten
vor 2 Monaten
Podcast Lehre
1 Stunde 42 Minuten
vor 6 Monaten
Instandhaltung
50 Minuten
vor 1 Jahr
CSE
42 Minuten
vor 1 Jahr
Mentoring
35 Minuten
vor 1 Jahr
15
15
:
: